Es wird kälter und man denkt schon mal an den Advent. Da kommt auch Rares in die Vorratskammer, denn die Gäste will man ja exzellent bewirten. Gut so – und wir ergänzen den Einkaufszettel um einen Christmas-Klassiker aus England. Der wird aber gerne falsch verstanden – und so verstaubt Sherry meist im Regal, bis der nächste Dezember naht. Hat man aber seinen Liebling aus Jerez de la Frontera gefunden, will man öfter mit ihm zusammen sein. Bei González Byass hat man die ganze Palette mit Ausnahme des Manzanilla (eine historische Entscheidung einerseits, eine offene Wunde andrerseits) zu bieten. Doch der trockenste und salzige Typus ist eh nichts für den österreichischen Winter.
Was aber nicht heißt, dass man das (falsche, falsche, falsche!) Bild vom pappsüßen Sherry bedienen würde. Der Medium etwa, so nennt sich der etwas süßere Sherry „Cristina“ am Etikett, läßt seine Mischung aus salzigen und fruchtigen Eindrücken tatsächlich schon im Duft beginnen. Salzig wie Anchovis riecht es aus dem Glas, auch an Sojasauce kann man dabei denken. Doch dazwischen mischt sich immer der süße Duft von Rosinen und Kletzen (Dörrbirne). Geschmacklich dominiert die Trockenheit, wieder ist da viel Salz, aber auch etwas Milchkaffee.
Die Süße, die die P.X.-Trauben in den Blend (der Rest stammt aus Palomino-Trauben) einbringen, merkt man in Form einer an Weinbrand-Weichsel erinnernden Note. Das Finish aber gehört wieder der appetitanregenden Kombination aus grüner Olive und Salzmandel. Da wird der Speichelfluß mächtig angeregt!
Intensiv und herb wie ein ganzer Sack Walnüsse riecht es aus dem Kostglas mit dem nächsten Sherry. Fruchtige Noten finden sich in Form säuriger Beeren, Himbeermarmelade und Ribisl notierten wir beim „Alfonso“. Trocken und überaus nussig ist auch der Antrunk des Olorosos. Etwas Milchschokolade, vor allem aber der herb-säurig-salzige Mix, den man etwa von marokkanischen Salzzitronen kennt, sind die ersten Eindrücke. Der 18%-ige Alfonso erinnert an süße Sojasauce und stellt – gerne leicht gekühlt – einen edlen Apéro dar.
Wem das zu viel spanische Salzigkeit sein sollte, der sollte sich an den Wein mit dem biblischen Namen halten: Der „Apóstoles“ führt als 30-jähriger Sherry die Abkürzung V.O.R.S. als Zusatz am Etikett. Vinum Optimum Rarum Signatum also und das bedeutet bei diesem aus 87% Palomino-Trauben und 13% Pedro Ximenes zusammengesetzten Sherry die volle Intensität eines süßeren (nicht: süßen!) Weines. Der Duft bereitet mit seinem Mix aus Weichselkompott, frischen Feigen und Rum-Rosine auf einen vielschichtigen Eindruck am Gaumen vor. „Vielschichtig“ steht ja bald in Kostnotizen, aber hier entdeckt man immer wieder Neues.
Die Feigen-Charakteristik (diesmal: eher getrocknete) weicht etwa einer Pekan-Nussigkeit, dann kommen röstige Noten dazu, bei denen man an ungesüßten Kakao denkt. Rosinen sind natürlich immer da bei einem solchen reifen Sherry, aber auch eine zarte Dosis Salzigkeit – wenn auch kein Vergleich mit einem Fino Sherry! Mit den „Aposteln“ einen Festschmaus an kirchlichen Feiertagen zu beschließen, liegt nahe. Und Blauschimmel-Käse käme auch recht. Wir empfehlen Stilton oder Bleu d’Auvergne. In diesem Fall verträgt sich der Spanier sowohl mit Briten, als auch Franzosen.
Bezugsquelle:
González Byass, „Alfonso“ ist um EUR 8,20 erhältlich, der „Medium“ Cristina um EUR 13 und der 30-jährige V.O.R.S. Apóstoles um EUR 55, alle im Webshop der Bodega, www.tiendagonzalezbyass.com