Ja, im Export hilft der „dumme“ Name sogar, meint Vic Jaenen: Der Ort Silly, nach dem die Brauerei benannt ist, stellt in England durchaus ein Asset dar, so der Belgier. Seit 1850 braut man hier und die beglische Bier-Klassik bildet immer noch den Kern der seit kurzem exportierten Range. Das erste Bier der eigentlich von Bauern als ländliche Gersten-Verwertung gestarteten Brauerei, so erzählt es Vic Jaenen, war ein klassisches Saison.
Die Zutaten sollten als Durstlöscher für die Feldarbeiter dienen, das war die Idee des etwas säuerlichen Biers. Das Silly Saison der heutigen Tage erinnert im Duft wenig an diese Zeiten karger Agrarökonomie: Kirsche und Kaffee sind beides eher reife Duftnoten, die das Bier mitbringt. Am Gaumen wird es eher so, wie man sich ein Saison alten Zuschnitts vorstellt. Da kommt die Säure durch, sie arbeitet gewissermaßen gegen die Kakao-Flocken und die dunkle Aromatik, die an Espresso erinnert, an. Denn die drei Malzarten liefern eine zwar dezente, aber beständige Süße, wogegen die Hopfung mit Kent und Hallertauer Hopfen nur eine Grundbittere liefert. Die Frische der Karbonisierung reicht für das Trinkanimo, der Körper wird quasi nachgeliefert, ist aber nicht von schlechten Eltern. Kurz: Ein Bier für Fortgeschrittene, das Kraft und Trinkfluss zugleich mitbringt.
Mißverständnisse ohne Ende produzierte das zweite Bier, das Vic Jaenen einschenkt. Wo groß „Scotch“ am Etikett steht, vermuten viele die Fasslagerung im Whisky Barrel. Fast trieft die Vorfreude aus den Lippen vieler, die ein „Whisky-Bier“ erwarten. Doch das Scotch Ale ist schlicht ein Bier-Stil, den man im Dörfchen Silly pflegt. Angeblich geht das Rezept, inklusive des britischen Hopfens, auf ein schottisches Regiment zurück, das im Ersten Weltkrieg in der Nähe von Enghien lagerte. 7,5% Alkohol am Etikett machen schon klar, dass der belgische Schotte kein Leichtgewicht sein dürfte. Ist er auch nicht: Schokolade, Kirsch-Noten und die getreidige Abteilung „Gitti’s Roggenflocken“ sind im Duft da. Der erste Schluck vom „Scotch Ale“ ist süß und malzig, wieder meldet sich satt die Milchschokolade, dazu eine Menge Lakritz, die bis ins Finish Süße liefert. Doch zum Scotch Ale gibt es noch ein Steigerung…
Hä?? Ein „Scotch“ im Bourbon-Fass
Vielleicht war man nur die viele Fragerei und das Erklären leid, jedenfalls hat man das Bier als Basis für eine „Whisky-Variante“ herangezogen. Silly Scotch Bourbon Barrel Aged wird – zur noch größeren Verwirrung – nicht in schottischen, sondern amerikanischen Whiskyfässern gelagert. Konkret bezieht man die Aroma-Geber von Jack Daniel’s. Und ein Händchen für die Fassreifung darf man der Familie Van der Haeghe unterstellen. Schwarzbrot, Milchkaffee und Kakao sorgen für die dunklen Duftnoten, wobei mit mehr und mehr Luft auch die Frucht deutlicher wird: braune Banane, Powidl und deutliches Cassis. Wie auch in der Nase ändert sich auch im Mund der Eindruck dieses Biers beständig. Der süße Beginn erinnert mit seinem doch deutlichen Alkohol (11%) an eine flüssige Malakoff-Torte, die Vanille-Noten und der süße Mais des Bourbon-Fasses kommen im Finale durch, im Rückgeschmack macht sich Mokka bemerkbar.
Doch das letzte Wort ist bei diesem „Divan-Bier“ noch nicht gesprochen. Mit mehr Luft wird nicht nur der Duft fruchtiger – die schwarze Johannesbere weicht der roten und einer säurigen Kirsche –, auch der Geschmack entwickelt sich in eine cremig-röstige Richtung, die an karamellisiertes Popcorn und gebratene Maroni denken lässt. Ein Bier, bei dem man am besten die Füße hoch lagert und es gut gekühlt in seiner Großflasche (0,75 Liter) mit Freunden genießt – minütlich wird man neue Nuancen entdecken.
Bezugsquelle:
Brasserie de Silly, „Saison“ ist um EUR 1,70 (o,33 Liter), das „Scotch Ale“ um EUR 1,90 (0,33 Liter), jeweils im 24-er-Pack, bei Abaco Lienz erhältlich, www.abaco-trade.at