Zwei Marken mit „R“ aus dem gleichen Hause und doch reagiert man so unterschiedlich auf sie. Während bei Roederer Champagner schnell ein „Ja, bitte!“ über die Lippen kommt, herrscht bei Ramos Pinto noble Zurückhaltung. Es ist Portwein. Und daher ein ewig missverstandenes Angebot. Als „gespriteter“ Wein zwischen den Sesseln von Wein und Spirituose zu stehen gekommen, macht es die Vielfalt der Typen und Bezeichnungen nicht einfacher, das portugiesische Traditionshaus populärer zu machen. Die 1880 von Adriano Ramos Pinto gegründete Unternehmung – heute gehört sie wie Roederer der Familie Rouzaud – sah schon bessere Tage. Der Künstler und Visionär wußte, wie man mit Werbeplakaten für Aufsehen sorgt. Halbnackt und lasziv wurden seine Portweine beworben.
Bringt Freude für die Traurigen und gibt den Furchtsamen Mut
Werbespruch der „Belle Epoque“ für Ramos Pinto
Heute steht dafür Rodrigo Lencastre, der als Exportdirektor gerne „traditionelles Wissen und wissenschaftliche Erkenntnisse“ schildert, wenn es um die Gegenwart von Ramos Pinto geht. Vertikale Pressen und Roboter befinden sich im Test – die Sensorik überlässt man aber weiterhin den geschulten Gaumen. „Sie entscheiden, wann etwas abgefüllt wird“. Nach zwei Jahren im großen Eichen-Fass („Holzgeschmack gehört nicht in einen Portwein“) wird entschieden, ob sich ein Jahrgangsport oder ein LBV (=late bottled vintage) ausgeht. Deren Unterschiede zeigte man anhand der Jahrgangsports 2017 und 2007. Während der Gerbstoff-Touch, für den die Bodega berühmt ist und der Langlebigkeit der Weine garantiert, beim jüngeren Wein noch massiv ist, schmeichelt der 2007er Vintage mit einem Duft nach Erdbeer-Confit der Nase.
Säurige Ausflüge bringen dann sowohl Papaya ins Duftspiel ein, als auch eine überraschende Passionsfrucht-Note, die alle paar Sekunden kurz aufblitzt. Das Tannin ist hier schon zurückgebaut; am Gaumen hüllen rote Fruchtkaskaden die Zunge ein. Vor allem der Abgang zeigt dann schon fast Rotwein-Trinkfreude, die sich aus Frucht (rote Beeren, Sauerkirsche), etwas Gerbstoff und immer noch zarter Säure speist. Es ist ein 2007er Portwein, bei dem man sich wundert, warum auch viele Wein-Trinker mit dieser Kategorie „fremdeln“.
Selbst dass man es abseits der traditionellen Spitze (=alte Jahrgangsports) mit einem geradezu lächerlich günstigen Erzeugnis zu tun hat, ändert daran leider wenig. Allein eine Flasche des „Collector Reserva“ sollte man im Haus haben. Jeder Blauschimmel-Käse von Rang, vor allem mildere wie der Fourme d’Ambert oder ein Gorgonzola Dolcelatte, dankt diese Begleitung. Doch auch „solo“ zeigt der nach Weichsel, mehr noch nach Schlehe, duftende Portugiese seine Klasse. Konzentrierte Rotfrucht, in deren Reigen man auch noch Dirndls (Kornelkirsche) einfügen könnte, sind aber nur ein Eindruck der Nase. Die schönen Bittertöne von Filterkaffee ergänzen die Fruchtigkeit am Gaumen. Eindimensional süße ist da schon mal gar nichts! Feine herbe Kräuter-Töne von Lorbeer und Salbei bringen final dann sogar eine fast Zigarren-artige, würzige Trockenheit.
Besonders stolz ist man auf die vier einzelnen Weingüter oder Quintas, die zum Bestand gehören. Bei der Tawny Port-Linie zeigt man sie als „Single Estates“ mit zehn 20 und sogar 30 Jahren Reife her. Vor allem die Quinta de Ervamoira streicht Senhor Lencastre heraus – sie liegt im heißesten Winkel des Douro-Tals und sorgt für besonders konzentrierte Frucht. Der „10 years“ gibt da einen Vorgeschmack, auch wenn noch viel Würze im Spiel ist. Hustenzuckerl und Sojasauce stehen für diesen Ton als Assoziationen parat, dahinter riecht man frischen Lorbeer und geröstete Haselnüsse. „Umami“ darf man diesem Duftbild ohne Weiteres unterstellen.
Im Mund wird es von Beginn weg saftig, die zupackende Art des „Tawny“ aus Evamoira trägt eine klar erkennbare Orangennote, intensiv wie Kumquat-Gelée, mit sich. Dahinter schmecken wir flüssige Schokolade und im Finish dann den herben Nachklang von Edelkakao. An ihn erinnert auch die sanfte Bräunung, die aus dem Glas des 20-jährigen Ports (er kommt von der Quinta do Bom Retiro) schimmert. Hier sind es Haselnuss-Schnitte, Kakaopulver und vor allem die britische „Thick Cut“-Orangenmarmelade, die für herben Duft sorgen.
Auch der Geschmack hat sich hier weitergedreht, das zeigt sich an dem fruchtsüßen Kostschluck, der sofort an Rosinen denken lässt. Der Mix aus Malaga-Eis und Grapefruitzeste schillert in allen Facetten dazwischen ebenfalls. Herb, süß und frisch schmeckt der „20 years“. Vor allem final ist da auch der lebhafte Gerbstoff, der als Signatur Ramos Pintos signalisiert: Hier herrscht keine Eile mit dem Wegtrinken. Diese Weine haben Bestand. Man muss es nur wissen….
Bezugsquelle:
Ramos Pinto, Vintage Port 2007 ist um EUR 69,90 (0,7 Liter-Flasche) erhältlich, der Collector Reserva kostet EUR 16,90, der Tawny Port 10 years (Quinta do Evamoira) ist um EUR 28,90 zu haben, der Tawny Port 20 years (Quinta do Bom Retiro) um EUR 59,90 – alle im Versand bei Weisshaus, www.weisshaus.at