Nur mehr zwei Mal schlafen. Würden Kleinkinder Wein trinken dürfen, dann könnte man sie so einstimmen auf den 13. und 14. August, wenn sich nach langer Event-Karenz in Neckenmarkt die Kellertüren öffnen. Doch in unserer Vorschau auf die Rotweintage 2021 fehlen noch einige Winzer. Weshalb auf Teil 1 (Blaufränkisch) und Teil 2 (Cuvées) nun wenig überraschend Teil 3 der Neckenmarkter Trinkprotokolle folgt.
So ist zum Beispiel auch der größte Betrieb des Orts, die Genossenschaft mit dem selbst erklärenden Namen Neckenmarkt die Winzer am zwei-tägigen Festival vertreten. Und das durchaus mit geschwellter Brust. Nicht wegen der 280 Hektar umfassenden Vertragsweingärten oder weil Kellermeister Gerald Wieder dem veranstaltenden Weinbauverein vorsteht, sondern als frisch gebackener Landessieger. „Herosus“ heißt der heldenhafte Blaufränkisch, der diesen Lorbeer holte, und stammt aus dem Jahrgang 2018.
Es ist ein Wein, der im Duft bereits mit dunkelbeerigem Charme – für uns vor allem von Heidelbeeren geprägt – prunkt. Die würzige Seite der Rebsorte zeigt sich in einem würzigen Kräuter-Ton, der an Thymian erinnert. Für seine Jugend ist der „Herosus“ bereits schön ausbalanciert; dezenter Gerbstoff und eine feine Säure sorgen für die Begleitmusik zu einem saftigen und fruchtsüßen Beeren-Mix. Diesmal denkt man eher an Brombeeren, wenn der Nachdruck dieses „BF“ spürbar wird am Gaumen. Bereits jetzt bestens in Form, aber auch noch mit ordentlichem Lagerpotenzial.
Ebenfalls mit einer aktuellen Auszeichnung – 97 von 100 Punkten und dem Kategoriesieg bei A la carte – schenkt Stefan Wellanschitz Kostproben aus. Der „Sonnensteig“ hat einen sprechenden Namen, denn die Südost-Lage hart an der ungarischen Grenze ist so etwas wie der „Grand cru“ des Hauses. Neben den Sonnenstunden sorgt auch das Silikatgestein für Wärme-Abstrahlung. Der Vorteil, in den Worten des Winzers: „Optimale, gleichmäßige Reifung der Beeren“. Wellanschitz läßt dem Wein auch Zeit im Fass, der aktuelle Jahrgang 2017 wurde erst im Vorjahr gefüllt. 30 Monate im Holzfass haben eine dunkle Aromatik hervorgebracht, bei der die Frucht allerdings sämtliche plakativen Holzwürze-Töne „aufgesaugt“ hat. So duftet er nach Küchenkräutern, vor allem aber einer Mischung aus Brombeere und dunklen Weichseln, die enorm einladend wirkt.
Das auffälligste Merkmal am Gaumen ist aber die Lebendigkeit des „Sonnensteigs“. Fast prickelnd-mineralische Noten wie ein Schluck Meerwasser bringt er mit. Die Frucht wirkt heller am Gaumen, hier sind es zuvorderst saftige Kirschen, die aber stets auch mit einer Tiefendimension aufwarten: Da blitzt wieder herbe Kräuterwürze (etwas Lorbeer) durch, dort ist es eine salzige Spur und dazwischen strahlt auch etwas Säure auf. Wie ein Relief scheint dieser Rotwein in die Tiefe gearbeitet worden zu sein – in jeder Hinsicht großer Blaufränkisch, der in drei, vier Jahren vielleicht sogar noch mehr zeigen wird, wie viel Eleganz dieser 2017er besitzt.
Schön für Weinfreunde ist, dass sich bei den Weintagen die Mischung aus Bundessiegern und Geheimtipps erleben läßt, die sich die markanten Neckenmarkter Rieden teilen. Das Weingut Kerstinger gehört trotz einer Größe von 14 Hektar noch zu den Betrieben, die entdeckt werden sollten. Im Weingarten ist Marianne Kerstinger die Chefin, während Hans Kerstinger im Keller tätig ist. Auf Zukauf verzichtet man, dafür vertraut man den Erträgen der beiden Paraderieden Hochberg und Bodigraben. Und wo wir davon reden: Ihr Blaufränkisch aus der Riede Bodigraben verdient im Jahrgang 2019 vor allem ein Prädikat: intensiv!
Brombeer-Likör, etwas Teer und auch erdige Würze zeigen im Duft schon die Herkunft an. Denn der Eisengehalt dieser Lage ist vergleichsweise hoch, der rote Glimmerschiefer sorgt ebenfalls für eine ausgeprägte Herkunftssignatur. Fast elegant tritt Kerstingers Wein auf, die saftigen Heidelbeeren und etwas Walnuss-Creme lullen einen aber nur kurz ein. Denn nach hinten hinaus geht dieser Rote richtiggehend in Würze auf: Rosmarin, etwas Dörrzwetschke und Plantagenschoko lassen den „Bodigraben“ noch lange nachklingen.
BF Reserve als saftiger Film aus Kirsche: „L 1“
Will man Neulingen das Gebiet vorstellen, eignet sich oft eine Reserve besser als jugendlicher Blaufränkisch. Ein idealer Kandidat, weil er so wunderbar Sorte und Gebiet transportiert, ist dabei der „L 1“. Die Initiale von Stefan Lang kennzeichnet eine Blaufränkisch Reserve des Jahrgangs 2018. Die Trauben stammen vom Hochberg und bieten aktuell Sauerkirsche pur. Vielleicht auch etwas säurige Heidelbeere. Der „L 1“ geizt aber nicht mit würzigen Aromen: Roggen-Knäckebrot, so schräg das klingt, dazu frischer Steinpilz und auch ein Touch Wacholder ist zu erriechen. Wie ein saftiger Film aus Kirsche kleidet diese Reserve den Mundraum aus!
Sortentypisch und fast fleischig ist der erste Schluck, das Ganze bestens gestützt von einer Säure, die wie ein Katarakt über die Eichenfass-Noten stürzt. Diese dunklen, recht schokoladigen, aber niemals vanilligen, Reifetöne bilden den Mittelteil. Doch ihr Tee-feines Tannin kann den Druck und das Trinkanimo dieses Lang-Rotweins nicht bremsen. Klar, da wartet auch noch einige Zeit, doch wer den „L 1“ heute schon öffnet, wird keinesfalls enttäuscht. Quasi ein Mittelburgenländer, der immer „geht“!
Bezugsquellen:
Neckenmarkt die Winzer, Blaufränkisch Reserve „Herosus“ 2018 ist um EUR 12 im Betrieb bzw. über den Webshop der Genossenschaft zu haben, www.neckenmarkt.at
Weingut Wellanschitz, Blaufränkisch „Sonnensteig“ 2017 kostet EUR 42 ab Hof bzw. im Wellanschitz-Webshop, https://wellanschitz.at/shop/
Weingut Kerstinger, Blaufränkisch „Bodigraben“ 2019 ist um EUR 6 ab Hof bzw. via Online-Bestellung erhältlich, https://kerstinger.hafners.eu
Rotweine Lang, Blaufränkisch Reserve „L1“ 2018 kostet EUR 17,90 ab Hof oder via Webshop, www.rotweinelang.at