Eine gänzlich neue Machart von Spirituose, dazu der Herstellungsort Patagonien – da rattert der Projektor im Kopfkino! Sebastian Gomez heißt der Mann, der mit Baseball-Kappe durch seine Destillerie in Pilauco/Chile führt. Wir folgen den Ausführungen gebannt, während wie die Flasche mit dem eigenartigen Namen Trä-kál anstarren. Die lokalen Mapuche-Indianer, in früheren Jahrzehnten Jugendbuch-Lesern als „Araukaner“ vertraut, haben in ihrem Dialekt dieses Wort, das soviel wie „Vorkämpfer“ bedeutet. Gomez, dem „Zuagrasten“ aus Argentinien, gefiel das auf Anhieb, als man im Brainstorm einen Namen für das Destillat suchte.
Denn in der Tat kämpft das 42% vol. starke Destillat vor, als erste Export-Spirituose Patagoniens, aber auch mit der ungewöhnlichen Machart. Denn auch, wenn sich Botanicals wie beim Gin als Aromengeber hervortun, ist der Schritt davor und danach einzigartig. Denn Trä-kál baut auf einem eigen-destillierten Alkohol aus lokalen Äpfeln und Birnen auf. Mitunter verirrt sich auch Quitte oder Holzapfel in den Maischbottich, „wir sind da sehr inklusive Fruchtverwender“, lacht Destilleriegründer Gomez. In der zweiten Destillation kommen die lokalen Beeren, darunter Holunder, aber auch die herbe Maqui (Aristotelia chilensis) oder Chilenische Weinbeere, hinzu. Ihr Glyzerin konserviert die Aromen und bringt angenehmes Mundgefühl. Denn diesen Effekt künstlich hervorzurufen, lehnt man bei SGC Destilados, wie die Brennerei-Mutter heißt, ab.
Auch die lokal gesammelten Blätter von Canelo (Magellansche Winterrinde) und Tepa erfreuen Botaniker ebenso wie den Brenner. Mit Minze und Wasserminze sowie zwei Lorbeer-Arten ist der Pflanzencocktail komplett. Doch noch nicht die Destillation. Denn ein dritter Brenndurchgang bringt dann die essentiellen Öle der Pflanzen mit dem Gemisch der Fruchdestillate zusammen. „Wie mit einem großen Kochlöffel, der mit 50 Umdrehungen in der Stunde rotiert“, werden während des Brennens die Stoffe noch gemischt. Das Ergebnis hat milde 52% vol. und wird auf eine Trinkstärke gebracht, die man originell fand: „42 % wie die Zahl des Längengrads, an dem wir liegen“.
Das Destillat erinnert an gleich einige Spirituosen, hat aber einen ganz eigenen Charakter. Man muss sich eine gewisse Offenheit bewahren und den Weg dorthin anerkennen. Denn Abkürzungen erlaubte man sich am Endzipfel Südamerikas keine. Versuchen wir eine Bestimmung! Ähnlich exotisch wie sein Name duftet der Trä-kál auch nach einer Mischung aus Lakritze, Minze und Birnen-Maische. Ungewöhnlich lange bleiben diese Aromen erhalten, wobei sich die leicht blättrige Anis-Note als am stärksten (auch nach Stunden im Glas!) erweist. Diesen Effekt der essentiellen Öle, die auch in der Parfümerie Verwendung finden, hatte Señor Gomez bereits angekündigt.
Am Gaumen bringt die anfängliche Süße und das dichte Mundgefühl aber erst allmählich die Anissamen-Noten hervor. Dafür kommt auch die Frucht – an Apfel-Edelbrände wenig aromatischer Sorten und Hirschbirnen-Schnaps erinnernd – gut durch. Anschlussfähig ist der Patagonier sicher mit Kräuterspirituosen, wobei auch ein Tiki-Drink sicher Spaß machen könnte. Und als Österreicher geht der Gruß vom weit entfernten Pilauco natürlich jederzeit auch als „Stamperl“ durch. Einen Tipp hatte man in Chile auch noch für AC/DC-Fans: „TnT“ heißt die Mischung aus „Trä-kál“ und Tonic Water.
Bezugsquelle:
Trä-kál, „El espiritu de la Patagonia“ ist um EUR 39,90 im Webshop von Charles Hosie erhältlich, www.charleshosie.de