Es ist nicht das erste Mal und das macht das neue Bier aus Zwettl auch zu einem schönen Symbol. Wie bereits 2017 durften Lehrlinge zum Abschluss ein trinkbares Gesellenstück fertigen. Das gefiel uns bereits seinerzeit beim Wit. Denn das so entstandene Zwettler ist keine Angelegenheit von 20 Kisten Bier für die frischgebackenen Brau- und Getränketechniker Benjamin Pollak und Rene Binder. zum Mitnehmen. Sondern ein breit angebotenes Spezialbier, das sich u. a. auch in der Bockbier-Box der Vereinigung der Culturbrauer wiederfindet.
Denn die beiden Youngster, Waldviertler und alle zwei gelernte Köche vor ihrer Braukarriere, entschieden sich für ein dunkelrotes und naturtrübes Bockbier. Der Name lag nahe, doch die „Reifeprüfung“ als Zwickelbock mit Melanoidin-Malz anzulegen, spricht für den Mut zum Außergewöhnlichen. Der Bräu in der Syrnauer Straße, Karl Schwarz, ist entsprechend „stolz auf die beiden Jungbrauer“. Zumal das mit kräftigen 6,7% gefüllte Bier auch eine hohe „drinkability“ mitbringt, die sich vor allem zu herbstlichen Speisen beweisen wird.
Wir dachten sofort an Schweinsbraten mit Sauerkraut, aber auch Wild (vor allem Ragouts) und Bergkäse jenseits der 15-monatigen Reife sind ein guter „Lernpartner“ in Hinblick auf die genüssliche Reifeprüfung im Glas. Sie wurde natürlich prompt durchgeführt, wenn auch wie immer ohne Speise zur Hand. Das pure Zwettler von Pollak und Binder sollte zu uns „sprechen“.
Angenehm helles Kastanien-Braun mit rotem Schimmer kommt hier ins Glas, bekränzt von einem Elfenbein-farbenem Schaum – der gleich nach gedämpften Maroni duftet. Viel Haselnuss und gezupfte Artischocken-Blätter finden sich ebenfalls im Duft, der damit auch die herben Einträge der Kalthopfung aufblitzen läßt. Wie ein Schokopudding kleidet der Zwickelbock dann cremig den Gaumen aus. Röstbittere, zarte Süße und – dezenter in der Ausprägung – auch Hopfen-Herbe sind allesamt „Boxen“, die man hier ankreuzen kann. Die beiden Gesellen selbst betonen in ihren Kostnotizen auch die Beerennote, sie zeigt sich als saftige Heidelbeere aber nur kurz am mittleren Gaumen. Dafür ist das ebenfalls notierte „harzige“ Element stets präsent – man weiß allerdings kaum, wo genau jetzt die Röstmalz-Bittere in die des Hopfens übergegangen ist. Oder war’s doch umgekehrt?
Vor allem dieses ansatzlose Verschieben der sensorischen Gewichte macht dem Bierkenner ziemlich Spaß: Mal ist die zarte Süße der Nuss-Schokolade da, dann wieder die betonte Bitternote des Hopfens. Ja, diese Reifeprüfung hat man mit Bravour bestanden!
Bezugsquelle:
Zwettler Brauerei, „Reifeprüfung“ ist in der 0,75-Liter-Flasche um EUR 8,70 direkt bei der Brauerei bzw. im Webshop zu beziehen, https://shop.zwettler.at