Eine mittlerweile seltene Whisky-Herkunft ist Campbeltown geworden; neben Springbank und seiner Schwester-Destillerie Glengyle hält die Brennerei Glen Scotia diese einst so wesentliche Region für Single Malts am Leben. Und auch diese Brennerei, seit 2014 wieder aktiv als Part der Loch Lomond-Group, hatte lange Schließungsphasen hinter sich. Nun aber führt man die Tradition des 1832 gegründeten Hauses fort, indem man ungetorfte und getorfte Whiskies erzeugt.
Rund sechs Wochen im Jahr fließen in die Spirits Safes von Glen Scotia Destillate aus Rauchmalz. In den meisten gefüllten Whiskys sind es 5% Rauchmalz-Anteil, erklärt Ross Lawrence. Mit rund 500.000 Litern Jahresproduktion, erfährt man weiters, ist die Brennerei eine der kleinsten in Schottland. Doch aromatisch braucht sich die Range aus der historischen Whisky-Hauptstadt der Welt (30 Brennereien zählte man zu den Glanzzeiten um 1840) nicht verstecken. Vor allem die salzige Charakteristik macht die „drams“ von hier aus.
Für Master Distiller Iain McAlister ist der erklärte Liebling seiner Range der „Double Cask“. Die Nachreifung dieses Einstiegswhiskys ohne Altersangabe erfolgt in Pedro Ximenez-Sherryfässern und das macht sich auch bemerkbar. Sobald die etwas chemische Duftnote, die an Hansaplast erinnert, verflogen ist. Dann öffnen sich allmählich nussige Aromen, auch süße Frucht (Orange wie in Jaffa-Cakes) ist beim „Double Cask“ zu erkennen. Der fruchtige Eindruck geht am Gaumen mit einer schönen Pfirsich-Note weiter. Die Mischung aus Sherry-Süße, schokoladigen Noten und den Gewürzen dieses Whiskys bildet einen Mix, der an „Toblerone“ erinnert. „Salted Caramel“ ist die Assoziation in der Destillerie selbst und auch diesen Geschmack kann man nachvollziehen. Und sei es nur, weil dieser Whisky wirklich Appetit macht. Piment und Muskat im Finish ergänzen die trockenen, leicht salzigen Würze-Akzente. Ein feiner Einstieg jedenfalls!
Der „klassische Glen Scotia“ ist für Manager Lawrence aber der 15-jährige Whisky der Destillerie. Er liefert einen Eindruck vom Einfluss der leichten Torfrauch-Chargen und trägt doch auch den robusten Haus-Stil weiter. Der trockene Kakao-Duft wird von einer leichten röstigen Note ergänzt. Der Österreicher denkt da vielleicht an Manner-Schnitten. Äußerst fruchtig ist dann die zweite Nase: Sie bringt Nektarinen ebenso mit wie den Orangenlikör Triple Sec. Wer die japanische Salzpflaume Umeboshi kennt, wird diesen Duft wiederfinden. Wem sie fremd ist, bemerkt vermutlich Jod und leichtes Salz.
Der Eindruck im Mund fällt dann anders aus, als durch diesen süßen Duft erwartet. Kaum Frucht-Ausdruck, dafür ein cremiges und würziges Auskleiden des Rachenraums, notieren wir. Nougat ist jedenfalls da. Dazu Mandelcreme und elegante „hard spice“-Noten wie Zimt und etwas Gewürznelke, die das fast saftige Erlebnis abrunden.
A propos abrunden: Der dritte „dram“ aus Campbeltown war der „Victoriana“. Er trägt wieder keine Altersangabe, spielt aber mit dem Namen auf ein Zeitalter an. Denn unter Queen Victoria war die Stadt das Tor zu Schottland und aus dem mächtig pulsierenden Hafen ging etlicher Whisky nach Übersee. Zudem wollte Master Distiller Iain McAlister hier auch stilistisch eine Art Hommage an frühere Zeiten erstellen. Das bedeutet, dass man ihm ein Finish in stark ausgekohlten Fässern für ein gutes halbes Jahr gewährte. Davor, so sickerte durch, war der Single Malt bereits über 10 Jahre alt. Wir haben es also mit einem rund 12 Jahre alten Whisky zu tun, der mit Fass-Stärke gefüllt wurde: 54,2% vol stehen zu Buche, doch keine Angst, der „Victoriana“ weiß sich zu benehmen – er beißt nicht!
Dafür zeigt er einen Duft wie ein frisch ausgewickelter Schoko-Riegel: Dunkle Kuvertüre, Kokosraspel und eine leichte Süße, die noch verstärkt wird von eindeutig dunklen, aber auch reifen Früchten. Heidelbeere ist da zu nennen und eine Zwetschke, die man aber auch als Powidl ansprechen darf in ihrer Intensität. Kombiniert man die Schokolade-Duftnoten noch mit der leichten Minzfrische, kann man auch an „After Eight“ denken.
Diese dunkle Aromatik sorgt auch im Mund für Nachdruck. Diesmal ist es Dörrzwetschke, die man schmeckt, etwas Datteln, dazu ein Eindruck, den man vielleicht als „geröstete Maroni“ beschreibt. Dunkel, aber nicht verbrannt, und mit einem süßen Kern, der im Finish immer mehr abklingt. Dann haben die intensiven Noten ihren Auftritt, einen letzten Klaps gibt einem der Minze-Zweig im Finale.
Der obligate Tropfen Wasser bei Fass-Stärken öffnet auch den „Victoriana“ noch – dann hat man auch die in den Verkostnotizen genannten Johannisbeeren, die sich bei uns nicht zeigen wollten. Aber wir halten diesen „Glen Scotia“ auch für eine der gar nicht so zahlreichen Fass-Stärke,n die in dieser Kraft wunderbar funktionieren. Und das vor allem in einer guten Balance. Hier kann sich der Anfänger an dieses Mysterium des „naturbelassenen“ Single Malts annähern. Und er sollte seine Freunde haben.
Bezugsquellen:
Glen Scotia, „Double Cask“ ist um EUR 33 beim Onlinehändler Expert24 zu haben, www.expert24.com
Glen Scotia, 15 years kostet EUR 51,90 beim Online-Handel Weisshaus, www.weisshaus.at
Glen Scotia, „Victoriana“ ist um EUR 64,90 bei Urban Drinks erhältlich, www.urban-drinks.at