Durch die Hügel von Radda führt der Weg ins Chianti-Schloss Castello d’Albola. Das erste Glas, das Lorenzo Zonin aus der Eigentümerfamilie und Winemaker Alessandro Gallo reichten, war ein Chianti Classico Riserva 2009. Der Duft vibriert vor fruchtigen Noten: Walderdbeere in Reinkultur trifft auf Malve und Hibiskus (je länger er atmen durfte, umso „blumiger“ wurde er). Doch Steinpilze und das wilde Flair von Waldboden und Unterholz, sorgen im Hintergrund dafür, dass es mehr als eine nasale Fruchtbombe wird. Am Gaumen ist der klassische Chianti ebenfalls rotfruchtig, die jugendliche Säure lässt am ehesten an Weichsel denken. Ziegelstein, aber auch etwas grüner Pfeffer, der gegen den Abgang hin aufdreht, flankieren den kirschigen Geschmack, momentan hat aber noch das Tannin das Sagen.
Weiter ist da schon der Jahrgang 2006, der bereits in der Nase breiter angelegt wirkt, neben den Beerentönen kommt hier auch Marzipan und Milchschokolade durch. Dank der hohen Säure ist er am Gaumen weniger altersmilde; Himbeeren und etwas grüne Würze (Minze und Thymian) sorgen vor allem im Finish für eine lange Begegnung.
Blaue Beeren aus der Toskana
Die Cuvée „Acciaiolo“ (Reifezeit: 14 Monate im Barrique, je 6 im Stahl und in der Flasche) zeigte sich im Jahrgangsvergleich ebenfalls deutlich unterschiedlich: Der 2007er wartet mit leichtem Yoghurt-Ton, Weichsel und auch etwas Ledersattel im Geruch auf. Der Cabernet, der hier mit Sangiovese im Verhältnis von ungefähr 1:2 verschnitten wird, war offensichtlich bestens gereift; Cassis und dunkle Noten von Kaffeebohne und Wacholder sorgen für ein intensives Mundgefühl. Dicht und mächtig, in jedem Fall sehr italien-typisch, wenn man so sagen will, kommt der Blend auf den Gaumen.
2004 hingegen hat aus den dunklen Aromen wieder fruchtige Akzente gemacht, dunkelbeerig in der Nase, an Heidelbeere und Schokobrownie gemahnend, offeriert er auch am Gaumen eine „Rhapsody in Blue“. Brombeeren, Heidelbeere, schmelzig und reif, dazu immer noch ein stützendes Tannin und die etwas in den Hintergrund gerückte, aber stützende Säure des Sangiovese machen einen überkompletten Wein daraus. Vielleicht noch nicht ganz am Höhepunkt, aber auf einem ersten Plateau sicher.
P.S.: Der momentan hochwertigste Wein der Chianti-Klassifikation, die Gran Selezione, heißt hier „Solatio“, der erste Jahrgang 2010 erinnert fast an Spiced Rum in der Nase – Kokos, Gewürznelken und Kardamom hat ihm das Fass mitgegeben. Die Selektion des besten Materials aus einer Einzellage des Sangiovese ist dicht wie ein Espresso und noch berstend voll mit Tannin. Aber bitte vormerken!
Bezugsquelle:
Castello D’Albola, Chianti Classico Riserva 2008 ist um EUR 20,30 erhältlich, der Acciaiolo 2011 um EUR 56,70, jeweils bei Getränke del Fabro, www.delfabro.at