Nein, die südliche Leichtigkeit haben die sardischen Weine von Siddùra nicht erfunden. Das war schon beim Cannonau-Rosé „Nudo“ so, über den wir hier berichteten. Aber er war dennoch einer der interessantesten rosa Weine, die heuer ins Glas kamen. Denn in Wahrheit trinkt man die spritzig-leichten Springinkerl eh nicht so oft. Wenn schon, dann darf Rosé aber auch Charakter haben. Doch es geht nicht um Sardiniens rosa Seite. Denn soeben langte aus der Gallura, dem Insel-Norden, eine weitere Flasche ein.
Sie ist gefüllt mit der weißen Rebsorte Vermentino di Gallura, neben dem Cannonau di Sardegna die wichtigste Sorte des Hauses. Massimo Ruggero macht daraus mit seinem Team einen Weißwein, der mittels Flaschendesign eine Simplizität vorspielt, die von 14,5% Alkohol allerdings ebenso wie vom Namen konterkariert wird: „Wir haben ihn „Maìa“ genannt, ein Wort aus dem Dialekt, das „Magie“ bedeutet. Als wir ihn zum ersten Mal verkostet haben, hat er alle erstaunt“, so der Winemaker.
Wer den Vermentino selbst nur als belanglos-leichten Fisch- und Tischwein kennt, darf sich also auf ein wenig Zaubersalz gefasst machen. In der Tat hat der „Maìa“ seit seinem ersten Jahrgang 2011 etliche Fans gefunden, auch die begehrten „drei Gläser“ (tre bicchieri) des Weinführers Gambero Rosso hat er schon auf die Insel geholt. Aber uns interessieren die Weine immer mehr als irgendwelche Benotungen, weshalb nun der dunkelgelbe 2018er ins Glas kommt. Der Duft ist mehr als einladend, hinter einem zarten Flieder-Duft bringt eine Mischung aus Ananas, Kaktusfeige und Melone gelbes Fruchtfleisch in einer intensiven Ballung mit. Die Mit-Verkoster hätten übrigens blind auf einen Grauburgunder getippt. Die Kraft und der Druck, die der Vermentino von Siddùra am Gaumen entwickelt, ist ähnlich.
Ungemein saftig legt sich der gelbfruchtige Schmelz an; wieder kitzelt ein zarter Exoten-Cocktail die Sinne wach. Wenn man auf hohem Niveau jammern wollte oder einfach die mikroklimatischen Verhältnisse nicht kennt, würde man ev. die Säure vermissen. In der Tat hat die hohe Reife unter der sengenden sardischen Sonne nicht allzu viel davon übrig gelassen. Doch ein Ersatz dafür liegt in der Gerbstoff-Struktur des „Maia“ – auch die Tannine können einen Widerpart gegen die Fruchtigkeit bilden. Statt säurig wird es eben zart bitter. Und der Effekt ist der gleiche: Man wird zum Weitertrinken animiert. Ein zartes Marzipan-Tönchen, ein wenig an Amarettini erinnernd, schließt den Weißwein dann ab. Er stellt einen idealen Sommerwein dar – nicht wegen der Leichtigkeit (siehe Einleitung), aber wegen unbezweifelbar südlicher Aromatik. Cin Cin!
Bezugsquelle:
Siddùra, Vermentino di Gallura „Maia“ 2018 ist um EUR 18,92 beim Italien-Spezialisten Mair&Mair erhältlich, www.mair-mair.com