Ein lettischer Tequila-Botschafter? Das mag für einige einmal seltsam klingen, das weiß auch der Mann aus Riga selbst. Ansis Ancovs (links im Bild) weiß viel über Eishockey, aber eben auch über Agavenbrände. Und so führte sein Weg von der Bar über den Whisky zu Tequila. Seit sechs Jahren gibt es Rooster Rojo nunmehr, den der Barmann a. D. repräsentiert. Und man verrät kein Geheimnis, wenn man diese Marke am anderen Ende der immer teurer – meist der Verpackung, nicht dem Inhalt geschuldet – werdenen Tequilas verortet. Master Distiller Arturo Fuentes geht es wie Eigentümer Amber Beverage eher um den demokratischen Genuss. Wenn man so will also: Tequila trinken wie früher, nur mit einem entscheidenden Unterschied. „100% Agave“ steht auf seinen Abfüllungen. Billige Stärkequellen neben der Blauen Weber-Agave (genauer: deren Herz alias piña) gibt es nicht.
Alle vier aktuell erhältlichen Tequilas mit dem roten Hahn stammen aus der Produktionsstätte mit der mexikanischen Kennziffer „NOM 1472“ in Jalisco. Die „Fabrica de Tequilas Finos“ erzeugt so unterschiedliche Agavenbrände wie KAH (bekannt für die Totenkopf-Keramikflaschen) oder den hochgelobten Cenote. Eingeschenkt wird jetzt als Gradmesser für Rooster Rojo ganz im estilo mexicano der „Blanco“. Er beginnt mit einem kräftigen Duft, ehe die cremigen Noten von Agavenhonig, Kokos und Weißer Schokolade übernehmen. Auch am Gaumen zeigt er sich zeitgemäß sanft (auch mit weichen 38% Alk.). Hier kommen Haselnusskeks-Noten, Mandelcreme und etwas Vanillemark zum Zuge. Alles Harte und Säuerliche hat man sich hier versagt – Einsteiger in die Agave-Welt werden das mögen.
Etwas elaborierter ist der Reposado, der mit seinem frischen Agaven-Duft noch genug vom Ausgangsmaterial mitbringt. Karamellige Anflüge im Stil einer „MARS-Riegel-Füllung“ und auch Vanille erzählen ohnehin von der Lagerung im Ex-Bourbonfass. Im Mund macht sich der wohlig warme Mix breit, den man von aromatisierten Zigarillos („Café Creme“) kennt: Kaffeenoten, etwas Milchiges auch, dazu erneut Vanille. Das alles wäre ein bisserl zu anschmiegsam (auch hier sind es „nur“ 38% vol.), wäre da nicht das Finale. Hier ist eine gar nicht so zart dosierte Prise Pfeffer am Werk, die den zwei Monate in europäischer Eiche gereiften Tequila attraktiv abschließt. Ein schöner Shot aus der Range mit dem roten Hahn!
Das interessanteste Produkt, das in der Aurora Rooftop-Bar ins Glas kam, stellt aber ein nachträglich aromatisierter Añejo dar. Der Name – „Smoked Pineapple” – ist dabei aromatische Programm. Rauch und Leder steigen als Duftnoten aus, erst dahinter kommt Ananas. Ansis Ancovs beschreibt es gut als „eher diffuse Tropenfrucht-Note“. Auch etwas Vanille ist zu riechen. Doch das Spiel am Gaumen bestreiten die rauchigen Noten des Mesquite-Holzes, mit dem die spanischen Ananas geräuchert wurden. Man denkt an Rauchpaprika, etwas Frucht hält hier schon gegen, auch die holzigen Noten kann die Ananas schön kompensieren. Allerdings sollte man den „Smoked Pineapple” dazu nicht mit Eis servieren, gerade dieses attraktive Spiel am Gaumen leidet dann ein wenig. So aber bringt diese Variante in der Tat Tequila-Spaß zurück.
Bezugsquelle:
Rooster Rojo, Blanco Tequila kostet EUR 19,90 (0,7 Liter-Flasche), der Reposado EUR 21,90 und der „Smoked Pineapple” EUR 24,90 – alle im Webshop von Trinklusiv, https://trinklusiv.at