Der Dialog von Käse und Wein lebt auch davon, dass ihn jemand moderiert. Die Doppelconference von Käse-Zelebrant Herbert Schmid und Josef Maria Schuster (Weinverkaufsleiter beim Großhändler Kastner) feierte beide Kategorien nicht nur mit Wissen, sondern auch in gesetzten Worten. Und jeder Teilnehmer in Floridsdorf ging nicht nur gesättigt und selig lächelnd – nach 13 Wein-Proben und 19 Käsen – in den Freitagabend hinaus, sondern hatte auch wieder etwas gelernt. Etwa, dass Rotwein „fast nie die erste Wahl“ für Schmid ist. Lieber kitzelt er die im Fett der Laibe versteckten Aromen mit Champagner heraus.
Das funktionierte auch prächtig bei den Weichkäsen im Weißschimmel-Mantel – vor allem der Bio-Camembert der Wolfpassinger Käserei (einem NÖM-Betrieb) erwies sich als äußerst Champagner-freundlich. Der Schaumwein legte die Frische des „Milden Leopold“ frei und zeigte auch Kräuternoten. In der Reise durch die Käseklassiker mit klarem Frankreichschwerpunkt (Vacherin, Rouelle, Selles-sur-Cher, Coulommiers) waren es in der Tat die weißen Weine, die punkteten. Und wenig überraschend, schadete beim Paarlauf mit den reifen Käsen auch etwas Süße nicht.
Sie brachte etwa der Wein aus dem slowenischen Besitz des Stiftes Admont (Dveri Pax) ein. Der halbsüße Riesling aus dem Jahrgang 2017 wurde zu drei Weichkäsen eingeschenkt und sorgte im Zusammenspiel mit dem Coulommiers fast für Zitrusfrische. Und auch zum fetthaltigsten Käse, dem Brillat-Savarin, zeigte dieser Geheimtipp aus klösterlicher Fechsung auf. Sein Blütenduft und ein Quäntchen Löwenzahn-Honig bringen eine feine Süße mit – man denkt an Quittenkäse und Pfirsich bei diesem Duft. Im Mund gesellt sich noch zarter Rauchgeschmack zu den fruchtsüßen Noten des slowenischen Rieslings. Auch hier sind es Steinobst-Töne, diesmal klarer mit Marillen-Anmutung im Vordergrund, die das Feld beherrschen. Nussige Akzente gibt es dann im Finish, das aber auch noch eine beachtliche Frische dieses 2017ers zeigt. Sie belebte einen Brillat-Savarin; der burgundische Käseklassiker wurde zu einer komplexen Angelegenheit am Gaumen. Aus einer fruchtigen Note wie von „Bitter Lemon“ ergab sich dann der erdig-lange Schlussakkord dieses Pairings, wenn auch die Rinde mit dem Dveri Pax-Wein in Berührung kam. Fazit von Herbert Schmid: „Mit restsüßem Riesling kann man fast nie was falsch machen“.
Die Sonderklasse der Blauschimmelkäse brachte einen ähnlich feinen Wein – ebenfalls mit einem Zuckerspitzerl – in Stellung. Der Roquefort der obersten Liga zeigte weniger Schärfe, die dem Schaf-Rohmilch-Käse gerne nachgesagt wird. Vielmehr war der Teig extrem nussig im Geschmack, die salzige Seite präsent, aber nicht aufdringlich. Verstärkt wurden diese Eindrücke von einem Vespaiolo, der in der seltenen „Torcolato“-Reifung auf angeschnittenen Reben in der Sonne reift, ohne vom Stock noch Wasser zu bekommen. Le Vie Angarano heißt das Weingut, dass mit der raren Sorte in Liebling Josef M. Schusters ist.
Der Jahrgang des „San Bortolo“ beginnt mit Lack-Geruch, herbe Noten von Schwarzen Nüssen sind ebenfalls da und legen sich über die Marillen-Röster-Töne und den satten Waldhonig dieses Süßweins. Rund und sanfter als in der Nase legt es der Wein aus Bassano del Grappa dann am Gaumen an: Zarter Milchkaffee wird von einem Mittelstück aus Mispeln abgelöst. Das Finale überrascht dann mit einer Säure, die wie eine Welle hereinschwappt in diesen über aus saftigen Wein. Und er füllt jede Kavität des Roqueforts mit seinem Geschmack aus – genau so sollte ein Pairing funktionieren: Zum höheren Ruhm beider Partner!
Bezugsquellen:
Dveri Pax, Riesling 2017 (halbsüß) kostet EUR 8,89;
Le Vie Angarano, „San Bortolo“ 2017 ist um EUR 25,89 zu haben – beide für gewerbliche Kunden bei KASTNER (Einkaufsausweis von Nöten!), www.kastner.at