30 bis 40 Sake glasweise verkosten kann man bei Wolfgang Kriwanec und Noel Pusch trinken. Elf Jahren wurde im Okra in Wien 2 japanisch gekocht und dazu auch Sake angeboten. Nun verschob Kriwanec gleischam die Gewichte: Das Okra erfand sich als erste Sake-Bar Wiens neu. Und dort, wo ältere Leopoldstädter als Kind noch die Milch direkt von der Pumpe holten, wird nun u. a. ein „Milky Sake“ ausgeschenkt. Die Spielarten des mit Kōji-Pilzen gebrauten Reisgetränks sind vielfältig, das zeigt nicht nur der naturtrübe Sake. Denn auch einen Yuzu-Sake, der einen erfrischenden „Spritz“ ergibt, und Sparkling Sakes hat das Duo, das wir hier schon einmal präsentierten, am Start.
Geduldig führen die beiden Sake Sommeliers während der Öffnungszeiten durch ihr Angebot. „Bei 1.300 lizensierten Sake-Brauereien relativieren sich unsere 40 offenen Flaschen aber wieder“, gibt Pusch eine Ahnung von der Dimension des Themas im Inselreich. Auch geschmacklich haben es die meist in 720 Milliliter-Flaschen (für vier Personen gedacht) gefüllten „Reisweine“ in sich. Genua das wollte man zur Eröffnung auch dem Trinkprotokoll demonstrieren. Und startete überraschend mit Wasser! Es ist jenes Wasser vom Fuß des Mount Gassan, mit dem die Brauerei Tak no Tsuyu (Präfektur Yamagata) ihren „Hakuro Suishu Junmai“ braut – siehe kleines Bild!
Zwei Reis-Sorten machen diese Abfüllung für Geeks noch spannender, auch wenn man ihn genießen kann, ohne die Sorten Dewasansan und Miyama Nishiki zu kennen. Denn die Nase erinnert an Kokoswasser, Lychee und sogar dezent an Ananas – etwa wie stark verdünnter Saft der Tropenfrucht riecht. Am Gaumen fällt das sanfte Mundgefühl auf, das nachgerade cremig wirkt. Hier erkennt der Profi das ultra-weiche Wasser (1,7 Grad dt. Härte) wieder. Dazu bringt der „Hakuro Suishu Junmai“ reichlich Geschmack auf die Zunge. Ananas schmeckt man anfangs, vielleicht auch etwas Nektarine. Ab dem zweiten Drittel gesellt sich Weiße Schokolade hinzu, im Nachklang sind auch die süß-sauren Akzente der Lychee wieder da.
Diesem Einsteiger-Modell aus Yamagata ließ man vier weitere Sakes folgen, von denen unsere zwei Highlights einmal die fruchtige Süße betonten, einmal die würzige Version eines Sake vorstellten. Der „Hanatomoe NatureXNature“ macht mit dem Namen schon seine Besonderheit sichtbar. Er wurde doppelt gebraut in der Präfektur Nara. Das fast schon goldene Gelb im Glas zeigt an, dass hier ein besonderer Tropfen (mit 17% vol.) kommt. Würze und Honig-Duft lassen an eine Speise denken, die es auch im Okra gibt – Melanzani mit Miso-Paste. Der Duft, der auch dezent an frische Steinpilze anklingt, ist aber noch nicht das Hochlicht dieser Abfüllung der Miyoshino Brauerei. Das setzt nämlich der Geschmack!
Feine Süße, erneut der pilzige Umami-Ton (diesmal an Austernpilze erinnernd) und eine dezente Birnen-Note schmeicheln dem Gaumen. Zu diesem an sich schon nahezu 350 Grad des Geschmacksspektrums umfassenden Eindruck tritt noch helle Sojasauce hinzu. In Summe ist diese Geschmacksfülle einer heimischen Spezialität ähnlich. Denn recht gut fasst man den „Hanatomoe NatureXNature“ zusammen, indem man ihn als Beerenauslese ohne Süße beschreibt. Denn da wie dort ist fruchtige Pikanz, zarter Gerbstoff und Nachdruck – beim Sake eben mit Salzigkeit und Umami – vorhanden. Es ist dieser Sake aus Nara, bei dem man eines sofort unterschreibt: Das japanische Getränk ist extrem „food friendly“. Die beiden Sommeliers haben auch den perfekten Teller dazu, der ebenfalls Herzhaftes und Würze mit Süße koppelt: Geschmorter Schweinebauch mit „Five Spices“.
Eine weitere ungewöhnliche Abfüllung stellt der Niida Ginjo dar, der aus der Präfektur Fukushima stammt. Dort hat man nämlich abweichend vom Gros der Erzeuger eigenen Reis (sechs Hektar) im Anbau. Es ist also eine Art „Farmhouse Sake“, der da spontan vergoren wurde. Die Nase zeigt bereits eine ungewöhnliche Kräuter-Note. Majoran und Liebstöckel sind keine typischen Gerüche, doch hier gehen sie der feinen Reis-Süße voran. Diese weist eine Ähnlichkeit mit Kirschblüten und Mandarinenschale auf.
Im Mund fällt bei diesem Ginjo aus der Niida Honke-Brauerei sofort das herrliche Umami auf – ganz satt und mit einem Touch Molke kleidet der 16% vol starke Sake den Gaumen aus. Eine dezente Salzigkeit ist auch da und macht das Spiel mit der Fruchtigkeit interessant. Kirsch-Macaron und auch das Japan-Dessert Mochi stellen sich als Assoziationen ein. Dagegen bringt sich aber Weißer Pfeffer und etwas Sojasauce (vor allem im Nachklang) in Stellung.
Definitiv der komplexeste Sake, den wir ins Glas bekamen!
Bezugsquellen:
Okra Sake Bar, „Hakuro Suishu Junmai“ ist um EUR 34,- (0,72 Liter-Flasche) über Sake Girl zu haben, www.sakegirl.com
Okra Sake Bar, „Hanatomoe NatureXNature“ kostet EUR 49,- (diesmal 0,5 Liter-Flasche) bei Japan Gourmet, https://de.japan-gourmet.com
Okra Sake Bar, „Niida Ginjo“ kostet EUR 35,- (0,72 Liter-Flasche) bei Unchained Selections, www.unchainedselections.at