Alkohol und Pferdesport sind schon ein lustiges Gespann. Ob bei den „Jockey Club“-Portweinen von Burmester oder den Premier Crus von Château Cheval Blanc in Saint-Émilion – offenbar machen sich die besten Vererber (sagen die so am Gestüt) gut auf Etiketten. Der irische Whiskey macht da keine Ausnahme, auch wenn sich das bei den Single Malts von Tyrconnell nicht gleich erschließt. Denn die ganze Marke trägt den Namen eines lang verblichenen Rennpferds.
Der kastanienbraune Renner dieses Namens holte sich Anno 1876 das National Produce Stakes-Rennen. Da dies gegen jede Buchmacher-Logik passierte, ließ A. A. Watt einen limitierten Whiskey seiner Waterside Distillery in Derry „Tyrconnell“ benennen. Vor allem in den USA war dieser Brand bis zum Ende der Brennerei (1925) sehr beliebt. Dass es ihn heute, inklusive Rennpferd am Label, wieder gibt, verdankt sich der Brennerei Cooley, die neben Kilbeggan auch diese Marke erzeugt.
Der klassische Tyrconnell ist ein günstiger Einstige in die irische Whiskey-Welt; er ermöglicht dank doppelter Destillation und als Single Malt einen guten Vergleich zu schottischen Abfüllungen. In der Nase bringt der mit 43% gefüllte Whiskey milde und süße Noten mit, vor allem Rosinen und Honig. Was nicht bedeutet, dass es hier gar keine Würze gäbe; ein bisserl getrocknete Tomate legt sich über die pochierten Früchte. Sie erinnern an frisch angesetztes Apfel-Kompott und gedämpfte Birne. Sanft geht es auch am Gaumen los, hier ist es eine Nougat-Note, die vorlegt, ehe wieder der Fruchtmix übernimmt.
Nach einem zarten Aufbäumen der Gewürze, biegt der Tyrconnell quasi auf die Zielgerade ein: Hier bleibt er verhältnismäßig lang haften. Das Finish gehört nussigen Noten, genauer sogar: Mandeln, und auch ein Schwung getrockneter Ingwer ist da. Letzteres signalisiert eine gute „mixability“, mit Ginger Ale beispielsweise ließe sich der Ire genauso gut trinken wie als aktuell wieder öfter zu sehender Whiskey-Soda.
Zusätzlich zum Standard-Malt hat man bei Tyrconnell, einer Tochter von Beam-Suntory, eine Reihe von Fass-Finishes im Angebot. Das können solche Whiskeys sein, die im Moscatel-Fass nachreifen oder in einem Portwein-Fass Aromen aufnehmen. Bei uns wurde es der eher selten (verglichen mit Sherry- oder Portwein-Gebinden) verwendete Madeira. In ehemals mit dem süßen Inselwein befüllten Fässern reifte ein zehnjähriger Whiskey nach – und die Prägung durch dieses Double Cask-Verfahren ist rasch zu erkennen:
Nuss-Duft und die Summe an Trockenfrüchten, Kuchenteig und Vanille, die man gemeinhin Christstollen nennt, stehen zu Buche. In englisch-sprachigen Kostnotizen steht hier gerne „Christmas pudding“, was nicht das Gleiche ist, aber unsere Austro-Entsprechung wäre eben „Kletzenbrot“ und „Christstollen“ – in jedem Fall geht es um süße, fruchtige Akzente, die mit trockeneren (Kakao, Kaffeepulver) gesäumt sind. Man könnte die Augen schließen und auch an ein Tiramisú und nicht an Tír na nÓg, was in Irland näher läge.
Der Kostschluck entspricht in seiner gewichtigen Art dem deutlich hochfärbigen Eindruck des „10 years“ im Glas. Allerdings wird es – bei immerhin 46 Volumsprozent – weder alkoholisch, noch zu druckvoll am Gaumen. Ein süßer Kern, der an Rum-Rosinen erinnert, bindet alle anderen Noten an sich. Etwas rote Tropenfrucht und eine leicht säurige Art verraten das Wein-Fass, in dem dieser Tyrconnell nachreifte. Vor allem im Finale ist mehr als ein Anflug von Rotwein da. Und ein herrlicher Nachklang von Mandel-Keksen („Spekuloos“).
Die Bekanntschaft mit dem „Madeira Cask“ machten wir übrigens beim Verkosten von Irish Whiskey mit Zigarren. Mit einer Macanudo Inspirado „Grand Yema” öffnete sich die Fruchtigkeit schon fast in Richtung Erdbeeren. Wer also dem Rauchen etwas abgewinnen kann, sollte diese Kombination einmal versuchen. Aber auch pur ist dieser Irish Single Malt eine echte Empfehlung; Balance ist der zweite Vorname dieses flüssigen Rennpferds aus dem County Louth.
Bezugsquelle:
Tyrconnell, Single Malt Irish Whiskey ist um EUR 20,99 bei Interspar und im Weinwelt-Onlineshop erhältlich, www.interspar.at
Tyrconnell, „10 years (Madeira Finish)“ kostet EUR 47,90 bei Weisshaus, www.weisshaus.at