Als großes Fest der Biodynamie erwies sich das Jubiläum „50 Jahre Demeter“ in Othmar Holzingers Naturkost-Paradies „St. Josef“ in der Wiener Zollergasse. Gefeiert wurde der gemeinsame Auftritt der Produzenten im Rahmen eines Vereins, denn der Wurzerhof in St. Veit/Glan feiert als ältester Demeter-Betrieb gar 92 Jahre. Er entstand also nur unwesentlich später als die 1924 gehaltenen Landwirtschaftsvorträge Rudolf Steiners.
Für uns war vor allem die Präsenz der biodynamischen Winzer beim Fest interessant, denn so ließ sich Neues aus dem Seewinkel (Berthold Haiders quicklebendige Pet Nats) entdecken und endlich die gefeierten Sausaler Rotweine Karl Schnabels (u. a. Blaufränkisch aus der Südsteiermark!) kosten.
Hängen blieben wir aber bei Nikolaus Saahs, der auch in der „50 Jahre“-Diskussion klar machte, das Bio-Wein zunächst einmal schmecken müsse. Der kluge Nachsatz: „Was jedem schmeckt, ist etwas sehr Individuelles, aber ich würde sagen, dass Demeter-Weine bekömmlicher sind“. Zumal das Reglement den Winzern gerade einmal 12 Mittel im Weingarten erlaubt, wobei die als Tees angesetzten „Spritzmittel“ praktisch alle auch getrunken werden könnten. A propos Trinken: Der Mauterner Winzer, einer der wenigen Österreicher im Club der „100 Parker-Punkte“-Weine, hatte ein neues Federspiel namens „Vom Stein“ mit. „An sich fülle ich den immer erst nach 12 Jahren“, so Niki Saahs. Doch der Markt – aber auch die Platzverhältnisse im Nikolaihof-Keller – legten nahe, eine „Frühfüllung“ des Rieslings mit lediglich sechs Jahren anzubieten.
Der 2011er, der im Vorjahr aus dem großen Holzfass gefüllt wurde, bringt zum einen die typische Weingarten-Pfirsich-Note der Rebsorte mit. Auf der anderen Seite aber ist er von einer Curry-Würze geprägt, die zart erdige Töne wie ein Linsen-Dal mitbringt. Punjab trifft Wachau! Dem expressiven Duft folgt beim „Vom Stein“ eine subtilere Art am Gaumen; hier ist es zunächst der saftige, zitrus-fruchtige Schmelz von Blutorangen, der auffällt. Erst allmählich gesellt sich eine würzig-herbe Ader hinzu, in der man – vor allem gegen den Abgang zu – auch dezente Säure ausmachen kann. Mit dieser feinen Klinge, die jederzeit für eine Parade bereit ist, bleibt er noch lange im Hall präsent.
Noch jugendlicher wirkt aktuell der 2015er „Steiner Hund“, ein Riesling, der im Juni dieses Jahres gefüllt wurde. Reife Duftnoten nach saftiger Nektarine und Salz-Zitronen, aber auch einer noch dampfenden Peperonata machen den Auftakt. Der erste Kontakt ist balanciert, noch reißt aber der Gerbstoff das letzte Drittel am Gaumen an sich und behauptet diesen Platz. Dabei zeichnet sich der Fruchtextrakt schon ab: Yuzu und Marille stehen zu Buche – hier braucht man schlicht noch Geduld. Hat man sie nicht, dann bitte diesen Wein dekantieren, rät der Winzer zurecht.
Geduld beweist der Nikolaihof auch bei seinem „Steinriesler“, einem Kunstwort aus der Lage Stein und dem Synonym für den Riesling. Saahs‘ 2007er ist nun in der Tat die ältere Version des bereits verkosteten „Vom Stein“ und steht nach 12 Jahren (!) im 12.000-Liter-Fass deutlich anders da. Der pure Rauch legt sich hier über ein Bett aus geschnittenem Porree (wer Lauch-Feinspitz sein sollte: eher der weiße, denn der grüne Teil). Die Nussigkeit eines Weißmohns mengt sich dazwischen, der Boden kommt hier deutlich vor der Frucht der Sorte im Duft. Der Kostschluck ist überaus saftig, der 2007er Riesling vibriert fast vor Leben – Zitrusfrüchte, gelbe Paprika und eine säurige Nektarine legen mit der Zeit immer mehr an Ausdruck zu. Wenn man diese Spannung und Tiefgründigkeit der Aromen „bekömmlich“ nennt, dann hat Nikolaus Saahs in jedem Falle recht mit seiner Einschätzung der Demeter-Weine.
Bezugsquelle:
Nikolaihof, Riesling „Vom Stein“ (Federspiel) 2011 kostet EUR 20, der Riesling „Steiner Hund“ 2015 EUR 34 und der Riesling „Steinriesler“ 2007 ist um EUR 36 zu haben, alle ab Hof, www.nikolaihof.at