Herrlich schäumender Oktober! Der „Tag des österreichischen Sekts“ ermöglicht seit einigen Jahren einen prickelnden Überblick über die heimische Produktion. Heuer musste man ein bisserl was lernen in punkto Nomenklatur; doch wir tranken auch 2014 eifrig. Denn auch wenn gefühlter Eindruck (sieht man kaum wo, die öffentlichen Sekt-Trinker) und Realität auseinander klaffen: Insgesamt 26 Millionen Flaschen Sekt werden hierzulande konsumiert, 45 Prozent davon im Dezember, fast ein Zehntel geht auf das Konto der über zwei Millionen Flaschen am Silvester.
Aber es ging nicht um Statistik, sondern die neuen Werte des Qualitätsschaumweins. Sektpyramide heißt das Zauberwort, das auf allen drei Stufen österreichische Herkunft der Trauben und Grundweine garantiert. Bei der Basisqualität (Stufe 1) muss eine Mindestlagerzeit des Sekts auf der Hefe von 9 Monaten vorliegen. Ab der zweiten Stufe sind ausschließlich Sekte zugelassen, die nach der traditionellen Methode – Flaschengärung, weil Champagnermethode darf man nicht mehr sagen – produziert wurden. Trauben und Grundweine müssen hier aus einem Bundesland stammen, Reifezeit von 18 Monaten ist ebenfalls vorgeschrieben. Für die höchste Stufe der flaschenvergorenen Spitzensekte dürfen die Trauben nur in einer einzigen Weinbaugemeinde gelesen werden, erst drei Jahre nach der Ernte dürfen sie auf den Markt kommen.
Was schmeckte, ungeachtet der Nomenklatur, dem Trinkprotokollisten jetzt an der Pyramiden-Baustelle?
Nun, die Brut Nature-Linie, die praktisch ohne Zucker auskommt und für die etwa Alwin Jurtschitschs Sekte (Méthode Jurtschitsch nennt er seinen Zugang zungenbrecherisch) der Jahrgänge 2007 und 2008 standen, fand in mir keinen Fan. Zu eindimensional säurebetont, mit satten Grapefruit-Noten, war vor allem der 2008er, sein zweiter Jahrgang. Kommt hingegen Zucker ins Spiel wie beim Brut des gleichen Jahrgangs, sieht die Welt schon anders aus: Weiße Schokolade und Vanille machen neugierig auf den reinen Veltliner-Sekt, Rum, ja, tatsächlich weißer Rum, Minze und ein insgesamt an ein alkoholisches „Raffaello“ erinnernder Zug signalisieren: Abseits der Norm. Gut so, denn auch der erste Schluck hält mit dieser Komplexität mit; hier läßt die zart-elegante Perlage den Aromen Raum, wieder schweben Minze und weiße Schoko vorbei, auch ein wenig Zitronenmelisse und reifer Apfel. Ein toller Solist, eigenständig und ein Veltliner-Sekt, der zeigt, dass es nicht immer Chardonnay sein muss.
Mineralik und Fruchtkorb mit Perlen
Wo wir bei den „anderen“ Sorten sind, paßt der Bericht vom Besuch bei Karl Steininger, dem Langenloiser „Sektperten“. Beachtlich – neben dem All Time-Favoriten Traminer-Sekt – war die Riesling Klassik: Nektarine und Papaya im reifen Geruch, dazu eine duftig-florale Note, die an Kirschblüte erinnerte. Die eigentliche Überraschung sparte er sich lange auf und täuschte uns vorerst mit einer an Pfirsich-Eis angelehnten Frucht. Über die kühle Steinfrucht-Aromatik geht es aber auf einmal ins mineralische Reich; rauchiger und rauchiger wird der Winzersekt, bis er in einem herben, aber auch deutlich von Feuerstein mitgeprägten Finish endet.
Tropenfrüchte aus Österreichs 900 Jahre altem Stiftsweingut bietet der „Mathäi“ auf. Gutsleiter Dr. Wolfgang Hamm verlässt sich dabei ausschließlich auf Chardonnay, der bereits im Duft die Exoten-Karte zückt: Mango, etwas Pink Grapefruit und Papaya. Zwei Jahre Flaschenreife sorgen für ein cremiges Mundgefühl, saftig und mit leichter Honignote ist der Stiftssekt. Aromatisch bricht sich wieder die Tropenfrucht-Sammlung die Bahn, trotz dieser Intensität sorgt die Perlage für eine schöne Balance.
