Die Weine des Wagrams stellen traditionell die Winzer selbst vor bei der Jahres-Präsentation in Wien. Die heurige „Doppel-Conférence“ übernahmen Thomas Schuster und Leopold Blauensteiner (kleines Bild rechts). Doch der heimliche Star war wieder der Rote Veltliner, jene Rarität von gestern, die mittlerweile schon wieder 200 Hektar umfaßt in Österreich. Und deren Löwenanteil eben in den Rieden am Wogenrain, besser bekannt als Wagram oder – unter Tullnerfeldern – als „Wograum“, steht. Einfach macht es der neben dem Grünen Veltliner regional so gehegte Rote den Winzern nicht: „Unter 17 Grad Klosterneuburger Mostwaage ist es einfach weisser Wein“, faßt es ein Kenner zusammen, der damit seine Skepsis bezüglich der nur in Spitzenjahren erblühenden Rebe äußerte.
Es ist ein „Wenn-Dann aber“-Wein: Passen alle Parameter gibt es in seinem Fruchtreichtum, seiner exotischen Anlage und Üppigkeit außer dem Rotgipfler vermutlich keine heimische Sorte, die so barock ins (hoffentlich bauchig-große) Weinglas kommt. Will man einen Kurs im Erkennen von Tropenfrucht-Gerüchen machen, setze man die Auszubildenden vor eine Batterie von Roten Veltlinern.
Schuster selbst hatte mit seinem „Valvinea“ aus der Lage Eisenhut einen 2013er Roten Veltliner mit langer Maische-Standzeit und Lagerung im großen Holzfass mitgebracht. Mit seinen Papaya- und Guaven-Noten, die er sowohl in der Nase wie am Gaumen zeigt, steht dieser für die kühlere Tropenfrucht der Sorte, die bisweilen in eine fast expressive Mango-Note ausapert. Hier allerdings sorgt ein Rest von Säure für einen guten Trinkfluss und eine Aromatik der Sorte „sweet and sour“, die den 2013 „Valvinea“ als guten Speisenbegleiter zur Asia-Küche ausweist.
Einer der erfolgreichsten Sorten-Spezialisten ist der Zaussenberger Winzer Josef Fritz, der einen längst vergriffenen Wein aus der Magnum servierte. „Steinberg“ 2011 duftet reif und wuchtig, eine karamellisierte Ananas blendet sich von selbst im Vorspann des Kopfkinos ein. Dazu kommen fruchtsatte Eindrücke wie Bananenmark, Demerara-Zucker und weiße Schokolade (der Marke „Junior“). Mit einer auch bei 14% noch merklichen jugendlichen Säure klingt dieser Prototyp eines reifen Roten Veltliners aus. Der aktuelle „Steinberg“ wiederum erinnert mit seiner Art an Mango-Lassi mit Kreide-Ton. Der wie durch einen Schleier wahrgenommene gelbfruchtig-exotische Zug kommt noch jugendlicher daher – der Wein war erst drei Wochen gefüllt – aber auch hier drängen sich die Vergleiche vom Tropenfrucht-Stand nur so auf. Aber eben: Mango, nicht Papaya.
Ganz eigene Wege mit der Sorte beschreitet der Biowinzer Stefan Mehofer. „Die schlankere Art hat er bewußt, das ist meins“, erklärt der Großriedenthaler Neo-Gastronom („Wirtshaus im Lösshof“) zu seinem Roten Veltliner „Riesmein“. Duftig nach Ringlotten, Nektarine und etwas Mandeln, kommen bei diesem 12,5% leichten Wein erst allmählich expressivere Fruchtnoten durch. Das elegante Gesicht der Sorte zeigt sich in Kumquat- und dezenten Lychee-Aromen. Hier muss man umdenken in Sachen Roter Veltliner und zuhören können. Das Schöne daran: Wir haben nicht nur die Sorte wieder, sondern auch eine solche Varianz in ihrem Ausdruck.
Riesling, Wograum-Style: Blauensteiners Gmirk
Während als der Rote Veltliner sich allmählich in unterschiedliche Spielarten auffächert und gedeiht, sieht es für den Riesling immer schlechter aus. „Er wird weniger“, bestätigt der Gösinger Leopold Blauensteiner, viele Winzer würden ihre Anlagen auflassen, denn mit dem mineralischen Stil des nahen Kamptals oder der Leichtigkeit des Traisentals hat der Sortenausdruck hier wenig gemeinsam. Lässt man die – auch von Winzern gepflegten – Vorurteile einmal zu Hause, gibt es dann aber auch Weine wie den „Gmirk“ zu entdecken. Blauensteiners 2015er Rheinriesling duftet jetzt schon reif wie die türkische Süßigkeit Lokum, auch Mango-Noten und eine generelle Saftigkeit sind zu erschnuppern. Amerikaner würden das schlicht als „juicy“ Riesling abspeichern.
Auch der erste Schluck ist pure Fruchtigkeit, diesmal scheint der gelbe Früchtekorb mehr mit Bananen gefüllt zu sein, doch sorgt ein zarte Zug von Würze – nennen wir es Alpenkräuter! – auch dafür, dass dieser Riesling eine gewissen Süffigkeit besitzt. Wer an Spargel mit Sauce Hollandaise zum Mittagessen denkt, sollte sich diesen Wein als Begleiter einmal ansehen. Dosierte Kräfte und eine leichte Buttrigkeit machen ihn zu einem echten „Wograumer“ – bei aller Liebe zum Roten Veltliner, die wir in uns tragen!
Bezugsquellen:
Weingut Schuster, Roter Veltliner „Valvinea“ 2013, wird um EUR 12 ab Hof angeboten, www.weingut-schuster.at
Josef Fritz, Roter Veltliner „Steinberg“ 2015, ist um EUR 14 ab Hof erhältlich, www.weingut-fritz.at
Weingut Mehofer-Neudeggerhof, Roter Veltliner „Riesmein“ 2015, kostet EUR 8 ab Hof, www.mehofer.at
Leopold Blauensteiner, Riesling „Gmirk“ 2015, ist um EUR 8,50 ab Hof erhältlich, www.blauensteiner.com