Der Wein strukturiert nicht nur die Winzer-Leben, auch unsereins kann die Jahreszeiten nach den Verkostungsterminen bestimmen. Zu den beweglichen Festen, wenngleich immer im Mai angesetzt, zählt die lobenswerte Schlossquadrat-Trophy, zu der Stefan Gergely heuer gemeinsam mit der Österr. Weinmarketing (ÖWM) auch schon zum achten Mal lud. Fast so oft mischte sich Trinkprotokoll.at schon unter die verkostenden Gäste in Wien-Margareten, um herauszufinden, welcher Winzer unter 30 Jahren sich den Sieg holt.
Es war nur ein Rotwein im Klassement der sechs Finalisten 2017, wobei die Winzer selbst die beiden Weine wählen, mit denen sie ins Rennen gehen. Und der Zweigelt 2015 brachte der Carnuntumerin Victoria Gottschuly am Ende auch Glück – sie holte die Trophy. Doch auch der Weißwein aus dem 13 Hektar großen Betrieb hatte es in sich. An Lehrmeistern fehlte es ja auch nicht, Topwinzer Walter Glatzer ist ein Onkel (und hielt vor Ort die Daumen), Carnuntums Präsident Robert Payr „mein Nachbar zwei Häuser weiter“, wie es Gottschuly formulierte. Und so wurde der von sandig-lehmigem Grund stammende Muskateller 2016 zwar nicht gegen den Strich gebürstet, aber als weniger „laute“ Variante gekeltert. Sortentypisch, dabei aber verhalten und mit interessanter Pfirsichnote, zeigt sich der mit knapp sieben Gramm Säure pro Liter doch recht knackige Wein. Dieser Frische steht eine von Zitrusaromen (vor allem Grapefruit und Limette) geprägte Frucht zur Seite. Weiters auf der Habenseite zu verbuchen sind eine nicht mit dem tatsächlichen Bodentyp zu erklärende leichte Kreidigkeit im Finish und eine knochentrocken-animierende Grundcharakteristik.
Die 27-Jährige hatte somit unter den vielen Veltlinern einen frischen Weißen am Start, dann aber den wertigen, aber auch bei den warmen Aussen-Temperaturen des heurigen Finales nicht zu massiven Zweigelt eingeschenkt. Er zeugt vom Fingerspitzengefühl bei der Arbeit mit Holz. Denn für den 15-monatigen Reifeprozess in französischen Fässern kommen zu 60% erstbefüllte Fässer zum Einsatz. Die Provenienz der Barriques ist dabei prominent, neben Seguin-Moreau bezieht man sie auch von der Tonnellerie Radoux, die mit ihrem patentierten Eichenscanner besonders feine Abstufungen im Tanningehalt ihrer Gebinde ausweisen können. Im Ergebnis zeigt das ein feine Klinge, bei der das Holz immer im Hintergrund bleibt.
Die violette Randaufhellung, ein Indiz für den Zweigelt, ist da, der Duft im Glas bewegt sich aber weg von der Zwetschke. Stattdessen findet sich die vor allem aus Obstbränden bekannte Note der Traubenkirsche, dazu Cranberry und roter Apfel. Man merkt, es liegt ein Wein vor, der Frucht, Säure der Jugend und eine etwas gerbstoffige Anlage verbindet. Der Kostschluck bestätigt dieses Vor-Urteil: Saftig und dann immer ruhiger verhauchend beginnt die Frucht. Wieder denkt man an reife, nicht süßlich-breite Kirsche, die im Abgang in einer fast ätherischen Art verklingt. Das ist nicht nur aufgrund der Jugend des 2015ers beachtlich, sondern auch weil 14 Volumsprozent Alkohol zu Buche stehen, die schlichtweg versteckt sind in diesem finessenreichen Wein, der einmal mehr zeigt, das Carnuntum dieser oft geschmähten Sorte immer noch den besten Ausdruck zu geben vermag. Auch und gerade mit jungen Winzern wie Victoria Gottschuly.
Bezugsquelle:
Weingut Gottschuly-Grassl, Gelber Muskateller 2016 ist um EUR 8,- erhältlich, der Zweigelt „Hoher Weg“ 2015 um EUR 13,50, bei ab Hof, www.gottschuly.at