Wer es intensiv mag, wurde mit dem Gutssekt von Maximilian Hardegg bestens bedient: Gelbe Früchte, vor allem Quitte und Apfel, dazu auch ein Hauch Mango dominieren die Nase des Brut-Sekts (75% Chardonnay, 25% Pinot Noir) aus dem Weinviertel. Die heiße Lage Steinbügel verfügt über kühle Nächte, so daß sich eine schöne Reife ohne Fäulnisgefahr, aber auch eine frische Säure entwickelt. Am Gaumen äußert sich das in einer vollmundigen Art, die Fruchtnoten haben fast die Intensität – nicht die Süße, wir halten bei sieben Gramm Restzucker – einer Auslese. Glasklar läßt sich Mango und eine kühle, wie geeist wirkende Marille erkennen, dazu kommt eine schöne cremige Note und die an Brioche erinnernde leichte Hefenote. Zwei Jahre verbrachte der 2010er Brut auf dem Hefelager. Der regnerische Jahrgang kommt hier kaum zum Tragen, ein strahlend gelbfruchtiger Vertreter. „Simpsons-Sekt“, würde mein verspielter Kostfreund Schurl sagen.
Dem hätte auch der Gelbe Muskateller-Sekt vom steirischen Schaumwein-Liebhaber Hannes Harkamp gefallen. Weingummi, tropische Früchte, besonders Banane, aber auch reife Ananas läßt der mit 11 Gramm schon süßere Sekt aus dem Glas steigen. Cremig und mit dem sortentypischen zarten Nusserl, aber auch der gelben Fruchtmischung, aus der allenfalls ein saftiger Pfirsich herausragt, schmiegt sich der Muskateller an den Gaumen. Irgendwie macht das Laune, „lustig und üppig“ notieren wir und schweben von dannen.
Denn es wartet noch Willi Bründlmayer, der soeben bei den Londoner Champagne & Sparkling Wine World Championships zum Österreich-Sieger gekürt wurde. Der Langenloiser baut an seinen eigenen Ansprüchen weiter; künftig wird der Bründlmayer Brut als Non Vintage (also ohne Jahrgangsangabe) geführt, um eventuell kühle und warme Jahrgänge auszugleichen. Jahrgangsreserven mit besonders langer Reifezeit auf der Hefe sind ebenfalls in Vorbereitung. Wir kosten derweil vom 2010er Brut aus der Magnum, der salzig und kühl zugleich duftet; Zitroneneis, ein Hauch Marille und ganz hinten auch Algen notieren wir zum Geruch.
Am Gaumen setzt sich unter den Zitrusnoten der Vier-Burgunder-Cuvée (Pinot Noir, Weissburgunder, Grauburgunder und Chardonnay) die Grapefruit durch. Herb, saftig und animierend macht die kühle Art Lust auf den nächsten Schluck. Finden wir. Aber das einzige Urteil, das Bründlmayer punkto Sekt wichtig ist, lautet: „Dass jede neue Fassung unseres Brut meiner Frau Edwige schmeckt, denn für sie (eine gebürtige Französin, Anm. der Red.) habe ich ja auch schon den ersten Brut 1989 gemacht“.
Sekt als Liebeserklärung – da können wir uns alle ein Beispiel nehmen. Gerne auch mit Pyramide dazu.
Sonnhof Jurtschitsch, Grüner Veltliner Brut 2008, gibt es um EUR 19,50 ab Hof, www.jurtschitsch.com
Weingut Steininger, Riesling-Sekt „Klassik“ 2012, um EUR 19 ab Hof, www.weingut-steininger.at
Stift Klosterneuburg, „Mathäi“, kostet im Stift EUR 13,90, www.stift-klosterneuburg.at
Schlossweingut Graf Hardegg, Brut 2010, ist um EUR 19,99 bei Wein & Co. erhältlich, www.weinco.at
Hannes Harkamp, Gelber Muskateller Sekt 2012, wird ab Hof um EUR 12,70 verkauft, www.harkamp.at
Weingut Bründlmayer, Brut 2010, die Magnum (1,5 Liter) des Sekts kostet bei der SPAR Weinwelt EUR 42,90 Euro, www.weinwelt.at