Der Mann, der ein wenig an den großen Lee J. Cobb im Film „Der Exorzist“ erinnert, ist zufrieden. Der filmische Vergleich drängt sich auf, schließlich sitzen wir über der (Fritz) Lang-Bar im Berliner Waldorf Astoria mit Drew Mayville. Der in Europa weniger bekannte Master Blender verantwortet einige der meist-prämierten Whiskeys der USA. Nach Jahren bei Seagram, einst die Nr. 1 der Spirituosenwelt, und Diageo, dem heutigen Weltmarktführer, werkt Mister Mayville heute für die Buffalo Trace Distillery. Und seine Zufriedenheit gründet auf seinem erneuten Blick in die Regale der europäischen Bars: „Wenn man vor sechs Jahren in Bars gekommen ist, sah man deutlich weniger Bourbon. Die Leute interessieren sich mehr und stellen auch Fragen“.
Letzteres tun auch wir, während wir den Bourbon-Baron mit seinen 37 Berufsjahren neben und haben. Doch vor allem kosten wir die Abfüllungen aus den von Mayville gemanagten Warehouses. „Das Produkt selbst muss überzeugen, nicht die Werbung dafür“, notieren wir, während der zehn Jahre gelagerte „Eagle Rare“ im Glas tanzt. Die pure Haselnuss im Duft erinnert an Manner Schnitten, dazu kommt ein herber Duft, irgendwo zwischen schwarzen Oliven und Lorbeer. Doch die Nase führt hier in die Irre, der Schoko ist die Dominante am Gaumen; parallel zu einer deutlichen Malzigkeit baut sich der Schmelz der Milchschokolade hier auf – nur um dann in einem betont trockenen Finish zu kollabieren. Dort wo anderswo karamellige Süße pappig nachhängt am Gaumenzäpfchen, ist hier ein würzig-rauer Nachhall zu spüren.
Das hat schon Klasse, doch es gibt noch eine faszinierendere Aromen-Abfolge. Denn Limette und Minze riecht man eher selten im American Whiskey. Konkret strömen sie als Düfte aus dem „Sazerac Straight Rye“-Flascherl. „Über Rezepte sprechen wir nie“, muss Drew Mayville passen, als wir den Roggen-Anteil dieser „mash bill“ erfahren wollen. Über 51% sind es laut Gesetz, dem der sechs Jahre alte Rye Whiskey unterworfen ist. Erst allmählich kommt die Pumpernickel-Note in der Nase durch, auch der Gaumen lässt sich Zeit, den Roggen aufzuspüren.
Denn anfangs überwiegt ein süßer Beginn: Milchschokolade, frisch von einem „Mars“-Riegel geschabt und noch mit einem Klecks Karamellcreme dran. Der Punch des Roggens schlägt danach ein; er wird immer merklicher und verdrängt die Mais-Süße in Form einer fast schon an Kümmel-Plätzchen erinnernden Würze am Ende zur Gänze.
Mit einem Glas vom Colonel E. H. Taylor „Single Barrel Kentucky Straight Bourbon“ klingt der Abend im Berliner Waldorf aus. 50% Alkohol stehen zu Buche, doch die entdeckt die Nase nicht – ein gutes Zeichen. Und es wird noch besser, denn dieser Whiskey erreicht regelmäßig Spitzenbewertungen. Selbst für ungeübte Koster wird seine Würze unübersehbar: Mit der dezenten Vanille-Note und den kräftigen, würzige untermalten Schokolade-Noten erinnert der Bourbon im Duft an „Maltesers“, die alten Gebäckkugeln.
Der Kostschluck liefert dann ab der ersten Sekunde „spicyness“ – auf die würzigen Noten folgt aber ein unerwartet tropischer Kern, der an Ananas erinnert, aber auch an reifen Pfirsichen vorbeischrammt. Viel Frucht schmeichelt dem Gaumen bei wohlgemerkt nicht schwachem Alkohol, doch erst im Finish wird es kräftiger. Dann folgt auf den Pfefferakkord ein langer und intensiver Nachhall. Ein trockenes Finish, aber nach einem überaus reichhaltigen Whisky-Abend. Wir sagen in zweifacher Hinsicht: „Thanks, Mr. Mayville“!
Bezugsquellen:
Buffalo Trace, „Eagle Rare 10 years Kentucky Straight Bourbon“ ist um EUR 48 (0,75 Liter-Flasche) bei Getränke Del Fabro erhältlich, http://delfabro.at
Den „Sazerac Straight Rye 6 years“ gibt es um EUR 69,90 bei Dr. Kochan, www.schnapskultur.de
Colonel E.H. Taylor „Single Barrel Kentucky Straight Bourbon” ist um EUR 129 im Weisshaus-Shop erhältlich, www.weisshaus-shop.at