Wer den Karneval in Puerto Plata kennt, hat das rot-blaue Etikett auch schon gesehen. Denn in der Dominikanischen Republik treten ganz Gruppen mit den Farben der Destillerie Brugal auf. In seiner karibischen Heimat ist die Marke der beliebteste Rum. Dass er auch bei uns bekannter wird, daran arbeitet ein Mann von den Niederländischen Antillen: Chioke Akil Rosalia kostete sich mit uns durch’s Portfolio, das am Firmensitz Puerto Plata abgefüllt, aber im Landesinneren destilliert wird. Die Traditionen hält man hoch an der Bernstein-Küste, Maestro Ronero etwa wird man nur als gebürtiger Brugal. So will es das Familiengesetz, seit man 1888 mit dem Destillieren begann.
250.000 Fässer, der Großteil davon wird von Jim Beam bezogen und beinhaltete davor Bourbon, bilden die Basis der Abfüllungen. Lediglich der „1888“ und der Super-Rum „Siglo d’oro“ erfahren ein Finish in Sherry-Fässern, von denen ein Teil von der Single Malt-Destillerie Macallan benutzt wurde und so auch Whiskynoten mitbringt.
Doch wie immer erkennt man am weißen Rum, wie gearbeitet wird. Der „Extra Dry“ so Chioke Akil Rosalia paßt für alle Rezepte, in denen normalerweise Wodka oder Gin zum Einsatz kommt. Ein weisser Brugal mit Tonic „und entweder Vanillesirup oder Passionsfrucht“ wäre die tropische Drink-Empfehlung des 35-jährigen. Der Blanco Especial, so der „technische“ Name des Extra Dry, wird dreifach filtriert. Die Weichheit verdankt sich diesem Prozess, aber auch einer ganz kurzen Fasslagerung, die ihn aromatischer macht.
In der Nase bemerkt man neben der Milchkaffee-Note auch einen Hauch Vanille, kurz riecht der Rum fast wie Eierlikör, so cremig wirken die Aromen, zu denen auch Marshmallow und Nougat-Schokoladen gehören. Am Gaumen wirkt der Extra Dry jedenfalls recht weich und trotz seiner 40 Volumsprozente sanft, wieder ist da die dezente Vanillenote, aber auch die Schokonote. Mit der leicht erdigen Note am Schluss versteht man auch die Wodka-Analogie, da schmecken manche mehrfach filtrierte Vertreter ganz ähnlich.
Der Anejo verstärkt diese Schoko-Ähnlichkeit noch, er schmeckt wie ein flüssiges „Milky Way“. Bereits im Geruch kommt zu den Schokolade-Noten auch Zimt und etwas Gewürznelke, aber auch geröstete Nüsse. Am Gaumen wird es weich und cremig, wieder sehr viel Milchschokolade und ein weihnachtlicher Gewürzmix, insgesamt ist er aber fast ein wenig zu brav. Doch Señor Rosalia gießt nach – und zwar vom älteren braunen Rum. Das Etikett des „XV“ erinnert ans Alte Rom, allerdings spielt der „Ix-Wie“ gesprochene Brugal auf Extra (viejo) an, daher das X. Aber er ehrt auch die fünfte Generation der Familie, die den 38%-igen Rum produziert, daher der römische Fünfer, das „Wie“.
Es duftet nach Haselnuss, frisch geschnittene Erdbeeren, dazu auch Orangenzeste – das riecht schon ganz anders als die schoko-weichen Vorgänger. Höchst elegant wirkt dieser gereifte Rum, der würzig mit Anklängen von Kurkuma und Zimt beginnt, dann aber immer fruchtiger wird. Anders als es die Nase erwarten lässt, klingt dieser Rum im Cognac-Kleid mit dezenten roten Früchten aus: Himbeere und Kirsche werden erst im Abgang bemerkbar.
Rum ist so vielfältig: Es gibt etwas für Gin-Trinker, aber auch für Liebhaber gereifter Cognacs oder Armagnacs.
Chioke Akil Rosalia, „Brugal“-Botschafter
Dass Rum gerade eine Renaissance, vor allem bei solchen länger gelagerten Qualitäten erfährt, wundert Chioke nicht. „Bevor man weltweit exportiert, geht die beste Qualität immer in die nähere Umgebung“, lacht er. Entsprechend spät sei das dominikanische Nationalgetränk außerhalb der Karibik entdeckt worden, „aber das war auch beim Tequila so“.
Ein komplexes Produkt, das das Gründungsdatum der Destillerie als Namen führt, macht daher den Abschluss. Der „1888“ kommt dunkelbraun ins Glas und verströmt dort ein ganzes Potpourri an Düften: Vanille, Kreuzkümmel (!), aber auch Kardamom und eine doch merkliche Sherry-Note. Man will es nicht beschwören, aber die leicht salzige Note erinnert mehr an Manzanilla als Pedro Ximenez. Doch bevor wir über Fasshölzer halluzinieren, kosten wir lieber. Erdig im Beginn, entwickelt der „1888“ satte Schokolade-Noten, ehe er zu einem ganzen Gewürzkasterl mutiert. Kurz vorm Finish erfolgt dann die alkoholische Explosion, die 40% drehen aber in ein Rückaroma ab, das an Brombeeren und Heidelbeeren erinnert. Wem das jetzt zuviel Trinkpoesie war – dieser exklusive Brugal ist einfach vielschichtig. Und definitiv viel zu schade zum Mischen.
Bezugsquelle:
Brugal, Blanco Especial „Extra Dry“ kostet EUR 16,10, der braune Anejo EUR 18,60, der rund acht Jahre gelagerte „XV“ ist um EUR 36,30 bei Getränke Del Fabro erhältlich und der „1888“ um EUR 82,20 (alle in der 0,7 Liter-Flasche), www.delfabro.at