Die Sierra Madre Occidental ist die Heimat der Estancia de Landeros, wo der Raicilla entsteht, um den es heute gehen soll. Rai-was? Im Grunde ist es der dritte der Agaven-Brände neben Mezcal und Tequila, den man allmählich aus Mexiko in die Welt schickt. Zur Erinnerung: Der Mezcal ist der Überbegriff, aber auch eine geschützte Bezeichnung für mehr oder minder traditionell erzeugte Brände aus einer Reihe von Bundesstaaten. Der bekannteste ist Oaxaca, von hier stammen gut 75% des Mezcals. Tequila wiederum kann weniger rein sein (steht nicht „Puro Agave“ oder „100% Agave“ drauf, kann 49% billiger Alkohol anderer Provenienz sein). Er muss aber aus einer einzigen Agavenart , der Blauen Weber-Agave, stammen und sein Herstellungsgebiet beschränkt sich mit einer Ausnahme auf Destillerien aus Jalisco.
Der Mezcal wiederum hat eine breitere Möglichkeit an Pflanzen zur Verfügung. Manche der 23 möglichen Agaven sind fasriger, andere geben mehr vergärbaren Saft – aber am Ende entscheidet die Erfahrung der Brenner. Und eine der ältesten Variante, aus Agaven Alkohol zu machen, stellt eben Raicilla dar. Dank der Erfahrung in Mexiko, die Manuel Weißkopf und Sol Sours mit ihrer Bar-Bitter-Erzeugung Dr Sours bereits haben, holten sie nun die Version der Estancia de Landeros nach Europa. Und sie verpassen damit Vorurteilen gegen Agaven einen Tritt, der auch von einem der Maultiere stammen könnten, mit denen Mezcaleros ihre Mühlen betreiben.
Der klare Brand aus Mexiko riecht süßlich, statt dem Agaven-Honig denkt man in diesem Fall aber eher an weiße Schokolade. Ein Würze-Ton, der irgendwo zwischen frischem grünen Chili und der indischen Zutat Asant (auch Asa foetida oder Teufelsdreck genannt) liegt, wird ebenfalls spürbar. Der erste Schluck des 40%-igen Raicilla erweist sich als ungemein weich, die Schärfe bekommt nun eine klarere, „grüne“ Färbung: Kapernbeeren und grüner Pfeffer schwingen mit. Die Würze legt dezent zu, bis sie im Abgang eine deutliche Pfeffrigkeit aufweist. Vielleicht ist dieses Geschmacksprofil, in das sich auch etwas heller Tabak mischt, ein eindeutiges Signal: Raicilla könnte Gin-Freunden schmecken. Denn: Eleganz und Würzigkeit hat der Maximiliansagaven-Brand allemal.
Bezugsquelle:
Estancia Distillery, „Raicilla“ ist um EUR 56 (0,7 Liter) bei Dr. Sours erhältlich, www.drsours.de