Über die Liebe der Vulkanland-Winzer zu den recht neuen PIWI-Rebsorten war schon in Folge 1 dieses vinophilen Streifzugs durch die Südoststeiermark zu lesen. Und Josef Totter hat seinen Start als Nebenerwerbswinzer ebenfalls mit diesen resistenten Neuzüchtungen begonnen. Denn ursprünglich konstruierte er Motorrad-Motoren (für Beta, wer sich in der Szene auskennt), ehe die kleine Landwirtschaft mit Spontangärung und Amphoren als Reifegefäßen für unkonventionelle Weine sorgte. Man könnte auch sagen: Der Muscaris ist seines! Das beginnt mit einem britzelig-fizzigen Schluck vom Pet Nat aus Jagerberg. Er entspricht der spontanen Weinbereitung Totters, wo eben jede Flasche des perligen Weins nach der mèthode ancestrale (=einfache Flaschengärung) ein wenig anders ausfällt. Diese riecht riecht nach Baby-Ananas, Birne und vor allem nach Holunderblüten-Sirup – die Verwandtschaft der PIWI-Traube zum Muskat ist nicht zu verleugnen.
Im Mund wirkt das dann wie ein Zitronensorbet, wenn auch eines mit wärmendem Gerbstoff. Wie so oft bei Muskatsorten ist auch der traubige Geschmack ausgeprägt. Feine Säure und ein angenehmes Mousseux gesellen sich zu den fruchtigen Geschmacksnoten. Final wird es dann etwas herber; mit einem Grüntee-Bitterl und einem Haucherl Jasmin klingt der Pet Nat (den Totter „Pat Nat“ etikettiert) aus. Und die Etiketten unterstreichen den etwas anderen Zugang des Steirers. Sie variieren tanzende Figuren und rote Weingläser. Doch zurück zu den PIWIs, aus denen auch eine Cuvée namens „Salon Helga“ (mit Souvignier gris als Partner des Muscaris) entsteht!
Noch deutlicher wird die „muskatige“ Verwandtschaft der Leitsorte Totters beim 2020er „Organic“, einem reinsortigen, „stillen“ Muscaris. Er duftet glockenhell wie ein Gelber Muskateller, die blumig-expressive Art erinnert aber auch an einen Gang durch ein Orchideenhaus. Was beides nicht auf die animierend herbe Art dieses Weins vorbereitet. Mal denkt man bei seiner engmaschigen Bitterkeit an einen Schluck Kaffee, dann schweifen die Assoziationen eher in Richtung italienischem Bitteraperitiv. In jedem Fall ist der „Organic“ ein wunderbarer Appetitanreger, der einen schon mal einspeicheln läßt mit der zitrusherben Art.
Die Steigerung dazu kündigt sich schon farblich an: Ohrenschmalz-gelb kommt der 2018er Muscaris namens „Laurenz“ ins Glas. Es ist also ein auf der Maische vergorener PIWI-Wein, der ein breites Duftspektrum zwischen Hollerblüten (erneut also dieser Sortenduft!), Käsepappel-Tee und leichter Honig-Süße zeigt. Der Kostschluck bringt dann viel Frucht, namentlich Steinobst, aber keine Süße mit. Da sei der Gerbstoff vor! Er wurde ebenfalls ordentlich aus der Beerenhaut gelöst, womit sich für den fast schon Riesling-artigen Pfirsich-Geschmack ein perfekter Gegenspieler ergibt. Und spielen mögen sie. Wunderbar trinkanimierend wird dieser Muscaris. Und er haut final auch noch eine nussige Note hinaus, die wie die Butterbrösel zu einem Marillenknödel passen. Im früheren Technikerleben Josef Totters hätte man wohl von der Natur als genialem Konstrukteur gesprochen. Den man halt auch zulassen muss im Keller.
Bezugsquelle:
Josef Totter, der Pet Nat namens „Pat Nat“ kostet EUR 24, der Muscaris „Organic“ EUR 18 und der „Laurenz“ – aktuell Jahrgang 2020 – ist um EUR 24 zu haben, alle über Vinifero, https://vinifero.at