Die Eindrücke am Trappistenweg 23 im belgischen Watou prasseln nur so auf den Besuchern ein. Die Hopfenfelder, für die der flämische „Westhoek“ bekannt ist, beginnen neben der Brauerei. Ein zwinkernder Mönch hebt überlebensgroß den Bierkrug und dann ist da noch die neue Erlebniswelt der Brauerei Sint Bernardus. Sie erzählt vom Überlebenswillen der Brauerei, die eigentlich 1946 gegründet wurde, um Bier und damit Geld für die Trappistenabtei St. Sixtus in Westvleteren heranzuschaffen. Gebraut wurde davor von Mathieu Szafranski schon im Kloster Westvleteren, doch nun wollte man größere Märkte erschließen.
Evarist Deconinck war dafür der Partner, denn er hatte Platz in Watou. Wobei auch das mit der Geschichte der Trappisten zusammenhängt. Ursprünglich hatten hier ehemalige Mönche des französischen Klosters Mont des Cats ihre Käseproduktion etabliert. Nach der Rückkehr der Patres nach Frankreich 1934 führte Deconinck die Käserei weiter. Nun kam statt Käse eben köstliches „Patersbier“ aus der Manufaktur. Die Lizenz der Trappisten wurde 1962 verlängert, doch 1992 verschärfte man die Bestimmungen: „Trappistenbier“ musste nun innerhalb von Klostermauern gebraut werden! Daraus entstand das rare, nur via Anmeldung an der Pforte beziehbare „Westvleteren XII“ – darüber protokollierten wir hier schon mehr.
Für Sint Bernardus aber war die Entscheidung der Ordensgemeinschaft ein herber Schlag, den man als Brauerei wegzustecken hatte. Bis hin zum Logo: Der markante Mönch auf dem Logo wurde „laisiert“; statt dem Scheitelkäppchen (pileolus) als Ordensmann trägt er nun Glatze, das Brustkreuz wich einer Gilden-Kette. Die wirtschaftlich Veränderung überforderte Sint Bernardus als Betrieb. Doch Hans Depypere sah das Potential und stieg 1998 als neuer Eigentümer ein. Gemeinsam mit seiner Tochter Julie führt der Unternehmer die Brauerei heute. In einem witzigen Video – die Besucher in Watou störten ihn eigentlich beim Trinken – begrüßt Depypere heute in der neuen Erlebniswelt. Getrunken haben wir vor Ort auch, am Ende des Rundgangs, der die wechselhafte Geschichte erzählt: Am Dach warten die gekühlten Kreationen von St. Bernardus und der in Ypern ansässigen Kleinbrauerei Kazematten auf die Verkostung.
Wir hielten uns aber an die „klassischen“, der Trappisten-Tradition folgenden, Optionen. Diese Biere, die nach kirchlichen Ämtern („Abt“, „Prior“) benannt sind, werden nach ihrer Stärke nummeriert. Das „Prior 8” stellt dabei ein traditionell gehaltenes Abtei-Bier das, das als „Dubbel“ eingebraut wurde. Die Familie Depypere verwendet dabei ein Original-Rezept, das auf die Tage zurückgeht, als noch mit den Mönchen von Westvleteren zusammengearbeitet wurde. Selbst der Hefestamm geht auf das Jahr 1946 zurück und wurde seither immer wieder für die Brautätigkeit in Watou vermehrt.
Dubbel und Triple – die Abtei-Stile blieben!
Das Kastanien-braune Bier zeigt leichte Rot-Reflexe und wirkt in der Magnum, die man in der St. Bernardus-Bar reicht, noch edler. In der Nase sorgen Kandiszucker, Eberraute und Kochschokolade für Röstmalz-Duft zwischen Süße und Verkokeltem. Das Mundgefühl des 8% vol. kräftigen Dubbel fällt sehr cremig aus, wozu auch der schokoladige Grundgeschmack beiträgt. Überraschend ist die Kohlensäure, die für einen schönen Trinkfluss sorgt, auch wenn das „Prior 8“ alles andere als ein Leichtgewicht ist. Die Bittere, die mit 20 Bitter Units nicht einmal ganz dezent ist, schimmert im Nachtrunk sogar ein wenig durch den süßen Malzkörper durch. Röstnoten lassen dann an einen gesüßten Espresso im Nachhall denken.
Der zweite Stil, der noch an die klösterlichen Anfänge erinnert, ist natürlich das Triple. Es wird in Watou mit geschmeidigen 8% vol. eingebraut und zeigt beim Einschenken eine zart getrübte hell-orangene Farbe im Glas. In der Nase muss man die süßen Duftnoten erst einmal sortieren. Weichkaramell im „Stollwerck“-Stil ist da, aber auch die Spekulatius-Keks-Düfte aus Mandeln, süßem Gebäck und etwas Karamell. „Speculoos“ würde man das wohl auf gut belgisch nennen, wo man diese Note abseits von Weihnachten auch in Schokoladen und sogar Tees (etwa beim Brüsseler Comptoir Florian) schätzt.
Am Gaumen weicht aber die Keks-Note, nicht nur, weil die feine Karbonisierung des Triple die schweren Aromen gut trägt. Zum weichen Karamell kommt auch ein kleiner Dreher von der Pfeffermühle hinzu. Während der Weiße Pfeffer den Trinkfluss angenehm beflügelt, sorgt die Steinobst-Note für ein Supplement der süßen Geschmacksrichtung.
Ein leichter Pfirsich-Ton mengt sich in das dunkle St. Bernardus, das so an Komplexität gewinnt. Gegen die vielfach Getreide-lastigeren Triple mancher Abtei herrscht hier eine durchaus respektable „drinkability“ vor.
Was immer man aus dem St. Bernardus-Portfolio wählt, man sollte genau auf die Flasche schauen: Jede tausendste Flasche zeigt ein Sonderetikett auf dem der Ex-Mönch schelmisch zwinkert. Das hätt’s bei den Trappisten fix nicht gegeben!
Bezugsquelle:
Sint Bernardus, „Prior 8“ (Dubble) kostet EUR 2,59 (0,33 Liter-Flasche) im Spezial-Shop von „Bierabt“, https://bierabt.com
Sint Bernardus, Tripel ist um EUR 3,90 (0,33 Liter-Flasche) im Wiener Shop bzw. online bei BeerLovers zu haben, www.beerlovers.at