Die Trauer-Gesellschaft ist recht ausgelassen. Soeben haben die Steirischen Terroir- und Klassikweingüter (STK) im Ehrenhausener „Genussregal“ jenen Wein zu Grabe getragen, der die Gruppe bundesweit bekannt gemacht hat – und mit ihr die Steiermark. Das kann man ohne Neid sagen. Doch die „Steirische Klassik“ gibt es nicht mehr. Am Etikett steht nunmehr „Südsteiermark DAC“ oder „Vulkanland DAC“. Für das zweite Gebiet steht Walter Frauwallner unter den Winzerkollegen; erst im Vorjahr hat der Stradener die Neuzugang der STK-Runde (neben Gerhard Wohlmuth) verstärkt. Mit dem Weingut Neumeister und den Kapfensteiner Schloßherren Winkler-Hermaden sind die Vulkanier nun zu dritt im STK-Dutzend.
Ein Visionär ist auch Frauwallner, das wird beim Ausflug zum Alten Steinkreuz klar. 3,5 Hektar Wein hat er hier zwischen Obstbäumen und dem Waldrand gesetzt. Für die Zukunft. Denn die kühle Lage hält er für vielversprechend. „Basalt, rein nach Osten ausgerichtet“, sieht man ihn im Geiste schon die Trauben ernten. Nicht, dass er zu wenig davon hätte: 17 Hektar Eigengrund und die Trauben von weiteren 13 Hektar im Zukauf verarbeitet er in Straden. Und die ersten Weine mit „Vulkanland DAC“ am Label hat er bereits im Verkauf. Der Welschriesling, eine gern verkannte Sorte, macht den Auftakt.
Der 2018er ist zart rauchig, wie es für die ehemalige Vulkan-Heimat – geschaffen hat sie ein Super-Vulkan, so groß wie die halbe Südost-Steiermark – nicht untypisch ist. Gelber Apfel und Zitronen-Abrieb sind die schulmäßig erkennbaren Sorten-Aromen. Das zitrische Element sorgt auch am Gaumen für ordentlich Zug, saftig ist der „Welsch“ obendrein. Das ergibt ein schönes Spiel zwischen der zarten Salzigkeit (Mineralik, here we go again!), den gelben Früchten und der Zitrusfrische. Klar und ungeschönt, wie man diese Sorte eben früher als Glaserl Weiß liebte.
Why not? „Welsch“ und Weißburgunder
Wer nun an einen Freund des Retro-Stils denkt, irrt. Frauwallner ist die Zukunft in Person, wenn es um die Rebsorten und den Ausbau geht. „Ich mag längere Maischestandzeiten“, hält er ein Plädoyer, verweist aber auch auf die recht neuen PIWI-Sorten, die er am Weingut hat. Das Regenjahr 2018 hat gezeigt, dass deren Unempfindlichkeit gegen Mehltau, der bei Nässe schnell einmal entsteht im Weingarten, kein leeres Versprechen war. Gut so, denn Frauwallner arbeitet gerne naturnah, auch wenn er nicht Bio-zertifiziert ist.
Was den Ausbau betrifft, zeigt sich die Finesse beim Weißburgunder aus der Riede „Buch“, der wohl bekanntesten Lage des Weinguts. „Die Hälfte ist spontan vergoren, die andere mit Reinzuchthefe“, erklärt Frauwallner beim Einschenken des 2017ers. Wieder ist da das Rauch-Tönchen zu Beginn, dann nimmt der Duft die Spuren Gelber Früchte wie Mangos und Nektarinen an. Sie wirken nicht expressiv, sondern wie verschattet, in jedem Fall aber macht das neugierig. Und der „Buch“ enttäuscht nicht. Er will „gelesen“ sein, könnte man kalauern.
Denn zum einen ist da eine zarte Nuss-Note, die mit ihrer Röstigkeit bezaubert. Immer wieder blitzt sie aus dem saftigen Untergrund hervor, der an kühle Mango und Steinfrüchte denken lässt. Mit rund 13% Alkohol entspinnt sich hier ein schönes Spiel, die Spannung in der relativen Jugend kann man in die Zukunft extrapolieren. Das bedeutet: großes Potential. Und eine Werbung mehr für die Sorte, die außerhalb der Region wenig geschätzt wird.
Zumal uns der Weißburgunder in einer Serie wieder begegnet, die ungewöhnlich ist. Denn Trockenbeerenauslesen gelingen selten in der Gegend, vor allem wird das wertvolle, reife Traubenmaterial lieber gelesen, als es dem Risiko des Wetters oder hungrigen Vögeln auszusetzen. Doch Frauwallner hat fünf Sorten als „TBA“ zu bieten – und die gastronomischste von ihnen ist der Weißburgunder. Türkischer Honig, mit all seinen karamelligen Einsprengseln, dazu anfangs etwas Petrol, lassen nur erahnen, was sich im Mund abspielt. Papaya und Pink Grapefruit sind die Noten, die einen Spannungsbogen zwischen kühl und säurig – und das mit der Süße einer TBA! – erzeugen. Hier ist der Spielraum für Sommeliers groß (Rotschmierkäse! Kaiserschmarrn, aber sogar ein Rotes Thai-Curry oder Sashimi vom Thunfisch fielen uns ein) – der Genuss aber noch größer. Ab Hof hat er noch ein paar Flaschen!
„Unter dem Vulkan“: Es riecht nach Mexico
Und wo wir bei intensiven Genüssen sind, muß auch der Morillon „Ried Buch“ 2017 erwähnt werden. Gedämpfte Maroni, Kokosraspel und der Weiße Schoko der Fasslagerung steigen in die Nase. Wie Butterkeks an Aschenbecher, dazu auch etwas säurige Früchte wie Reineclaude, kommt einem dieser Wein vor. Viel ist bereits da, mehr wird noch kommen. Geduld ist gefragt!
Zugänglicher als der Burgunder ist dann der Sauvignon Blanc 2017. Hier ergibt die Kombination aus Ananas, etwas Chili und Papaya mit dem haus-spezifischen Rauch-Ton eine nahezu am Mezcal anstreifende Nase. Der „mexikanische“ Duft wird noch ergänzt von einem Touch „Kokos-Latte“ wie aus dem Coffeeshop. Viel in der Nase, fürwahr! Doch der „Ried Buch“ hält sein Versprechen auch im Geschmack. Bei aller Jugend sind die Anlagen erkennbar: Präzise und engmaschig zu Beginn, legt sich der Kokosraspel breit auf die Zunge, doch gegen die Fass-Noten arbeitet die feine, herbe Fruchtigkeit, die sich einer dreitägigen Maische-Standzeit verdankt. Der Gerbstoff wird vom rauchigen Finish (heller Tabak) gekrönt.
Enttäuscht sind hier nur „Kenner“, die bei Sauvignon blanc Grüne Paprika und Stachelbeere suchen – Fehlanzeige in diesem „Buch“. Tropisch und spannungsreich kommt der 2017er ins Glas. Und gleich auch ins Weinlager!
Bezugsquelle:
Weingut Frauwallner, Welschriesling „Vulkanland“ 2018 ist um EUR 9, der Weißburgunder „Ried Buch“ 2017 ist um EUR 27,80 erhältlich; der Morillon „Ried Buch“ kostet EUR 27,80, der Sauvignon Blanc „Ried Buch“ gibt es um EUR 33,70, alle bei Vinorama im Web-Shop, www.vinorama.at