Die strengen Regeln und Kategorien sind weiter im Fluss. Menge, das zeigten die Spirituosen-Hits der letzten Jahre (Irish Whiskey und Gin), ist nur mit Highball-tauglichen Abfüllungen zu machen. Diese Polarisierung zwischen teuren Sammler-Editionen für die wissenden „happy few“ und den leicht zu trinkenden Mix-Spirituosen für die Heimbar hat der Lockdown noch verschärft. Während die Verschwörer-Treffpunkte namens Whisky Clubs geschlossen haben, wurde daheim brav weiter experimentiert, welcher „Filler“ denn mehr Spaß macht, wenn man ihn auf Gin oder Rum – einen weiteren Gewinner der Corona-Monate – gießt.
Der schottische Whisky hingegen lebt im langen Schatten, den überkommene Verbote auf die Kategorie werfen. Gestern erst hörte ich einen großartigen Podcast, in dem es neben Blues auch um Whisky ging. Und als einer der ersten Sätze kam wieder das Verdikt, doch ja kein Eis in den Scotch zu tun. Da können Legionen an „Markenbotschaftern“ sich den Mund fusselig reden, dass das früher mal so wahr. „Old Habits Die Hard“ von Dave Stewart und Mick Jagger ist irgendwie der Soundtrack der schottischen Whiskygemeinde zu diesem Thema.
Es hat also durchaus eine Logik, wenn ein Single Malt (!) explizit für das Mischen aufgelegt wird. „X“ hat man ihn bei Glenmorangie genannt und es ist eine Variabel, die bewußt gewählt wurde. Denn statt den ohnehin wenigen Cocktail-Klassikern, die explizit nach schottischem Whisky verlangen, ruft man zu Experimenten auf. Longdrinks mit dem „X-Faktor“, wie es Bill Lumsden (Director of Whisky Creation in Tain/Scotland) nennt, können mit jeder Lieblingslimonade entstehen. Süße und extra getoastete Fässer hat man dem neuen Glenmorangie quasi werksseitig mitgegeben. So hält er auch mit den süßen Fillern Schritt.
Was aber ist pur? Hier verbinden sich im Duft viel Malz wie von Frühstückszerealien mit den Orangennoten des Haus-Stils. Der Österreicher denkt bei der ganz leichten Rauchigkeit des Whiskys an Kletzen, aber auch etwas Leindotteröl kann man erschnuppern. Am Gaumen findet sich dieser leicht süße, aber auch röstige Ton ebenfalls, hier ergänzt eine dezente Ananas-Note den Geschmack. Die Birnen-Noten sind erneut da, hier als weißes Fruchtfleisch, das etwas Toffee begleitet. Der nachklang gehört einem Kakao-Pulver, dass die süßen Noten etwas herb abrundet. Als reiner Faserschmeichler ist der „X“ also nicht anzusprechen, auch wenn er kein Whisky ist, den Fortgeschrittene stundenlang trinken werden.
Doch es soll ja gemixt werden! Und es findet sich vieles in den offiziellen Cocktail-Vorschlägen; sie reichen vom gespritzten Apfelsaft über Johannisbeer-Saft bis zu Holundersirup mit Soda (als Art schottischer „Hugo“?). Klarerweise darf auch der Shooting Star unter den Fillern nicht fehlen. Immer weniger Menschen halten „Ginger Beer“ für ein Bier und so kann man auch das testen. Hier kommt die Orange des Glenmorangie besser zur Geltung, eine Zeste oder Scheibe der Zitrusfrucht macht daraus einen schnellen und fruchtigen Highball. Die leichte Schärfe bewahrt ihn vorm schnellen Abflachen im Sommer.
Richtig gut funktionierte der Schotte auch mit einer ansonsten den Whiskey-Cousins mit dem „E“ in Kentucky vorbehaltenen Mischung. Auch, wenn sie nicht in der Liste der Empfehlungen stand. Doch Cola macht daraus einen feinen Sommer-Drink, der mit einer Scheibe Limette auch weniger Süße aufweist als viele „Cuba Libres“. Und hier lässt sich auch mit der Marke X-perimentieren, um ein Wortspiel anzubringen.
Bezugsquelle:
Glenmorangie, „X“ ist um EUR 32,90 (0,7 Liter-Flasche) bei allen Interspar-Filialen und online erhältlich, www.interspar.at