1995 begann die Geschichte des österreichischen Whiskys (auch wenn es natürlich lang vorher Getreidebrände gab) – und wie es dem Reglement der EU entspricht, kamen drei Jahre danach die ersten Abfüllungen auf den Markt. Die Pioniere, die vor 23 Jahren die Brennblasen befeuerten, um die Eichenfässer zu befüllen, waren Johann Haider und Hans Reisetbauer. Letzterer kam aber nicht nur zwei Jahre später mit seinem ersten Whisky „heraus“ als der Waldviertler, er hat auch den Methusalem unter den Austro-Malts zu bieten: 15 Jahre ist der bislang am längsten gelagerte Whisky des Landes alt – und es ist wichtig ihn zu kennen, will man mitreden in der ewigen Debatte, wo die kontinental-europäische Whisky-Szene heute steht.
Denn lange wurden die jungen Brände als zu harsch empfunden gegenüber den schottischen (oder gar den dreifach destillierten irischen) Vorbildern. Whisky braucht aber a) Zeit und b) entschieden sich die meisten österreichischen Brenner auch für heimische Fass-Typen. Da war also kein Bourbon als „Weichspüler“ drinnen in den Manhartsberger und sonstigen Eichen, wie das bei den US-Fässern im gelobten Whisky-Land Schottland der Fall ist. Also dauerte es auch, bis sechs- oder achtjährige Qualitäten auf dem Markt waren, die dann auch die sogenannten Trans-Laktone vorhanden waren im Brand – sie sind für die schönen Vanille- und Kokos-Töne in reifen Whiskys verantwortlich.
Schottland wird immer „österreichischer“
Hier endet der Exkurs auch schon fast, aber er ist wichtig, um die Vergleichbarkeit herzustellen. Genau genommen, geht Schottland vielfach den anderen Weg: Man entdeckte in den letzten 20 Jahren Wein- und andere Fässer (ja, auch österreichische!) und kürzere Lagerzeiten, während die kontinentalen Brenner immer länger reifen ließen – und mittlerweile auch Portwein- oder Süßweinfässer zum „Finishen“ verwendeten. Das immer noch zu hörende Vorurteil, dass die meist aus der Obstbrand-Szene stammenden Austrobrenner und ihre Destillen keinen Getreidebrand von Rang hervorbringen, sollte also endlich als der Quatsch gelten, der es ist. Soeben hat Reisetbauer etwa im renommierten Tasting Forum der deutschen Bartender-Bibel Mixology den besten Whisky aus den drei DACH-Staaten – Deutschland, Österreich, Schweiz – gestellt.
Es handelte sich um den sieben-jährigen Brand aus Axberg, wir allerdings hielten uns an den mehr als doppelt so lang gereiften Whisky, der in einem Trockenbeeren-Auslese-Fass von Heinz Velich reifte. „Das Fass ist das Um und Auf“, bestätigt auch der Brenner selbst bei unserem Besuch. Dank seiner Freundschaft zu den Winzern wie Velich oder Gerhard Kracher, für die er auch ihre Trester-Schnäpse brennt, kann er auf intensiv-aromatische Fässer wie das der 1998er TBA-Gebinde von Velich zurückgreifen. Das zwei Mal mit Süßwein belegte Holz wurde 2001 für den Whisky, dessen Gersten-Grundstoff rund um die Destillerie in Axberg wächst, verwendet. Zwischen Malz- und Nougatnoten mischen sich daher im Duft des „15 years“ die tropischen Aromen einer gegrillten Ananas und Anflüge von Mango.
Die Würze zu Beginn weicht auch am Gaumen einer fruchtigen Melange, das alles wohlgemerkt bei 48% Alkohol. Sie spürt man in der Mischung aus Pfirsich-Schmelz und den zart süßen Getreidenoten eines Allerheiligen-Striezels kaum. Der Whisky baut sich auf, er hat auch vielschichtige Aromen in seinem Portfolio, die an ältere Bourbons erinnert. So gesellen sich im Finish deutliche Kaffee-Noten zu den fruchtigen Akzenten, auch den alkoholischen Eindruck macht der Reisetbauer-Malt erst ganz am Ende.
Da allerdings haben sich auch die Gewürz-Geschmäcker voll entfaltet: Zartes Muskat und schwarzer Pfeffer begleiten das zweite Gesicht des so fruchtig begonnenen Trinkerlebnisses. Rechnet man dann auch noch den Preis dazu, der für manchen Schotten aufgerufen wird, der ebenfalls „15 years“ am Label trägt, darf man durchaus stolz auf diese (leider:) limitierte Füllung aus Oberösterreich sein.
Bezugsquelle:
Reisetbauer, „15 years“ (Limited Edition), ist um EUR 109,90 beim Weisshaus-Versand erhältlich, www.weisshaus-shop.de