Es war eine Stammtisch-Idee. Anstatt den „Wein im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (© Martin Nittnaus frei nach W. Benjamin) hinzunehmen, sollten mit Pannobile die heimischen Sorten gefördert werden. Den Namen der Vereinigung der damals noch sieben Golser Weingüter (Achs, Beck, Gsellmann, Heinrich, Leitner, Nittnaus und Renner) steuerte John Nittnaus bei. „Nobel“ und aus „Pannonien“ sollten die Weine sein. Mit Gerhard Pittnauer (1998) und Claus Preisinger (2004) kamen weitere Winzer hinzu. Das 30-Jahr-Jubiläum feiert mitunter bereits die nächste Generation und nicht nur deshalb hat sich stilistisch einiges getan. Im Wiener Tian wurde aber nicht nur eine Leistungsschau mit 27 Weinen eingeschenkt. Das wäre den Pannobilisten zu banal gewesen. Vielmehr sollte reflektiert werden. Über Holzeinsatz 1994 und heute, Bio-Weinbau und den Klimawandel.
Viel Kluges war in den Wortmeldungen dabei, das noch länger nachklingt. Daher werden wir den drei Jahrzehnten Pannobile auch mehrere Beiträge widmen. Wie stets stehen dabei jene Flaschen im Mittelpunkt, die auch noch nachgekauft werden können. Auch wenn das schade ist, weil damit ein herrlicher Wein wie der 1994er (!) Pannobile Weiss von Helmuth Renner nicht im Detail vorgestellt werden kann. Nur so viel: Die Flasche aus dem Gründungsjahr „sang“ so richtig: Spannung und Säure waren noch da, Pomelo und Salz hauchten einer tiefgründigen Burgunder-Cuvée immer noch gewaltig viel Leben ein! Doch keine Angst, von den Weißweinen wird es in Teil 2 noch mehr zu lesen geben, denn sie überraschten durch die Bank im Tasting!
Aber natürlich ging es um die Sorten Blaufränkisch, Zweigelt und St. Laurent (in dieser Reihenfolge). Und auch der zeigte sich in Topform, egal ob es ein „niedergeschriebener“ Jahrgang war oder ein gepriesener. „Von den schwierigen Jahren haben wir einfach noch mehr“, begründete Andreas Gsellmann ganz pragmatisch die Auswahl der Jahrgänge. Und was etwa von Gernot Heinrich (rechts im Bild) aus 2014 ins Glas kam, strafte den damaligen „Gegenwind“, wie es der Winzer nannte, deutlich Lügen. Wie ein Bordeaux aus kühlen Jahrgängen wirkte die Cuvée. Denn den Duft dominierte Garrigue oder die Unterholz-Würze neben alten Burgmauern – Lorbeer und Estragon ergänzten die botanische Würzigkeit. Gefolgt wird das von einem ebenfalls starken, an Fleischsaft und frische Blutwurst erinnernden Duft. Fast animalisch wirkt diese zupackende Art, die aber immer säurig frisch bleibt.
Das Mundgefühl dieses Pannobile 2014 ist jedenfalls pure Seidigkeit! Fadesse kommt aber keine auf. Denn Rudimente der Säure schwingen im Sauerkirsch- und Himbeer-Ton, der anfänglich fast an Pinot Noir anklingt, ebenso mit. Alles ist bei diesem Wein an seinem Platz. „Ten years after“ lugte allenfalls noch ein wenig Tannin hervor aus den ansonsten dichtest verwobenen Eindrücken von Beeren-Frucht (auch Heidelbeere ist zu schmecken), Frische und Würzigkeit. Ein elegantes, fast florales Finale mit Malven-Touch ist ein würdiger Schlussakkord dieses momentan großartig zu trinkenden Heinrich-Weins!
Ähnlich langlebig zeigte sich auch „einer meiner ersten Jahrgänge“, wie Judith Beck (am kl. Bild rechts) den 2005er Pannobile ankündigte. 2001 hatte sie den Betrieb und damit die Mitgliedschaft in der Freundesrunde übernommen. Je 40% Blaufränkisch und Zweigelt wurden mit 20% St. Laurent kombiniert. Der Wein braucht etwas Zeit, bis er sich entfaltet, die anfänglichen Spontanvergärungsnoten weichen schnell einem Beeren-Mix, in dem sich Cranberry hervortut. Der „BF“ steuert Weichsel zum Fruchtbogen bei, während Schwarze Oliven für Würzigkeit sorgen. Im Mund kommen neben dem St. Laurent auch säurige Frische und etwas Schwarzer Pfeffer (Malabar) durch. Kornellkirsche und Schlehe bringen einen herb-säurigen Tiefgang, der dieser Cuvée aktuell richtig gut steht. Das sollte man unterstreichen, denn tatsächlich sind von diesem Jahrgang Becks noch bei mehreren Händlern Flaschen im Umlauf. Sollte man sich sichern!
Wie sich die mittlerweile durchgängig biologisch arbeitende Vereinigung weiterentwickelt hat, zeigen dann die „minimal intervention“-Weine. Etwa Blaufränkisch mit 11,5%, ein Riesling (!) zum Aufschütteln und noch mehr „Orges“. Das aber folgt in Folge 2 und 3 der Golser Geburtstagsserie!
Bezugsquelle:
Gernot Heinrich, Pannobile 2014 ist in Restmengen noch um EUR 26,- bei Michael Herget erhältlich, www.magnumweine.at
Judith Beck, Pannobile 2005 ist noch um EUR 32,45 im Feingeist-Webshop zu finden, www.feingeist.at