Beim 77. Hahnenkammrennen wurden reichlich Gin-Tonics gemixt in Kitzbühel. Marco Büchel, ehemals selbst Weltklasse-Skifahrer, schenkte sich da auch einen ein. Denn er ist Fan des Schweizer Gins „The Alpinist“. Stephan Marti hat die Rezeptur kreiert und er ist nicht der einzige, der mit Gin mit dem Schweizer Kreuz die Bars erobern will. Die „Swissness2 steht bei Martis Gin jedenfalls im Vordergrund, zu den Alpenkräutern kommt mit Oberländer „Gletscherwasser vom Jungfraujoch“ eine weitere alpine Zutat.
Die Aufmachung spiegelt diese Klarheit wider, doch wie schmeckt jetzt der neue Schweizer Gin? Als Getränk „für echte Buben“ vermarktet, wird der 42%-ige Brand durchaus auch einem breiteren Publikum gefallen. Zitrusnoten, am ehesten Mandarine, gemahlenen Kardamom und auch etwas Vanille erschnuppert man – gar nicht so alpin, dieser Gin-Duft! Der Würze-Biss und die Kräuternoten melden sich dann aber ab dem ersten Schluck: Arnika, Frauenmantel und Distel sind einige der bekannten Inhaltsstoffe, geschmacklich erinnert die Botanical-Mischung ein wenig an Kampfer und Minze; es eine frische Tönung mit zarten herben Noten, wie man sich auch von manchen Kräutertees kennt.
Der Wacholder hält sich beim The Alpinist vorerst im Hintergrund, ist aber vorhanden und bringt im Finish einen geschmackvollen Partner mit – den grünen Pfeffer. Gemeinsam bilden sie das Rückaroma. Und dieses Geschmacksprofil gibt auch die Wahl des Tonic Waters vor – kein süßer Filler sollte es sein, sondern die mittlerweile von allen großen Abfüllern angebotenen Variante „Herbal“ – da blüht der alpine Kräutergarten dann so richtig auf im Glas.
Gewürzhändlers Choice: Die Ko-Produktion „Gingo“
Während die Bergwelt den ersten Gin inspiriert, hat der zweite Schweizer seine Anleihen am Gewürzbasar gesucht. Besser gesagt, bei einem ehemaligen Sternekoch, dessen grüne Gewürzdosen heute bei vielen seiner Kollegen in der Küche stehen. Seit Ingo Holland das Alte Gewürzamt gegründet hat, tüftelt er an Gewürzmischungen. Und nichts Anderes stellt ja schließlich die Rezeptur eines Gins – schnöde gesagt: Botanicals als Geschmacksgeber in Neutralalkohol – dar. Insofern lag es nahe, dass René Zimmermann (Wirt der Zürcher Restaurants Certo und Neumarkt) und sein Kompagnon Stefan Keller von Schnaps.ch sich an den Deutschen wandte. Ähnliches gibt es in Österreich übrigens mit dem „Gewürzhändler-Gin“ von Manfred van den Berg, den wir ja auch schon präsentierten (und zwar hier).
Der Name Gingo dient als Hommage an Ingo Holland, als Soundtrack kann man aber auch Carlos Santana spielen („Jingo“). Denn auch das Destillat rockt. Verantwortlich dafür zeichnet der Oliver Matter aus dem Berner Seeland, in vierter Generation Brenner. Er hat unter anderem auch für YELLO!-Mastermind Dieter Meier dessen argentinisch inspirierten Gin „Ojo de Agua“ kreiert. Doch zurück zum Gingo: Der riecht nach Himbeeren, und zwar in ihrer reif-süßen Ausführung, aber auch nach Oliven-Lake. Die säurige Note tritt aber immer mehr in den Hintergrund, dann kommt der blättrige Duft durch. Ist das etwa der Kalifornische Berglorbeer? Als einziges Gewürz seines geheimen Mischung („alle meine Lieblinge sind drin“) gibt das Brenn-Trio diese Zutat preis.
Am Gaumen wirkt der Gingo kompakt, erst allmählich kommen die einzelnen Aromen stärker hervor: Die Himbeer-Note wirkt saftiger als im Duft, die Kräuter wirken hingegen deutlich herber. Auch eine zarte Bitternote ist merklich, sie bringt auch den dezenten Wacholder-Geschmack mit. Man mag es sich einbilden, weil Hollands Curry-Mischungen („Purple Curry“) so bekannt sind, aber auch einen Anflug von Gelbwurz alias Kurkuma und Fenchelsamen glauben wir zu bemerken. Beachtlich ist jedenfalls die Länge, die nun wirklich an Lorbeer erinnert.
In diesem Fall sollte im Gin&Tonic diese Komplexität erschlossen werden. Das bedeutet, leichte Süße ist – auch angesichts der 43 Volumsprozente kein Fehler, gute Karbonisierung sollte jedenfalls sein. Denn die Kohlensäure spült auch die würzigen Noten in den Vordergrund. Definitiv eine maskuline Variante, dieser „Power Spyce Gin“, wie er am minimalistischen Gingo-Label auch genannt wird.
Bezugsquellen:
The Alpinist, „Swiss Gin“ ist um EUR 49,90 (0,7 Liter-Flasche) bei Getränke Pfanner im Webshop erhältlich, http://shop.pfanner-destillate.com
Gingo, „Power Spyce Gin“ kostet EUR 39,95 (0,5 Liter-Flasche) bei Ingo Hollands Altem Gewürzamt, https://www.altesgewuerzamt.de