Es war ein Versprechen. Bei der großen Verkostung der Rochelt-Brände (hier im Detail trinkprotokolliert), vereinbarten wir den Besuch in Fritzens. Dort, wo seit den Tagen Günter Rochelts die kräftigen Fruchtdestillate in der mittlerweile zur Trademark gewordenen grünen „Zangenflasche“ entstehen. Gemeinsam mit dem Bar-Team der Dunlin Innsbruck ging sich nun der Ausflug aus. Der unverkennbar Duft von Marillen lag im Brenn-Raum in der Luft – ein perfekter Willkommensgruß!
Der beeindruckendste Part der Destillerie-Führung ist sicher der Dachraum, in dem alle Destillate der Tiroler reifen. Am Ende stehen dann unterschiedlich lange im Glasballon gereifte Brände, die im Idealfall nie unter 50% vol. haben. Die Metamorphose der Destillate beschreibt Alexander Rainer nachvollziebar: „Aus scharfem Alkohol wird starker Alkohol“. Es ist aber der Schnaps, der entscheidet, wann er fertig ist. Mals sind es sechs Jahre, mal acht, bis die Verkostung entscheidet, dass ein neue Jahrgang abgefüllt werden kann.
Apropos Verkosten: Von den drei Cuvées, die Rochelt aus den Destillaten fertigt, kannten wir bereits den „Inntaler“ (Quitte/Williamsbirne/Waldhimbeere) und den „Kasteler“ (Vogelbeere/Williamsbirne/Zwetschke). Der Dritte unter diesen Gegenentwürfen zum schnöden „Obstler“ – der wohl bekanntesten Brand-Cuvée – allerdings stand noch nie vor uns. Dieses „Hollermandl“ trägt einen Bestandteil bereits im Namen, den Holunder. Kombiniert wird er mit einem Destillat der Williamsbirne. Würde der Brand in Niederösterreich gefüllt, hieße wohl „Hollerkoch“, denn unter diesem Namen kennt man das Dessert „Hollermandl“ im Osten des Landes.
Und in der Tat gibt es eine NÖ-Connection, denn die Hollerbeeren liefert der Reinischhof, ansonsten ein Garant für beste Burgunder-Sorten. „Sie kommen zum idealen Reifezeitpunkt“, ist Alexander Rainer voll des Lobes über die Winzer-Brüder aus Tattendorf, für deren Weine perfektes Lesegut so essentiell ist wie brennfertiges Obst für die Fritzener. Daraus wird dann in Brennkessel und Reiferaum ein Destillat, das analog zu Weinen auch einen Jahrgang trägt. Aktuell wird 2009 (!) geöffnet in der Verkoststube. Gut Schnaps braucht eben Weile.
Dafür belohnt dann das flüssige Dessert mit hoher Komplexität. Das Duftbild bringt zunächst die Birne – in sehr würziger Art, wie man sie aus Senfrüchten (Mostarda) kennt – in Stellung. Doch die dunkle, intensive Beeren-Note ist von diesem Eindruck nicht zu trennen. Neben einem klaren Holunder-Geruch hat man auch eine Erinnerung an Blaubeer-Kuchen in der Nase. Faszinierend ist, wie das Destillat aromatisch zwischen beiden Polen, helle Birne und dunkle Beere, oszilliert.
Im Mund hat die Birne ebenfalls Vortritt. Die Williams geht saftig und leicht fruchtsüß voran, die zweite Hälfte aber gehört dem Holunder. ER hat dann Gelegenheit das Spektrum der Beeren zu zeigen. Mal denkt man an Mokka bei der dunklen, leicht bitteren Note. Dann wieder ist strahlend und zart säurig eine beinahe Johannisbeer-ähnliche Empfindung da. Nur eines gibt es beim „Hollermandl“ nicht: Alkoholschärfe.
Bezugsquelle:
Rochelt, „Hollermandl“ (=Holunder/Williams) ist um EUR 174,90 (0,35 Liter-Flasche) beim Weisshaus-Shop erhältlich, www.weisshaus.at