Der Rekord ist völlig nebensächlich, nach dem Gespräch mit Werner Holzfeind will man es dann aber doch wissen. Denn auf 750 Metern Seehöhe, wo der Kärntner seine Rieden hat, wächst sonst kaum Wein hierzulande. Tatsächlich sind aktuell 900 Meter die „Weingrenze“, dort ernten die Tiroler Kollegen Hanni & Claus Aniballi für ihr Weingut „Terra Austriacus„. Und halten damit den Rekord in punkto Höhenweingarten. Doch zurück nach Kötschach-Mauthen. Landläufig denkt man beim Bergwein ja an karge Weine, doch was Holzfeind hier bei Edelgreissler Herwig Ertl, praktisch seinem Haupthändler, einschenkt, ist so ganz anders als gedacht.
Dabei rechnet der Kärntner, der seit 1992 Wein füllt, nicht in Hektar, sondern in Weinstöcken: „Aus 300 bekomme ich bei meinem Gemischten Satz rund 75 Liter“, so Holzfeind. Das ist wohlgemerkt die Jahresproduktion seines Weissen, der einen Sortenmix besitzt, der einerseits nur als Landwein vermarktet werden darf (da ausländische Sorten, die nicht im Austrokataster stehen, dabei sind). Zum anderen verdankt sich ein Teil der Aromatik sicher dem „field blend“ aus Kerner, Bacchus, Traminer (10 Stöcke, also praktisch nichts), Müller Thurgau und Pinot Grigio, der wichtigsten Sorte, die rund ein Drittel ausmacht.
Der Grigio und die warmen Winde ergeben ein Geschmacksbild, das an den Süden, etwa einen Friulano, denken läßt. Am 25. Oktober des Vorjahres hat Holzfeind diesen einmaligen Wein gelesen und – wohl einmalig in Österreich im Regenjahr 2014 – sein „Santonino“ fiel 2014 mit knapp 13% Alkohol stärker aus als 2013! Die Namensgebung zeigt den kauzigen Humor des Winzers aus der Rotte Mandorf. Denn der Patriarch von Aquileia hatte einst einen Sekretär, Paolo Santonino, der mit ihm 1485-87 auch durch Kärnten zog. Der damals hier noch heimische Wein sei aber „besser geeignet, Salat damit abzumachen“, vertraute Santonino seinem Reisebericht an.
Für Werner Holzfeinds reiferen Weisswein gilt das keineswegs, im Gegenteil: Schon im Duft bringt der unfiltrierte Wein, der mit langem Schalenkontakt ausgebaut wurde, ein ganzes Arsenal mit. Ringlotte, etwas Klarlack (der schnell verfliegt), dazu auch Zigarrentabak und mit Luft Limettenschale zeichnen den 2013er Santonino aus. Am Gaumen wird es noch spektakuläer, auf einen saftigen Beginn folgt gelber Apfel, auch deutliche Zitrusaromen, ehe die herberen Noten, an Quitte erinnernder Gerbstoff-Ton, durchkommen. Dennoch bleibt der Wein in der Balance, er gewinnt im Finish und mit jeder Minute Sauerstoff an Charakter. Die Spannung, die er bis in den Abgang hält, ist wohl die größte Überraschung dieses Kärntner Exoten. Das sollten „Orange Wine“-Freunde einmal kosten, denn der Santonino schmeckt im Gegensatz zu ihren Lieblingen – leider gibt’s halt nur so wenig davon.
Bezugsquelle:
Werner Holzfeind, Gemischter Satz „Santonino“ 2013, ist um EUR 15 (0,5 Liter Flasche!) bei Edelgreissler Herwig Ertl erhältlich, www.herwig-ertl.at