Die Begrüßung steckt gleich einmal den Rahmen ab: „35% unserer Reben sind älter als 80 Jahre, 20% sogar älter als 100 Jahre“. Willkommen im Barossa Valley, wo derartige Schätze zum Winzeralltag gehören – wenn man für Weingüter wie Torbreck arbeitet. Denn das Haus in Marananga hat sich zum Ziel gesetzt, sukzessive alte Weingärten – wie alles hier „wurzelecht“, also ohne Angst vor der Reblaus, gepflanzt – zu sichern. Das können solche sein, in denen langfristige Verträge mit den Eigentümern das Traubenmaterial sichern (etwa beim „Greenock Vinyard“). Vor allem hat man sich dank des Eigentümers – US-Milliardär Pete Kight gründete einst den Zahlungsdienst CheckFree – Weingärten wie „Hillside“ oder „The Laird“ sichern können. Letzterer produzierte bisher sechs Jahrgänge, drei davon erzielten 100 Punkte, die Flasche „The Laird“ liegt bei aktuell 435 Euro ab Hof!
Und ab Hof, im Australo-Speak „cellar door“ genannt, verkosten wir in Südaustralien auch mit Winemaker Ian Hongell die Palette an Weinen – mit Fokus auf jenen, die Australia auch nach Austria liefert. Hongell (kl. Foto links) kennt die Region bestens, 18 Jahre war er im Keller von Peter Lehmann für die Vinifizierung verantwortlich. „Alte Reben und extrem kleine Erträge“, nennt er als Geheimnis der Rotweine. Mit nur 1.400 Litern pro Hektar ist einiges fast Liebhaberei. Finanziert wird dieser Aufwand von den populäreren Linien, zu denen auch Weißweine gehören. Der „Woodcutter’s RVM“ etwa ist einer von zwei weißen Blends des Hauses; die darin enthaltenen Sorten Roussanne (42%), Viognier (38%) und Marsanne (20%) könnte man auch in der Rhône finden.
Die dort für den weißen Hermitage verwendete Kombination ergibt hier aber einen duftigen Wein, der als „Obstsalat“ aus Grüner Banane, Kaktusfeigen und Limetten daherkommt. Die Mischung der Rebsorten bringt auch am Gaumen viel Frucht mit. Die Balance zwischen Frische – wieder von Zitrusaromen gebildet – und intensiver Aromatik passt aber: Einladender Gelber Apfel, mit etwas Zimtrinde garniert, steht am Beginn des weißen Torbrecks, den Ausklang bildet eine kräuterwürzige Note (Koriandergrün), gefolgt von frischer Pink Grapefruit im Rückaroma.
Und diese Stilistik aus zwei Akten – Intensität zuerst und dann Finesse mit Kräuter-Noten – wird sich auch bei den Rotweinen finden, die das Weingut in Marananga bekannt gemacht haben. Das Pendant aus der „Woodcutter“-Reihe stellt der Shiraz dar, der allein gut 50% der 850.000 Flaschen umfassenden Jahresproduktion ausmacht. Er ist auch der meist-exportierte Wein Torbrecks und aktuell verkostet man den 2017er Jahrgang. Viel Zwetschke ist hier im Duft zu merken, aber auch die gerne zwischen „Gurkerlwasser“ und „Sportgummi“ oszillierende Kräuterwürze der Sorte. Die Eukalyptus- und Dill-Mischung wird aber von einer markanten Chili-Note begleitet. Im Mundgefühl bringt der „Woodcutter“ einen kräftigen Auftritt mit, die 15% Alkohol werden aber von der Säure gut kaschiert. Aromatisch wären vor allem reife Sauerkirsche und eine ordentliche Dosis Pfefferkörner zu erwähnen, die mit Luft langsam mehr durchkommt. Ein Kraftpaket von einem Wein, das nicht nur Steak-Liebhabern behagen wird!
Für „The Descendant” wiederum, einen der aktuell 14 Rotweine des Hauses, kommt eine Spezialität zum Einsatz, die bei österreichischem Qualitätswein undenkbar wäre, nämlich der Mix aus roten und weißen Trauben. Wie einst im Chianti sorgt auch in Barossa ein kleiner Anteil Weißwein für Leichtigkeit und Frische. Konkret sind es beim 2016er „The Descendant“ 8% Viognier, die mit dem Shiraz mitvergoren wurden. „Co-fermented“ heißt das Zauberwort; es bringt etwa eine Veilchen-Note in den Wein, die sich den weißen Trauben verdankt. Dazu kommen die dunklen Düfte Schwarztee und Karamell, ein wenig erinnert das an Ostfriesen-Tee-Mischungen samt Kandis.
Der erste Schluck liefert dann aber schnell Frucht am Gaumen nach – dunkel nach Holunder und Zwetschkenmus, aber auch dunkler Schokolade schmeckt der 92%-ige Shiraz von Torbreck. Die Würze legt allmählich zu, wie man es von der Parade-Sorte im Barossa Valley erwartet. Statt Eukalyptus sind es hier schwarze Oliven und ein markanter, zart scharfer Ton, der an Harissa erinnert. Die jugendliche Intensität ist bemerkenswert, diesen „The Descendant” darf man gerne noch ein paar Jahre lagern.
Bezugsquelle:
Torbreck Vintners, die weiße Cuvée „Woodcutter’s RVM“ 2017 kostet EUR 18,50, der „Woodcutter’s Shiraz“ 2019 ist um EUR 21 und der „The Descendant” wiederum ist um EUR 95 zu haben; alle bei Gottardi Weine, www.gottardi.at