Die Bier-Monarchie hat ihre eigene Genealogie. Seit drei Jahren erst amtiert der „Sonnenkönig Barrique“ in Oberösterreich und doch begrüßt man heuer schon die 24. Bier-Majestät. Was daran liegt, dass das Team um Kreativbrauer Markus Trinker in Gut Wildshut die römischen Jahreszahlen verwendet, um die gereiften Jahrgangseditionen zu differenzieren. Premiere feierten die lediglich 2.800 Flaschen eines Blonde Strong Ale nach belgischem Vorbild unter dem Namen „Wildshut Bio Sonnenkönig Barrique XXIV“. Der obergärige Bierstil hat es schon so ziemlich in sich, nach der Fass-Lagerung halten wir bei 13,6% vol.
Von der Idee eines Durstlöschers sollte man sich bei diesen Bierspezialitäten aber ohnehin verabschieden. Als so genanntes „Reifebier“ prägen komplexe Noten seinen Charakter. Es ist zugleich auch die Oberliga dessen, was aus eigenem Bio-Getreide (zu Pilsnermalz gedarrt), Hopfen und dem Quellwasser von St. Pantaleon gebraut wird. Dazu kommt die jährliche Überraschung, welche Gebinde Markus Trinker zur Reifung verwendet. Die heuer verwendeten Fässer stammten etwa vom Platzhirsch aus dem Pays d’Auge, der normannischen Calvados-Hochburg. Sechs Monate lagerte das Strong Ale im Lagerkeller in den Eichenfässern von Père Magloire.
Wenn man eines vorweg nehmen kann, dann die feine Hand, die man mittlerweile beim Fass-Lagern am Biergut entwickelt hat. Es war ein Zufall, dass wir erst unlängst einen schottischen Whisky im Glas hatten, der ebenfalls im Ex-Calvados-Gebinde reifte. Der Apfelbrand hat dabei die Regie übernommen und den nicht gerade schüchternen Schotten mit seinem Geschmack überlagert. Das – so viel an „Spoiler“ sei in diesem Trinkprotokoll gestattet – passiert dem „Sonnenkönig XXIV“ nicht!
Doch zunächst gefällt einem schon der satte Bernstein-Ton, wenn dieses Starkbier ins Glas kommt. Ein leichter Trub und beachtlicher, ins Gelbliche spielender, Schaum erfreuen das Auge des Bier-Fans schon einmal. Für die Nase hält das Jahrgangsbier anfangs einen braun gewordenen Apfel bereit, eine feine Gewürz-Note schwingt ebenfalls mit. Erst nach dem Trinken wird man sie näher benennen können; es ist Gewürznelke und ihr Cousin, Piment alias Nelkenpfeffer, der die malzige Wucht dieses Biers mit Glanzlichtern versieht. So weit ist es aber noch nicht. Denn neben etwas Vanille-Mürbteig (mit dem man z. B. Cheesecakes zusammenhält) gesellt sich auch eine warme Zitrus-Note hinzu, die an Orangenöl erinnert.
Der karamellig-alkoholische Antrunk „beamed“ einen sofort nach Belgien, man denkt an ein Triple aus den Trappisten-Brauereien, aber auch an die „Lotus“-Kekse mit dem Karamellguss-Überzug. Diese Analogie passt; denn zum Beißen dicht ist dieses Bier. Wer etwa gerne ein Westmalle trinkt, wird auch mit dem Wildshuter Kreativbier viel Freude haben. Immer wieder kommen einem weiches Toffee, heller als die heimischen „Stollwerck“ und auch einen Touch getreidiger, in den Sinn. Auf dieser stabilen Plattform tanzen dann die Orange und vor allem der Apfel ihren fruchtigen pas de deux. Je länger der „Sonnenkönig“ im Glas ist, desto deutlicher wird der Geschmack nach Jonagold, aber natürlich macht sich der Alkohol mit mehr Sauerstoff und Wärme deutlicher bemerkbar. Man sollte aber der Versuchung widerstehen, dieses Bier zu kalt zu servieren. Es gehört nicht nur getrunken wie ein Meditationswein (und kostet ähnlich viel), sondern entwickelt sich auch im Glas interessant.
Kreativbrauer Markus Trinker empfiehlt den „Sonnenkönig“-Jahrgang 2024 zum Gansl. Aber auch mit reifem Hartkäse (nicht unter 18 Monaten!) wie Comté, Gruyère oder – als besonders cremig-schmeichelndes Pairing – einem Cheddar harmoniert das Starkbier aus St. Pantaleon. Wobei: An sich ist der „Sonnenkönig Barrique XXIV“ eine Speise für sich. Eine wahrhaft majestätische noch dazu.
Bezugsquelle:
Stiegl, Wildshut Bio Sonnenkönig Barrique XXIV“ ist um EUR 27,90 (0,75-Liter-Flasche) im Stiegl-Onlineshop erhältlich, www.stiegl-shop.at/braushop