Sporer braucht man Salzburgern nicht erklären. Im Hinterzimmer des Spirituosenhändlers hat man wohl schon ungezählte Male die Welt geradegebogen oder ihr einen Haxen ausgerissen. Bundesweit ist es vor allem der legendäre Punsch, der Vorweihnachtsgefühle mit Top-Zutaten zaubert. Doch Sporers Neuheiten sind mittlerweile auch in der professionellen Barszene immer öfter gesehene Gäste. Vor Ort in der Getreidegasse lässt sich der Sporer Bitter trefflich verkosten. Die Hibiskus-rote Spirituose mit dem Orangen-Touch wird zwar für Negronis und als Austrias Aperol-Ersatz ausgelobt, doch für uns schreit der mehr herb als süß angelegte Bitter nach einem Rye-Whisky. Manhattan, Salzburg-Style!
Doch auf den markanten Lederschürzen der Getreidegassen-Crew prangt das Wermut-Logo. Der ist ein Vertreter des weißen Wermuts, Neigungsgruppe „trocken“. Basis, so erfährt man, ist ein Weißburgunder und auch fortifiziert wurde nicht mit beliebigem „Neutralsprit“, sondern mit einem Weinbrand. Das Ergebnis wurde mit der Kernkompetenz der Sporers – Orangenauszüge und Kräuterdestillate – verfeinert, bis das Bouquet ausgewogen war. Dass man am Weg die Dosis der Kamille, eines der vielen Aroma- gebenden „Botanicals“, reduziert hat, erfährt man zwischen zwei Glas Weißwein für die Sporer-Stammgäste nebenher.
So ist die Tee-Blüte zwar noch präsent, die aromatische Führungsrolle aber hat die Arthemisia absinthium, also das Wermutkraut. Das ist schon einmal gut. Besser wird es noch durch den erkennbaren Einsatz von weiteren Botanicals, die an einen frisch gehackten Küchenkräuter-Mix (Kerbel zum Beispiel) erinnern. Gemeinsam bietet man der Orange im Duft Paroli, die mitunter auch Weihrauch-Töne mitbringt. Vielleicht nennt deshalb jemand neben uns an der Schank diesen Duft „klösterlich“.
Wir prosten indes dem Hinterzimmer der Habituès zu und schmecken gleich einmal die klare Bitternote dieses vollmundigen Wermuts. Zart erdige Noten, bei denen man an Enzian denken mag, sind auch da. Die Zitrusfrucht bleibt am Gaumen verhaltener, ist aber das subtile Geheimnis der Erfrischungskomponente, die dem Wermut innewohnt. Sie wird – mit einem anderen Auszug aus dem Geschmacksspektrum – noch erhöht durch den „minzigen“ Schluss-Akkord. Er hat einen beinah kühlenden Effekt, der auch die Bitterkeit sanft erscheinen lässt. Wichtiger aber ist, was dieser Sporer-Neuling in der schönen Steingut-Flasche nicht hat: Süße nämlich, die über das absolute Minimum hinausginge. Wem die französischen Ur-Bilder also immer zu trocken und/oder zu salzig waren, hat hier eine alpine Alternative. Oder einfach einen g’schmeidigen Wermut, der nicht nur den „Stoderern“ schmecken sollte.
Bezugsquelle:
Sporer Likör- & Punschmanufaktur, Wermut kostet EUR 25,90 (0,7 Liter-Flasche) im Webshop der Salzburger, https://sporer.at