Der Wermut hat einiges an Boden gut gemacht. Bei uns hatte er ja nie den schlechtesten Ruf, doch in Deutschland galt er als billige Penner-Plörre, in den USA schrieb man ihn ebenfalls den chronisch kranken „winos“ zu. Doch das ändert sich. Die drei großen Wermut-Länder Italien, Frankreich und Spanien haben die Renaissance bereits eingeläutet. Die Barkultur – hier war der trockene, weiße und süße, rote Vermouth immer verankert – tat ein übriges. Und im Grunde ist das ja eine Heimkehr, denn das Wort Wermut ist deutschen Ursprungs, geben auch die Turiner (eine per EU-Norm geschützte Hochburg des vermouth) zähneknirschend zu.
Beim Steirawirt hat man sich darauf besonnen, was den Kräuter-Wein ausmacht – neben dem bitteren Wermutkraut (Arthemisia) nämlich weitere lokale Kräuter. Für den Shop, den die Geschwister Rauch, Sonja und Richard, in ihrem Gesamt-Kunstwerk der Kulinarik führen, wurde neben anderen Eigenkreationen von „Mein Bruder, der Koch“ auch dieses Getränk komponiert. Es ist ein duftiger Wermut geworden: Honig, Zitronenmelisse und Zimt sind die ersten Gerüche, die der Halbliterflasche mit dem 17% starken Wermut aus Trautmannsdorf entströmen. Haubenkoch Richard Rauch hat sich für die naheliegende Basis im Vulkanland entschieden; er setzt seinen Aperitif mit Weißwein an.
Die Bitterkeit setzt hierbei erst später ein, dafür wurde die Balance zwischen Süße und Bittere optimal erwischt. Denn es beginnt mit einem intensiven, durchaus viskosen Mundgefühl. Honig, Holunderblüten-Sirup, aber auch saftige, süße Orangen fallen einem als Assoziationen ein. Die Kräuter sind da, aber nicht im einzelnen zu benennen, sie ergeben aber einen Gegenpart zu den fruchtigen Noten des Wermuts. Auch wenn er in Weiß gehalten ist; Noilly Prat, das super-trockene Urbild des französischen Vermouth, ist es keiner. Denn hier werden auch keine Suppen abgelöscht damit, Meeresgetier eingekocht oder Martinis parfümiert damit.
Der Steirawirt-Wermut will getrunken werden. Und das tun wir, ganz pur! Der Nachgeschmack bringt dann herbale und markant herbe Töne mit, bei denen man an Artischocken denken kann. Die Bittere bleibt recht lang, doch auch hier legen sich die Honig-Noten und die saftigen Zitrusfrüchte immer wieder darüber. Ja, ganz hinten ist auch ein wenig Salzigkeit zu spüren. Hätten Kapernbeeren mehr Süße, gäbe es einen idealen aromatischen Vergleich zum Vulkanland-Vermouth (wir schreiben ihn jetzt einmal mit V, wegen der Alliteration wär’s).
Die Trinkempfehlung von Richi Rauch ist noch nachzureichen: Mit Eiswürfel und Zitronenschale servieren! Da weht dann ein Hauch von Südfrankreich durch die Südoststeiermark. C’est magnifique!
Bezugsquelle:
Geschwister Rauch, Wermut gibt um EUR 21 (0,5 Liter-Flasche) im Shop in Trautmannsdorf zu kaufen, er wird aber auch österreichweit versandt, www.geschwister-rauch.at