Von Ellon in die Welt. Ellon? Der Ort in Aberdeenshire, wie sich die noch nicht unabhängigen Schotten immer noch very british nach Grafschaften verorten, wurde von Brew Dog bekannt gemacht. Die Brau-Punks James Watt und Martin Dickie starteten 2007 zu einem seither nicht abreissenden Höhenflug in Sachen Craft Beer, der mittlerweile selbst Fans den Überblick verunmöglicht. 80 Biere pro Jahr sind keine Seltenheit. Ärgern sie sich über Putins Homosexuellen-Gesetze, knallen sie spontan auch einmal ein eigenes „My name is Vladimir“ – samt aphrodisierendem Inhalt – hinaus. Denn das Manifest der beiden Schotten leben sie auch: „We have the same contempt for the mass beer-market than the old-school punks had for pop culture“.
Pop, im Sinne von populär, wurden ihre Biere dennoch. Sorry, aber ist so. Ihre 53.000 Hektoliter im Jahr 2013 machen circa ein Drittel des Ausstoßes von Hirter Bier aus, um eine heimische Vergleichsgröße zu bemühen. Selbst ohne Taschenrechner wird klar, dass es da teilweise um kleine Auflagen geht (das besagte Putin-Bier etwa wird in Deutschland bereits als Sammlerobjekt gehandelt). Wir konzentrierten uns daher auf ein paar der Standards der Punk-Brauer.
Als Scotch Ale bezeichnet, verweist das Dogma auf die Heimat der Punkbrauer. Zehn verschiedene Malze und eine Hopfen-Mischung, die auch Saazer (aus dem tschechischen Satec) verwendet, werden mit Heidekraut und Honig aromatisiert. Im Duft ergibt das anfangs eine an weißen Rum (alkoholisch liegen wir bei 7,5%) und Limetten erinnernden Duft. Mit etwas Luft kommen auch Lebkuchengewürze und Schokomousse dazu. Der cremige Antrunk verstärkt diesen Eindruck, auch aromatisch verspürt man eine Mischung aus Schokolade und Milchkaffee, die Süße prägt das Bier bis ins Finish, vom Heidekraut merkt der kontinentaleuropäische Trinker nichts, die Honignote, am ehesten an dunkleren Waldhonig gemahnend, ist allerdings merkbar.
Eine Art Visitenkarte der „Brau-Hunde“ stellt das Punk IPA dar: Chimook- und der für exotische Fruchtaromen bekannte Simcoe-Hopfen tun in diesem Bier ihr Werk, bereits der Duft nach Ananas und „Latella Mango“ bietet eine tropische Fruchtmischung. Die Mango kommt auch am Gaumen deutlich durch, röstige Cornflakes, ein wenig Grapefruit-Zeste und auch Dörrmarille erweitern das Spektrum der von seinen Machern als „post modern clasic pale ale“ bezeichneten Brewdog-Kreation.
Im Nachtrunk trocknet die Hopfenbittere den Gaumen fast aus, wie ein Biß in eine Thuje so herb ist das schottische Punk-Bier. Diplom-Biersommeliére Natascha Ritschka kommentierte das trefflich: „Je intensiv-exotischer ein Bier riecht, desto mehr kann man sich auf eine starke Bittere gefasst machen“. Bierkennern ist das nicht neu, den Laien, der Frucht pur, ja Süße, erhofft, gibt die unerwartete Bittere eins auf den Zylinder.
Wer es noch fruchtiger mag, sei auf das 5 A. M. Saint verwiesen, ein Amber Ale, das eine fast explosive Lychee-Note im Duft wie auch am Gaumen aufweist. Eher an Pflaumenwein erinnernd mit seiner Fruchtigkeit, polarisiert es mit der malzigen Süße aber auch einigermaßen. Aber schließlich soll es am Gaumen auch Punk spielen und nicht Mainstream-Weichspüler-Musik, die nicht von der Büroarbeit ablenken darf!
Bezugsquelle:
Das Brewdog „Punk IPA“ ist um EUR 2,39 erhältlich, „Dogma Scotch Ale“ kostet EUR 3,50, das „5 a.m. Saint“ EUR 2,60, alle bei Getränke Ammersin, www.ammersin.at