Es war ein freudiges Wiedersehen mit Stewart Dick. Der Schotte war es ja, der vor zwei Jahren die Führung durch die eindrucksvolle neue Brennerei der Isle of Skye unternahm. Torabhaig hat seither den Kurs nicht gewechselt, wie ein Blick aufs damalige Trinkprotokoll (hier zu finden!) zeigt. Die 2017 eröffnete Brennerei sieht weiterhin alle Abfüllungen als Zwischenstationen am Weg zum „10 years“ an, der einmal das rauchige Flaggschiff Torabhaigs sein soll. Und weiterhin hält Whisky-Maker der Neil MacLead Mathieson an seiner dosierten Verwendung des Torfmalzes fest.
Das stammt von „mainland Scotland“ und soll bewusst weniger die medizinalen Noten (einfach gesagt: die Wundpflaster- und Jod-Düfte) transportieren. Gesucht werden aus dem Aromenspektrum nicht die „Phenole“, sondern die „Guajakole“, was aus dem Chemiker-Sprech übersetzt heißt: fruchtig-rauchige Akzente, zu denen etwa Cassis zählt oder gerösteter Speck. Im „Cnoc Na Mòine“ wird das auch sichtbar, wobei auf der fruchtigen Seite des Geschmacks auch die Fässer mitgewirkt haben. Es ist die dritte Abfüllung aus der experimentellen Serie, mit der man den „Allt Gleann“ als Arbeitspferd der Hebriden-Destillerie begleitet. Und dafür reiften 10% des Whiskys in einer Mischung aus ehemaligen Sherry-Fässern. Diese enthielten Oloroso bzw. den noch süßeren Pedro Ximénez, allerdings ist man auch dabei sehr transparent: „Es handelt sich ausschließlich um „seasoned casks““, so Stewart Dick. Also jene in Spanien nur für die Whisky-Industrie „marinierten“ Fässer mit der Mindestlagerzeit für Sherry.
Schnell aber wird klar, dass diese nicht allzu intensiv vom gespriteten Wein aus Andalusien durchtränkten Fässer genug Kraft haben. Und das sogar bei einem Anteil von nur einem Zehntel dieses „cask blends“. Denn die Nase des „Cnoc Na Mòine“ bringt typische Oloroso-Noten zum Vorschein. Der Geschmack ebenso. Im Duft legt aber die vereinte Pikanz von Sojasauce und Gurkenlake vor, die offizielle Kostnotiz nennt das „briny“ – und es trifft absolut zu. Auch der Rauch des neuen Torabhaig ist nicht zu verleugnen, er liefert sich aber ein Hasch-mich-spiel mit den roten Früchten. Zu Pulver gemahlene, getrocknete Himbeeren, aber mehr noch der Hibiskus-Geruch erinnern an Oloroso Sherry.
Im Mund weist dann ein nussiger Anteil den Weg nach Jerez. Erdnuss-Creme und Karamellpopcorn kleiden den Gaumen samtig aus. Die Sanftheit des mit 46% vol. gefüllten Single Malts fällt ebenso positiv auf. Erst nach diesem Antritt kommt der Rauch durch – das versteht man unter „well tempered peat“! Den nächsten Akt im Geschmacksvergnügen liefert dann ausgeprägter Nougat-Geschmack, man darf das gern auch „Ildefonso“-Moment nennen. Einsprengsel von kandierter Orange und etwas Pfeffer verleihen dem Finale einen lebendigen Touch. Spannender aber ist, wie sich dieser Whisky verabschiedet. Er wird nämlich immer schlanker und hinterlässt doch einen langen Nachklang. Auch bei diesem darf man wieder an Schokolade denken. „Malteser“ mit ihrer leichten Säure aus dem Malz wären eine Assoziation, über die sich einmal mehr der Rauch legt, der wie eine Nebelschwade mal hier, mal da durch den „Cnoc Na Mòine“ zieht. Und wer genau hinschmeckt, wird auch die letzte Signatur eines Sherry-Fasses entdecken: Den Moment des Speichelflusses, wenn die weinige Säure aus der Vorbelegung des Holzes nach zwei, drei Minuten zu schmecken ist.
