Für die roten Weine der Pannobile-Gruppe haben die Winzer drei Rebsorten zur Verfügung: Blaufränkisch, St. Laurent und Zweigelt. Letzterer fällt gerade ein wenig aus – und das wörtlich. Die Traubenwelke setzt der Sorte zu, aber auch die Hitze bekommt dem Zweigelt nicht. „Ich habe gerade sechs Hektar gerodet“, erzählt etwa Gernot Heinrich am Rande der 30 Jahr-Verkostung (Teil 1 hier nachzulesen). Immer schon selten waren die Weißweine der neun Winzer unterm Pannobile-Signet. Allerdings bringen sie exzellente Qualitäten hervor. Und daher sei ihnen ein eigener Beitrag in unserer Nachlese gewidmet.
Bekannt sind vor allem die Burgunder-Cuvées bzw. reinsortige Chardonnays geworden. Helmuth Renner, aber auch Hans Gsellmann, waren dafür immer Garanten – was nicht zuletzt die Jahrgänge 1994 (Renner) und 2001 (Gesellmann) in der Verkostung zeigten. Doch bewusst zeigte man auch jüngere und unerwartete Rebsorten her. Die experimentelle, nicht von ungefähr „Bambule“ benannte Reihe von Judith Becks Weinen ziert etwa auch ein Welschriesling – und wie die Winzerin selbst mögen wir diese Sorte ganz besonders. Anfangs arbeitet sich die Nase noch an den wilden Düften der Hefe ab. Doch die „Sponti“-Töne verfliegen und machen Platz für Quittenkäse, Grünkaffee und eine leichte Kapernbeeren-Salzigkeit. Viel Struktur ist von diesem 2021er zu erwarten, bedeutet dieser weitgehend ohne klassische Apfelfrucht auskommende Geruch.
In der Tat ist es vor allem eine feine Salznote, die von Beginn weg den „Bambule“ am Gaumen begleitet. Der tiefschürfende „Welsch“ ist ebenso frisch wie fordernd – denn Säure und Salzigkeit bringen hier ein Geschmacksbild zustande, dass an eine „Paloma“ ohne Tequila erinnert. Grapefruit ist zu schmecken, aber auch angenehm bittere Limettenschale und das alles mit viel Druck am Gaumen und dieser fast flirrenden Salinität.
Der Kontrast im Flight mit dem Namen „Wer Weiss?“ (für alle Wortspiele übernahm Martin Nittnaus die Verantwortung) hätte nicht größer sein können. Denn auf diesen Auftakt folgte mit Gernot Leitners „Shake Me!“ ein Wein mit fruchtsüßem Duft wie die Gratis-Kompotte beim Chinesen. Tatsächlich stammt dieser 2022 von einer Sorte, die man so gut wie nie mit dem Nordburgenland assoziiert – Riesling. „Der wurde von meinem Vater gesetzt“, zeigt sich Leitner – am kl. Bild links zu sehen – stolz auf die Rarität, die er mit einer langen Maischestandzeit versehen hat. Daher auch der Name: „Den soll man vorm Einschenken in der Flasche aufschütteln“. Mit Luft wird die Sorte unverkennbar, man vermeint sogar die Sorte des Steinobsts benennen zu können. Wer im Garten Marillen von der „Ungarischen Beste“ gepflanzt hat, wird den Duft des „Shake Me!“ wiedererkennen. Dazu kommt aber auch ein heller, fast rotfruchtiger Ton, der an Wiesener Erdbeeren aus dem ersten Steigerl eines Jahres anklingt.
Der Wein selbst kann das deutsche Stilvorbild nicht verleugnen. Aber warum sollte er es auch!? Denn dieser zupackende Mix aus der sortentypischen Säure und dem extrahierten Fruchtschmelz (inkl. Restzuckers) macht große Freude beim Trinken. Steinobst in Reinkultur, vor allem Marillen, wird von Säure und einem leichten salz-mineralischen Ton begleitet. Den bemerkt man gar nicht so, bis man im Finale beginnt einzuspeicheln. Vor allem aber nach dem nächsten Schluck dieses Riesling-Geheimtipps zu verlangen.
Ein weiterer Leitner-Wein bezauberte dann mit seinem Spiel. Der „Ried Salzberg“ Jahrgang 2012 macht der Rotwein-bekannten Lage alle Ehre. Genial am Punkt zeigte sich dieser Weißburgunder aus dem Holzfass. Die Butterkeks-Tönung der Tertiäraromen verriet diesen Ausbau, doch säurige gelbe Früchte wie Karambole, Kumquat und Passionsfrucht signalisierten der Nase auch, wie viel Frische und Säure hier drinnen steckt. Ähnlich der Widerstreit am Gaumen, wo vor allem Vanille vom Holzfass berichtet, hingegen Ananas und Kräuter für die Frische zuständig sind. Nach dieser Flaschenreife-Zeit kann man durchaus einen „Body-positiven“ Kommentar zum 2012er „Ried Salzberg“ herschreiben: „Mollig ist schön“!
Und dann war da noch ein Weißwein, der schon erwartet wurde, seit Hans „John“ Nittnaus ihn vor vier Jahren bei einer Online-Verkostung (Lockdown, Sie erinnern sich?) erwähnt hat. Wie hier nachzulesen ging es um die Joiser Lage Tannenberg und die famosen Rotweine, die dort wachsen. Allerdings wurde auch Furmint als alte pannonische Weißwein-Sorte und in gewisser Hinsicht Klimawandel-Gewinner neu ausgepflanzt. Der ungarische, kleinbeerige Klon des Süßwein-Meisters István Szepsy bildete die Basis – „auf Schiefer wurde die Sorte aber nie angebaut“, wie Martin Nittnaus anmerkte.
Doch diese Kombination aus prononciertem Bodenton und der Sorte ergibt hier einen gewaltigen Neuzugang. Grapefruit-Sorbet, Kapernbeeren, Grüne Trauben und eine fast mentholig kühle Frische bilden ein Duftbild, das man so nicht oft findet. Der 2021er aus Jois hat aber ein Geheimnis. Von selbst kommt man nicht auf die Idee, dass dieser Duft zu einem 14% vol. kräftigen Wein gehören könnte. Denn trotz seines satten Mittelteils stellt dieser Furmint einen frisch und salzig geprägten Schluck dar. Den Granny Smith-Apfel und Weiße Johannisbeere mit ihrem straff gespannten Frucht-Säure-Bogen verbindet er mit dem nussig-dunklen Ton des Bodens am nördlichsten Leithaberg. Kurzum, dieser weiße „Tannenberg“ lässt sich grandios an!
Bezugsquellen:
Judith Beck, Welschriesling „Bambule“ 2021 ist EUR 26,80 bei Weinskandal.at zu finden, https://weinskandal.at
Gernot Leitner, Riesling „Shake Me“ 2022 kostet EUR 15,- ab Hof bzw. im Webshop des Winzers, https://leitner-gols.at
Gernot Leitner, Weißburgunder „Ried Salzberg“ 2012 ist als Teil des „Premium Packages“ (=6 Leitner-Weine) zu EUR 200,- erhältlich, als Einzelflasche im Verkauf ist aktuell Jahrgang 2018, er kostet EUR 21 –ab Hof bzw. im Webshop des Winzers, https://leitner-gols.at
Anita & Hans Nittnaus, Furmint „Ried Tannenberg“ 2021 kostet EUR 42,30 bei Vinospirit im E-Laden, www.vinospirit.at