Gut, dass es 1801 noch keine Kinderbeihilfe gab in Aberdeen. Die notorisch geizigen Schotten hätten die 12 Kinder der Chivas-Family sonst zur Verzweiflung getrieben. Für uns von Belang sind aber nur John und James, die 1801 ihre Delikatessenhandlung eröfneten. Einige Jahre darauf wurden aus den beiden Händlern Whiskyblender. Der Rest ist – dank der Einführung des von Charles Howard kreierten 25-jährigen Luxuswhiskies von Chivas Regal in New York – Geschichte. Das Rückgrat gibt allen heutigen Chivas-Blends der Brand aus Strathisla, wie Markenbotschafter Max Warner in der Albertina Passage erzählte, wo Bartender Marcus Philipp (Foto) zum Chivas Master gekürt wurde.
Mild in der Jugend
Der heute meistverkaufte Whisky aus dem zu Pernod-Ricard gehörenden Haus ist der 12-jährige Chivas; wobei wie immer der jüngste Brand das „age statement“ definiert. Keiner der hier vermischten Getreidebrände ist also jünger als ein Dutzend Jahre. Seit 1938 gibt es den Klassiker, der mit seiner an Vanille, Toffee und Honig reichen Nase schon seine Milde signalisiert. Auch am Gaumen baut sich der „12 yrs“ langsam auf, nach den zarten Nuss-Honig-Aromen kommt etwas Würze auf, Zimt und andere Kompottgewürze, gemeinhin als „hard spice“ zusammengefaßt, prägen den Abgang. Fügt man – was erlaubt ist – die in Schottland üblichen paar Tropfen Wasser hinzu, explodiert vor allem die Vanille geradezu am Gaumen.
Rauchig von der Insel
Wem das zu süß, zu weich, zu lieb, zu wenig schottisch ist, der sollte seine Nase in ein Kostglas mit dem 18-jährigen Chivas Regal stecken. Karamell und Toffeenoten gibt es zwar zu erschnuppern, vor allem aber drängen sich die Trockenfrüchte (Orange) und besonders selchige Specknoten vor. Masterblender Colin Scott beschreibt seinen Blend zwar nur als als „slightly smoky“, aber das darf als Understatement gelten. Denn de Rauchigkeit, die sich bereits in der Nase andeutete, wird am Gaumen zu einem echten Staatsbürgerschaftsnachweis aus Islay. Von den einzelnen Whiskies im Blend – u. a. wurden noch Glenlivet, Longmore und natürlich Strathisla verschnitten – setzt der Caol Ila die kräftigste Duftmarke. dazwischen wird es etwas ruhiger am Gaumen, doch gegen Ende frischt die Meeresbrise von Islay erneut auf und bringt auch noch das Jod ins Spiel. Kurz gesagt, wer einen Blended Scotch für Single Malt-Freunde sucht, wird hier bestens bedient. Nebenbei ist der kräftige „18 yrs“ auch ein guter Beleg dafür, was die Schotten meinen, wenn sie ihren „Dram“ mit ein paar Tropfen Wasser „zähmen“. Hier paßt das ganz gut.
Distinguiert mit Faßreife
Die legendäre Abfüllung, mit der man zur Weltmarke aufstieg (und in der US-Prohibition auch gleich wieder abstieg), stellte ein 25 Jahre alter Chivas dar. Dessen besann man sich aber erst 2007 und führte die reife Fassung erneut ein. Im deutlich teuersten Whisky des Trios haben die fruchtigen Aromen das Fass längst „überwältigt“, statt der üblichen Noten kommen bereits im Duft Früchte wie Pfirsich und Bergamotte durch. Honig, Rosinen und Nougat findet man im Hintergrund, ein medizinaler Ton schimmert ebenfalls vor. Am Gaumen überrascht die (Alters-)Milde des „25 yrs“. Viel Schokolade rinnt über den Gaumen, das, was an Würze da ist – vor allem weißer Pfeffer – hält sich nobel zurück und bleibt auch nicht allzu lange haften. Statt jugendlicher Kraft oder süßer Zugänglichkeit wartet hier die große Eleganz – die muss man erstens schätzen und kann sie dann zweitens auskosten. Slàinte Mhath!
Bezugsquelle:
Chivas Regal wird in allen drei Varianten bei Killis Getränke geführt; der 12-jährige klassische Whisky kostet EUR 21,99, der 18 Jahre alte EUR 45,99 und der „25 years“ EUR 269,99, www.killis.at