Dass wir in Europa bis dato wenig (bis nichts) davon sahen, heißt nicht, dass es den US-amerikanischen Single Malt nicht gibt. Im Gegenteil, selbst die ansonsten nicht sehr entscheidungsfreudige Spirituosen-Behörde „Alcohol and Tobacco Tax and Trade Bureau“ (TTB) hat für ihn eine Kategorie freigeschaufelt. Einer der Proponenten hinter American Single Malt war die Brennerei, um die es hier gehen wird – Westland aus Seattle im Bundesstaat Washington. Der für die USA ziemlich neue Ansatz der KAtegorie sieht vor, dass es 100% eines Getreides sein müssen – und nicht 51% (Mais) wie beim Bourbon oder Roggen beim Rye Whiskey. Im Grunde also ein sehr „schottischer“ Zugang, dem aber längst viele Brennereien folgen. Nur sind die in der Regel so klein, dass sie in Europa keine Ware verkaufen. Ja, mitunter wird das aufgrund der Bundesstaat-Grenzen schon am Heimmarkt schwierig. Das sei auch einer der Gründe gewesen, weshalb sich Westland-Mitgründer Matt Hofmann mit den Vertriebschefs von Rémy Cointreau unterhielt. Am Ende stiegen die Franzosen direkt bei der seit 2010 existierenden Destillerie in Seattle ein. Single Malt-Wissen hatten sie mit Bruichladdich und der Domaine des Hautes Glaces bereits auf Islay (Schottland) und dem Département Isère (Frankreich) vorzuweisen – nun kam der Pacific Northwest als Standort dazu.
Der heute 37-jährige Gründer startete 2010 nicht nur mit dem Diplom der Heriot-Watt University in Edinburgh („Brewing & Distilling“), sondern auch nach schottischem Vorbild mit seinem Whisky. 100% Gerste war somit gesetzt, allerdings wollte er es auch hier genau wissen. Bis heute befeuern daher rare Gerstensorten (z. B. Talisman mit notorisch geringer Ausbeute) und verschiedene Röstmalze seine Abfüllungen. Washington Select Pale Malt heißt eine, Münchner Malz, das man vom Bier kennt, aber auch helles Chocolate Malt kommen in seiner “5 malt-bill“ zum Einsatz, die auch einen Anteil an Rauchmalz aus der schottischen Mälzerei Bairds in Inverness aufweist. Das „heavily peated Malt“ gab in der Anfangsphase einem eigenen Whiskey den rauchigen Touch, mittlerweile sorgt es im „American Single Malt“ für einen würzigen Unterton.
Der gehört nun der regulären Linie alias „Flagship“ an und duftet nach Nuss-Schokolade, Zimt und rotem Apfel. Die Nase, für die das englische Wörtchen „confectionary“ erfunden wurde, zeugt auch vom Einsatz von Portwein-Fässern. Das merkt man an den roten Apfel-Gerüchen, die sich zu dem gefällig-schokoladigen Duftbild gesellen. Auch am Gaumen gibt es reichlich Schoko zu schmecken; Würze und Biss liefern dann den Gegenpart, da sind auch die 46% vol. ein Pluspunkt. Der feine Rauch zeigt sich ebenfalls hier. Dann kommt noch ein geradezu extremer Nuss-Nachklang von cremigem Schmelz („Macadamia pur“ steht bei uns im Verkostheft) hinzu. Das ist feiner Single Malt, der sein jugendliches Alter Lügen straft, gutes Mundgefühl mitbringt und eine echte Talentprobe des amerikanischen Neuzugangs darstelllt.
Westland will aber auch einen klaren Abdruck seiner Herkunft hinterlassen und so hat man nicht nur seeeeehr lange nach einer Mälzerei gesucht, die Rauchmalz in den USA herstellt. Denn Torf gab es vor Ort, nur keine Mälzerei, die ihn nutzte. Bis mit Skagit Valley Malting ein noch dazu lokales Start-up diesen Job übernahm. Die Gerste für die Whiskeys wurde ohnehin stets im Washington State bezogen. Am weitesten geht das Bemühen um Regionalität allerdings bei den von Westland verwendeten Fässern. Die Garryana-Eiche (quercus garryana) war davor nur Spezialisten bekannt. Ein lediglich 150 Kilometer langer Streifen, der in der kanadischen Provinz British Columbia beginnt, ist Heimat der streng geschützten Eiche. Fällt der Windbruch irgendwo einen dieser Bäume, hat Matt Hofmann das Agreement, aus diesen natürlichen Ausfällen Fassholz zuschneiden. Dass sich bei den verwachsenen Garryanas mitunter nicht einmal ein Fass aus dem Holz sägen lässt, trägt zur Seltenheit bei. Mittlerweile hält man bei der siebenten Garryana-Edition – sie wird allerdings stets um andere Hölzer ergänzt.
Aktuell kommt Edition 6 in den europäischen Handel und bei ihr kommt ein Viertel des 44 Monate gereiften Whiskeys aus der raren Washingtoner Eichen-Art. Diesmal hat man die Garry oak um ehemalige Calvados-Gebinde (5%) und Apfel-Schnaps-Fässer (3%) – natürlich auch aus dem Bundesstaat! – in der Fass-Mischung ergänzt. Der nur geringe Anteil der Apfelbrände kommt dennoch klar in dem mit 50% vol. gefüllten Whiskey durch. Zuerst fällt aber noch die Farbe – dunkler als alle anderen Westland-Abfüllungen – auf. Da man keine Nachjustierungen der Farbe vornimmt, darf man auch auf intensiveren Fasskontakt schließen. Die Nase jedenfalls liefert einen Mix aus Sherry-süßen Rotfrucht-Noten und einer klaren Apfel-Duftrichtung, die an getrocknete Apfelringe erinnert. Auch im Mund ist die Fruchtigkeit präsent – zumindest bis zum mittleren Gaumen. Da wird es nahezu ölig und die nussigen Noten lassen in der Sekunde an Pekan-Nuss denken. Kantige Noten des höheren Alkohols, aber auch von Bitterschokolade prägen dann das letzte Drittel. Hier liefert der „Garryana Edition 6“ dann einen trockenen Nachhall von Kakaopulver, aber auch einen an Feigen erinnernden Geschmack.
Bezugsquellen:
Westland, American Single Malt kostet EUR 69 (0,7 Liter-Flasche), der „Garryana Edition 6“ ist um EUR 179,- zu haben, beide bei der Theehandlung Schönbichler, www.schoenbichler.at