Wenn es heißt „Degustiamo insieme“, dann kommt man besser. Die Hausmesse des Großhändlers Kastner rund um italienische Weine hat sich zu einem Marktplatz der Entdeckungen entwickelt. Denn bewusst sucht man nicht nur in den bekannten Regionen (Piemont, Toskana, Veneto) nach neuen Weinen, sondern in ganz Italien. Zudem kultiviert man ein Faible für alte, beinah vergessene Rebsorten und kleine Winzer – heuer war etwa Insel Capri mit „Scala Fenicia“ und seinen 4000 Flaschen Jahresproduktion dabei. Wir hielten uns bei der Entdeckungsreise im Wiener Hotel Imperial ebenfalls vor allem an den Süden. Denn dort gibt es immer noch am meisten zu entdecken. Und das in Rot und Weiß!
Für Letzteres steht die Tenuta del Meriggio; ihre Weine präsentierte Emilia Pizza (links im Bild). Sie hatte aus Kampanien die Paradesorten Aglianico und Fiano (aus dem Walter Schachner- und NATO-berühmten Avellino) mitgebracht. Der Fiano 2022 ist würzig und von Säure geprägt, wie man das nur in wenigen Weinbaugebieten Italiens findet – die Frische erinnert an Schafkäse, denn wie bei einem Feta ist auch Oregano und Rosmarin zu riechen. Im Mund setzt sich diese Würze fort, wobei der dichte Steinobst-Geschmack eine gute Basis für die kräutrigen Glanzlicher darstellt. Wermut und Heu sind da zu schmecken und zeigen die feine Klinge dieses Weißweins. Dass im Abgang auch noch Weißer Pfeffer einen finalen Gruß auf den Gaumen „streut“, erhöht den frischen Eindruck noch.
Die Tochter der Winzer Nunzia und Bruno Pizza hatte aber auch den Greco di Tufo der Tenuta am Start. Der Weißwein aus dem Jahrgang 2022 stellt einen ganzen Weisen-Spaziergang dar: Salbei führt die Kräuter-Abteilung an, Heu ist zu riechen, aber auch ein bisschen Melisse. Entsprechend saftig und engmaschig fällt der Eindruck am Gaumen aus. Frucht findet sich auch hier kaum, allenfalls ein wenig Zitruszeste. Dafür punktet der strukturierte und leichte Wein mit einer saftigen Art, in die Kräuter und ein ganz feiner Gerbstoff eingewoben sind. Finale denkt man an Mandeln und – weit weniger stark ausgeprägt – auch an Grüne Oliven.
Ebenfalls Frauenpower war am Stand von Agricola Felline angesagt im Imperial. Dort hat man eine interessante Geschichte zu erzählen. Eigentlich sogar mehrere. Denn das Sammelsurium an Etiketten verweist jeweils auf den Wein, wie Elisabetta Gorla und ihre Tochter aufklären. Der Fiano – diesmal aus Apulien – etwa erzählt mit einem Seepferdchen am Label von der Meeresnähe, in der dieser nach Grünem Pfeffer und Wermutkraut riechende Wachmacher wächst. Berühmt wurde man aber rund um die Genetik des Zinfandel. Unter anderem durch die Arbeit der „Accademia die Racemi“ wurde am Ende bestätigt, dass der amerikanische Blockbuster ident mit dem Primitivo di Manduria ist. Als Erbe dieser Versuche hat man die Sorte quasi re-importiert. Rebstöcke des Lagenweins Geyserville vom weltberühmten Ridge Estate aus Kalifornien wurde in Apulien gepflanzt. Daher trägt dieser Weine nur „Zinfandel“ in dicken Lettern am Etikett. Er darf aufgrund seiner Abstammung sogar jährlich beim US-Bewerb der Zinfandel-Erzeuger teilnehmen. Als einziger Nicht-Amerikaner, wohlgemerkt!
Der Paradewein – mehrfach mit den berühmten Drei Gläsern im Gambero Rosso ausgezeichnet – steht auf der „schwarzen Erde“, einem der besten Böden der Region. Mit Jahrgang 2018 hatte Elisabetta Gorla (rechts am Bild) dabei einen schon etwas reiferen Vertreter des Zinfandel mit – er duftet nach Fleischsaft, etwas Rhabarber deutet die Säure im Duft an, vor allem ist da aber gemahlener Schwarzer Pfeffer zu riechen. Äußerst intensiv und schwarzbeerig kommt der Wein aus der Manduria auf die Zunge. Ein Mix aus Zwetschken und Kirsche steht wieder für die saftige-dunkle und dezent säurige Art. Das abgeschliffene Tannin und die packende Frucht sind die Folge eines Ausbaus im Stahltank (hier wird unter Temperaturkontrolle vergoren), dem eine Passage in US-Barriques folgt. Ein Jahr reifte der Rotwein und der würzige Nachhall setzt mit Lorbeer die intensive, aber kaum süße Frucht fort. Die 15% vol. dieses Weines merkt man allenfalls hier; davor ist der „Primitivo di Manduria Sinfarosa“ gravitätisch. Aber nie schwer.
Wirklich spannend ist dann der Vergleich mit dem zweiten der vier Terroir-Weine von Felline. Der „Dunico“ trägt seine Herkunft im Namen, er stammt von den Sandböden alias Dünen und hat alte Stöcke – „jenseits der 25 Jahre“ – als Basis. Eine Seekarte samt Windrose am Etikett signalisiert den maritimen Einschlag dieses Primitivo aus dem Jahr 2018. Hier kommt Grüner Speck, Fenchel aus der Salami und generell viel Würze durch. Deutlich fruchtsüßer ist diese Variante; man denkt an Erdbeeren beim ersten Schluck. Die Würze übernimmt aber alsbald das Ruder, dann schmeckt man Wacholder und Schwarze Oliven. Auffällig ist auch hier der praktisch weggeschliffene Gerbstoff – so kann die Intensität des Primitivo noch deutlicher punkten!
Bezugsquelle:
Tenuta del Meriggio, Fiano di Avellino DOCG 2022 ist um EUR 15,90 erhältlich, der Greco di Tufo 2022 kostet ebenfalls EUR 15,90;
Agricola Felline, Primitivo di Manduria Sinfarosa (Zinfandel) kostet EUR 19,20, der Primitivo „Dunico“ Manduria DOC ist um EUR 32 zu haben – alle Weine in den acht KASTNER-Abholmärkten (Einkaufsausweis erforderlich), www.kastner.at