Die Ideen gehen in Corno di Rosazzo nicht aus. Zwar treffe ich Cristian Specogna nur alle heiligen Zeiten, doch hat er immer Neues im Gepäck. So oft er an den Etiketten schraubt und mittlerweile die klassische Linie mit dem altmodischen Fasan um eine Lagen-Serie erweitert hat, geht es doch auch beim Wein um Innovation. Wer einen der gehyten „orange wines“ sucht, der keine flüchtige Säure hat, sondern Tiefgang (und nebenbei auch noch die Bezeichnung erklärt danke tiefer Orange-Färbung), greife zum Specogna-Pinot Grigio.
Gelernt hat der Friulaner aber u. a. in Neuseeland und das auch, weil der Sauvignon Blanc seine Lieblingssorte darstellt. Gerade erst hat er mit dem Jahrgang 2014 – punkto Wetter in Oberitalien fast noch mieser als bei uns ausgefallen! – als bester Sauvignon Italiens deutlich teurere Kollegen verblasen, nur die Franzosen kosteten den Sieg. Wobei der tropenfruchtige Wein ohne einen Hauch gras-grüner Noten auch ohne diese Auszeichnung von Kennern längst gehortet wird (2012 sag ich nur, wer noch einen hat!).
Mit dem „Duality“ setzt er der Sorte aber ein noch gewaltigeres Denkmal, das auf der Kombination zweier Lagen basiert. Die Dualität aus hochreifen, gegen Süden ausgrichteten Trauben und der Frische einer Nordost-Lage gibt nicht nur den Namen, sondern auch einen süffigen Wein voller Fruchextrakt. Stachelbeere, aber auch Erdbeere (!) und zwar deutlich, paart sich mit Ingwer und etwas Grapefruit im Duft. Die tropischen Anklänge bleiben eher im Hintergrund, die hat sich der 2011er Duality für den ersten Schluck aufgespart.
Drei Jahre, je eines im Fass, im Stahltank und in der Flasche, reift der Sauvignon, eher er verkauft wird. Die Guave-, Ananas- und Maracujamischung am Gaumen ist daher von einer Intensität, die an Fruchtsaft – ohne Süße natürlich – denken läßt. Druckvoll, fruchtsatt und mit einem langen Finish scheint der Wein aktuell ein erstes Plateau erreicht zu haben. Die Hand fährt aus zum Schulterklopfen, doch Cristian schenkt etwas ein, das schräger ist als dieser Edel-Tropen-Sauvignon.
Ramato heißt der Versuch, der Sorte Pinot Grigio einen tieferen Ausdruck zu verleihen, als es sein Klassiker – der als Orange Wine ausgebaute Grauburgunder – ohnehin tut. Nach zwöfltägiger Mazeration im Eichenfass, die dem Wein ein kupferne Tönung verpassen, startet die Spontangärung. Gelagert wird das Ergebnis in zweitbefüllten Barriques, die im Solera-System befüllt wurden: Zum Löwenanteil der Ernte 2007 (75% des Inhalts) kommen Anteile von Grigio aus 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012 (jeweils 5%). Damit wird technisch also ein Jahrgangsblend aus sechs Ernten erzeugt – eine ziemlich verrückte Idee für einen Grigio.
Und verrückt plaziert sich auch der Wein selbst mitten hinein zwischen die belegten Schubladen Rot- und Weisswein. Denn der Gerbstoff und die eindrücklichen dunklen Aromen lassen an Rote denken, während die pikante, von schwacher aber vorhandener Säure geprägte Art eindeutig in die Weißweinrichtugn weist. Was mit einer verhaltenen Nase beginnt, aus der sich allmählich Zuckermelone, rote Zwiebel (erstes Indiz für das Frucht-Säure-Spiel!) und Mandarinenschale schälen, wird am Gaumen bombastisch. Wieder ist da die Saftigkeit der Mandarine, aber auch ihre Säure, gepaart mit einer expressiven Frucht, die kurz an rote Apfelschale anstößt, dann aber wieder die Pikanz eines roten Paprikas besitzt. Dazu kommt, dass das ganze kein Strohfeuer darstellt, sondern eine herrliche Länge besitzt. Was für ein verrückter Winzer, dieser junge Specogna!
Bezugsquelle:
Specogna, Sauvignon Blanc 2014 ist um EUR 13,90, der Sauvignon Blanc „Duality“ 2011 sowie der Pinot Grigio „Ramato“ sind um je EUR 39,90 bei Edelgreissler Herwig Ertl erhältlich, www.herwig-ertl.at