Die Winzer-Version des allseits grassierenden „Start up“-Fiebers funktioniert einfacher: Eine Zweitlinie ermöglicht eine Spielwiese und das langsame Hineinwachsen in den Beruf. Geradezu prototypisch haben das Sigrid und Kerstin Schwertführer vorgezeigt. Durch den jungen Auftritt der beiden Winzerinnen sind auch Kunden auf den altbekannten Heurigenbetrieb 35er Schwertführer (um ihn lokal vom „47er Schwertführer“ zu unterscheiden) aufmerksam geworden, die mit Sooß und der Thermenregion sonst nichts am Hut hatten. Neue Wege, neue Klientel. So kann, so soll es sein.
Das Schwester-Projekt feiert heuer sein fünftes Bestandsjahr. Und in eben diesem Jubiläumsjahr rittert Kerstin Schwertführer (kl. Bild) um die Schlossquadrat-Trophy, der jährlich die besten Winzer unter 30 Jahren kürt. Die Verkostungssession der Sooßerin begann mit einem Gelben Muskateller-Schaumwein. Tja, die Angst vor derlei aromatischen Sparklings hat meist einen Namen: Zuckerschock. Die 18 Gramm Restzucker laut Datenblatt des Weins können viel sein – in diesem Fall passen sie aber. Denn dem sortentypischen Muskat-Duft, von einem rauchigen Pfirsich begleitet, folgt hier keine Wolke süßlichen Holundersirups, sondern ein an Nektarine und etwas Zimtrinder erinnernder 2018er. Die Überraschung hebt er sich für den Schluss auf: Limette und ein ordentlicher Gerbstoff bringen ein Trinkanimo, das man so nicht vermutet hätte. Der frühe Lesezeitpunkt („Wir waren fast zwei Wochen früher dran“, erinnert sich Kerstin Schwertführer an die Ernte) dürfte ein Übriges zu dieser Frische getan haben.
Mit dem nächsten Weißwein wurde der Sortensieger in der Thermenregion, aber auch Gold in der Landesprämierung geholt. Und vor allem ist es ein Weißburgunder, das ewige Stiefkind im angeblich so Weißwein-narrischen Österreich. In diesem Fall kommt der Pinot Blanc aus dem Jahrgang 2017 und duftet nach Grapefruit, Melone und weißfleischiger Birne, das Ganze garniert mit einem ordentlichen „Nusserl“. Gelber Apfel und eine von Beginn weg fast pfeffrige Würze legen sich auf den Gaumen, der Weißburgunder hat aber auch eine zarte Tropenfrucht, die mit ihrer kühlen Ausprägung nur ab und an vorblitzt. Dan darf man an Passionsfrucht denken. Im Finish lebt der 2017er noch auf, er bleibt bis zuletzt lebendig – in früheren Weinbeschreibungen wäre “rassig“ gestanden.
„Top Sigrid“ ist vielleicht der bekannteste Wein des Duos, er führt auch in die Anfänge, denn 2014 startet das Projekt, der Jahrgang 2015 kommt ins Glas. Leder, Speckrauch, etwas Wacholder und Kakaopulver leiten den Wein ein. Es ist der „Steak-Rote“ der Schwertführerinnen und der Blend aus Cabernet Sauvignon, Zweigelt und Merlot kann das. Denn neben seiner satten Zwetschken-Aromatik bringt er auch eine fast bremselnde Würze mit; Schwarzer Pfeffer und Piment melden sich, bleiben aber in Balance mit den anderen bestimmenden Elementen. Etwa den reifen, dunklen Kirschen und einem Hauch Carob („Bockshörndl“). Vor allem der schöne Säure-Touch gibt auch hier eine Art Schlußpointe ab, wie sie mittlerweile fast zum Muster des Schwertführerinnen-Stils zu gehören scheint. Freude garantiert!
Bezugsquelle:
Die Schwertführerinnen, „Gelber Muskateller Sparkling“ 2018 ist um EUR 7,80 erhältlich, der „Pinot Blanc“ 2017 kostet EUR 6,50 und die Cuvée „Top Sigrid“ 2015 ist um 18,90 zu haben, https://schwertfuehrer.at