Wo sind wir heuer? Denn die Jahrgangsvorstellung der „Steirischen Terroir- und Klassikweingüter“ (STK) findet alljährlich bei einem anderen Mitglied Obdach. Diesmal wurde es das Vulkanland, wo die sonnendurchflutete Terasse von Schloss Kapfenstein einen würdigen Rahmen abgab. Davor wurde aber im Inneren des Gemäuers konzentriert an je fünf Weinen der zehn STK-Betriebe genippt. Spannender Weise wurden in dieser 50er-Batterie auch die ersten 2016er als Fassmuster serviert. Wobei vor allem die so deutlich nicht erwarteten Unterschiede zwischen noch komplett im Dornröschenschlaf (hinter einer Hefe-Hecke) verharrenden Weinen und Verführern, die nahezu fertig zum Füllen waren, auffielen. Das Hauptaugenmerk auf Schloss Kapfenstein galt aber natürlich den 2015ern, die auf den Markt gelangten.
Vom Hausherrn selbst beeindruckte wieder einmal der Traminer. Georg Winkler-Hermadens Fassmuster des 2016ers war eines der zugänglichsten, der Kapfensteiner Kirchleiten wirkt schon beinah füllfertig. Sein Vorgänger, den es bereits in der Flasche gibt, duftete nach Gewürzen wie ein Apfelkompott, dazu kam aber auch eine schöne Honignote anstelle der oft der Sorte eigenen Seifigkeit der Rosen-Note. Der Kostschluck des 2015er Traminers zeigt, dass hier bewusst gegen jede Blumigkeit gearbeitet wurde. Stattdessen hatte man ein ordentliches Tanningerüst der dickschaligen Traube mitgenommen, das sich noch etwas harmonisieren wird. Jetzt schon fein hingegen war der saftige Fruchtausdruck, der bei 14 Volumsprozenten schon für sich staunen macht. Dazu kommt eine geradezu auffällige Eigenschaft dieses Weines, den Appetit anzuregen. Traminer als Aperitif-Wein, das gelingt auch nur im Vulkanland so fein.
Sorten-sensibel: Ried Steinbach mit doppeltem Ausdruck
Als Serie betrachtet, hatten vor allem die Weine von Katharina Lackner-Tinnacher einen kompakten Eindruck aufzuweisen. Wobei die beiden Weine der Ersten STK-Lage „Steinbach“ noch präziser wirkten als der „Flamberg“-Sauvignon. Vor allem der nach Karamell, Mango, Maracuja und sogar Cassis – alles also expressive Düfte – riechende Weissburgunder der Ried Steinbach begeisterte in seiner 2015er Fassung. Dosiert trafen der Reihe nach rote Tropenfrüchte wie Papaya und Guave ein, dazu eine schöne Mineralik der sandig-schottrigen Lage und der jugendliche Druck der Säure, fertig ist der Trinkspaß!
Dem gegenüber zeigte der Sauvignon Blanc der gleichen Lage ein etwas anderes Verhalten. Hier war wieder das schöne Wort von der Fruchtpikanz angebracht, nachdem sich die zwischen Mineralik und Spargel pendelnden Duftnoten sortiert hatten. Zu den sortentypischen Geschmäckern wie Stachelbeere, und Grünspargel kam eine noch saftigere Art, die man vielleicht als unreife Brombeere benennen könnte. In jedem Fall steht diesen Aromen ein starker Gegenpart in Form einer pikanten Säure gegenüber, die in ihrer würzigen Kraft an grünes Paprikapulver denken ließ. Wieder ein Wein, der sich außerhalb der gewohnten Geschmackspfade bewegt, das aber mit sehr sicherem Tritt – und dort wird er noch lange umgehen, denn wie alle diese 2015er hat er noch einiges an Potential.
Reife Raritäten: Fassreserve und STK-Sammelbox
Eine weit gespannte Duftmischung präsentierte auch Willi Sattlers 2015er aus der Riede Kranachberg. Der Sauvignon Blanc dieser „Großen STK-Lage“ verband säuerliche Gemüsenoten (Oliven und Peperonata) mit dem nussigen Eindruck von Spekulatius-Keksen und der saftigen Honigmelone. Auch am Gaumen ging dieser Wein die vollen 360 Grad des Aromenspektrums durch. Während anfangs saftige Steinobst-Eindrücke dominierten (Nektarine vor allem), dazu wieder etwas Nuss, fand der 2015er Kranachberg scheinbar mit der Zeit immer mehr zu sich.
Der Ausdruck wurde präziser, die Struktur des Weins immer klarer erkennbar. Dabei wuchs mit dem Schärfer-Stellen seines Profils auch der Trinkspaß, der 13,5% starke Jungspund entwickelte einen herrlichen Zug am Gaumen. Am Ende kamen noch die salzigen Bodentöne dazu, die eines nur klarer herausstrichen: Hier liegt ein Wein zum Einlagern vor! Und auch wenn er abseits der normalen Preise liegt, der 2007er Weissburgunder „Pfarrweingarten“, die im Vorjahr erstmals vorgestellte Fassreserve, erschien wieder wie von einem anderen Stern: Grüne Erdbeeren und Spekulatius im Duft – wem das bereits als schräg erscheint, wird mit dem folgenden Oxymoron Freude haben, das den Duft nachzuzeichnen versucht: Kühles Karamell rochen wir im Schloss Kapfenstein. Die Worte versagen hier ein wenig. Belassen wir es dabei, dass der 2007er saftig und in sich ruhend wirkt. Vor allem aber ist dieser Buddha von einem Burgunder komplett außerhalb der Alterskategorien zu sehen. Hors d’age, würde man ihn in Frankreich wohl labeln.
Einen speziellen Tipp für die gereiften STK-Weine stellt übrigens die neue „Raritäten-Box“ dar. Zehn Weine aus „Großen STK-Lagen“ bis zurück in den Jahrgang 2008 zu einem Schnittpreis von 45 Euro pro Flasche stellen eine kleine Steiermark-Vinothek dar (erhältlich über http://stk-wein.at/).
Bezugsquellen:
Weingut Winkler-Hermaden, Traminer „Kapfensteiner Kirchleiten“ 2015 ist um EUR 24ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.winkler-hermaden.at
Weingut Lackner-Tinnacher, Weissburgunder „Steinbach“ 2015 ist wie der Sauvignon Blanc „Steinbach“ 2015 um EUR 20 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.tinnacher.at
Weingut Sattlerhof, Sauvignon Blanc „Kranachberg“ 2015 ist um EUR 39 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, die rare Fassreserve, Weissburgunder „Pfarrweingarten“ 2007 um EUR 72, http://www.kundenmeister.com/sattlerhof/shop/index.php/c/lagenweine