Letztere bildet auch die Brücke zum Bauchlappen vom sizilianischen Thunfisch, den Pastamara-Chefkoch Francesco Milicia als Begleiter servierte. Zu den Aromen des Fischs erlebt der Skye-Whisky herrliche Zitrusfrucht-Momente. Man muss sie nur unterm Torfrauch hervorkitzeln. Das gilt auch für die zweite Neuheit (limitiert und ab Oktober 2024 zu haben), die Mister Dick im Gepäck hatte. Doch zuvor gibt er Entwarnung fürs Sammlerbudget: „Wir wollen nicht alle paar Monate eine neue Abfüllung rausbringen“, hält man den Ball flach. Das überschaubare Portfolio soll auch zukünftig so bleiben, wenn der erwünschte „10 years“ dann endlich auf dem Markt ist. Ab und an allerdings soll es Torabhaig auch als „Batch Strength“ geben.
Denn Whisky-Nerds stellen gerne die Frage: „Wie schmeckt der in Fass-Stärke“? Den Vorgeschmack in Wien gab dabei der mit 61,1 % vol. gefüllte „Allt Gleann“. Dass man sich gegen die Bezeichnung „Cask Strength“ entschieden hat, wirkt beckmesserisch, unterstreicht aber irgendwie auch die Ernsthaftigkeit, mit der Neil MacLead Mathieson Whisky macht. Denn im strengen Sinne kann eine Fass-Stärke immer nur von einem Einzelfass angegeben werden. Mischt man mehrere Fässer, ändert sich auch der Alkohol dieses „batchs“, wenn auch nur minimal. Und dennoch: Korrekt ist die ungebräuchlichere Bezeichnung „Batch Strength“, auch wenn man damit auf die mitgedachte Romantik eines einzelnen „Casks“ verzichtet. „Es sind rund 30 Fässer“, die ein Batch ausmachen, verriet Stewart Dick dazu. Und diese 6.000 Liter haben es in sich!
Kapselpracker trifft Frühstücksspeck – so lässt sich der erste Eindruck des „Nenn-ihn-nicht-Fass-Stärke“ zusammenfassen. Dazu gruppieren sich die Düfte von Top-Zigarren aus Kuba und ein Klecks Haselnuss-Creme um den hier gar nicht so braven Torfrauch. Auch am Gaumen bleibt es ölig und reichhaltig, die rauchige Grundierung wird von etwas Säure, die man sich wie bei Kapernbeeren vorstellen darf, begleitet. Mit ein paar Tropfen Wasser wird auch klar, dass man sich nicht getäuscht hat. Schließt man den „dram“ aus Skye auf, wird eine attraktive Zitronen-Note spürbar. Sie erinnert an kandierte Zitrusfrüchte. Und wenn man schon beim italienischen Lunch sitzt, darf man das auch als Erinnerung an „Cedrata“, die Zedratzitrone mit ihrem bittersüß-ätherischen Charakter, bezeichnen.
Auch hier schwingt dann bei aller Power der Destillerie-Charakter mit. Denn ganz hinten in der Zahnkavität versteckt sich auch noch das Steinobst. In diesem Fall denkt man an Mispel, wenngleich eine in Speck gerollte. Und explizit sei noch das Pairing dazu gelobt. Den „Batch Strength“ zum Dessert – cremiger, aber nicht süßer Schokolade – zu servieren, ergab ein intensiv-dunkles Zusammenspiel, das uns glatt auf den abschließenden Espresso verzichten ließ!
Bezugsquelle:
Torabhaig, „Cnoc Na Mòine“ (=Legacy Series – Chapter No. 3) kostet EUR 65,- (0,7 l Flasche), der Allt Gleann „Batch Strength“ wird um EUR 69,- angeboten, beide bei Whisky Purbach, www.whisky-purbach.at