Man könnte sagen, dass das durchaus ein festliches Trinkprotokoll wird. Nach dem Motto: Für den Trinker, der schon alles hat. Denn für ihn könnte das tatsächlich ein Weihnachtsgeschenk Anno 2021 ergeben. Doch das dämmerte uns auch erst beim Schreiben. Das Eintreffen des Grappas, um den es geht, hat nämlich eine längere Vorgeschichte. In der unter anderem die Suche nach den idealen Begleitern zur Zigarre eine Rolle spielt. Aber auch das Staunen über die Innovationskraft, die man nahe Udine dem Grappa angedeihen lässt. Konkret geht es um den „Smoked“ von Bepi Tosolini.
In dritter Generation als Brennerei aktiv, hat vor allem der „Most“ von Tosolini auch hierzulande Bekanntheit erlangt. Ist ja auch schließlich nicht so weit zur Produktionsstätte in Friuli Venezia Giulia. Doch diese Abfüllung ist vom „Grappa auf die Haus“ beim Italiener am Eck‘ weit entfernt. Er ist nämlich rauchiger als der Großteil der Espressos, zu denen er serviert werden könnte. Denn das mit dem „Smoke“ nahmen Lisa Tosolini und ihre Familie wörtlich: Sie bringen Tabak ins Spiel.
Da Tabak als Lebensmittelzusatz streng verboten ist, lag der Weg über die Fässer nahe. Diese werden mit dem Feuer von Kentucky-Tabak getoastet, erklärt man den Weg des Rauchs in der Destillerie. Dieser in Italien selbst gezogene Tabak aus Kentucky-Saatgut ist schließlich keineswegs exotisch. Er gibt schließlich einer „passione Italiana“ (= Eigendarstellung, keine Werbung fürs Rauchen!) den Geschmack. Der „Toscano“ nämlich, jener ikonischen Zigarre, die man immer dann im Fernsehen sieht, wenn ein früher Sergio Leone-Film mit Clint Eastwood gezeigt wird. Alternativ erblickt man die lange Rauchware in so ziemlich jeder Kaffeebar Italiens, vor der geraucht werden darf. Und eben diesen Tabak nutzt auch Tosolini.
Der Grappa selbst wiederum basiert auf den Trebern von friulanischen Trauben. Neben den internationalen Sorten Cabernet und Merlot spielt auch der lokale Refosco eine Rolle in diesem roten Sorten-Mix. Der „Smoked“ ist aber auch eine Abfüllung der Abteilung „Barricata“, also der in französischer Eiche gelagerten Destillate. Ein volles Jahr reifte er im Holz. Und die Lagerung hat es aromatisch in der Tat in sich: Räucherlachs. Daran denkt man als erstes, wenn man die Nase über das Glas mit dem bernstein-braunen Grappa hält. Erst danach kommt die leichte und typische Hefe-Note des Destillats durch – sie kann der Kraft des „Smokes“auch standhalten. Mit etwas Luft folgt sodann auch eine herber Duft, der frappant an Makava-Eistee erinnert. Es ist also der vegetal-bittere Duft von Mate, dem südamerikanischen „Tee“, der hier mit dem Rauch-Tönchen verziert wird.
Sanfter legt es diese Tosolini-Spezialität am Gaumen an. Hier ist ein Rosinen-süßer Auftakt angesagt, der mit Nuss-Schokolade langsam in Richtung röstigerer Gefilde wandert. Aus dem schmelzigen Auftakt wird ein rauchig-würziges Finale. Spätestens im Hall des 40%-igen Brands sind dann klar die Tabak-Noten da. Sie erinnern an ölige Zigarren kubanischer Machart. Und was spät kommt, bleibt hier auch sehr lange. Das Rückaroma wirkt in der Tat, als hätte man soeben geraucht. Keine Sorge, es war „nur“ der Grappa!
Bezugsquelle:
Bepi Tosolini, „Grappa Smoked“ kostet EUR 49 (0,5 Liter-Flasche) im Webshop von Whisky Purbach, www.whisky-purbach.at