Es ist in Zeiten von „Brexit“ und Grenzziehungen entlang der ohnehin prekären Linie zwischen der Republik Irland und Nordirland immer schön, auf eine Whiskey-Flasche wie den Neuzugang aus Ballynahinch zu blicken. Erstens schreibt sich der nord-irische Whisky im Sprachgebrauch der gälischen Cousins jenseits der „Ulster-Provinzen“ ebenso mit „e“. Zum anderen steht unschuldig „product of Ireland“ neben der Warnung des britischen „surgeon generals“. Denn beim Whiskey gilt die Grenze einfach nicht – auch nordirische Abfüllungen wie dieser 12-jährige „Hinch“ werden als „Irish Whiskey“ etikettiert.
Die verbindende Kraft der Whiskey-Liebe weicht die noch kleine Brennerei im County Down – 200.000 Flaschen feierte man im Februar 2021 – dann doch auf. Allerdings erst beim Flascheninhalt. Der stammt nicht aus eigener Fertigung der erst gestarteten Brennerei, sondern aus zugekauften Beständen. Dem Destillerie-Versprechen der Nordiren, das „richer and bolder“ lautet, tut das keinen Abbruch. Denn das ist er und positioniert gleich einer Ansage gegen das ewige Klischée vom zugänglich-weichen „Irish Whiskey“ sein soll – und auch gegen die beliebten, meist sanften „drams“ vom bekanntesten Nordiren („Bushmills“).
Technisch blieb der Whiskey unbekannter Provenienz der dreifachen Destillation und dem Blend aus Malt- und Grain-Whiskey treu. Doch man kann ja auch anders für einen kräftig-mutigen Geschmack sorgen. Da wäre zum einen das Alter des Hinch: Zwölf Jahre sind durchaus eine Ansage. Und auch das Fass-Finish nach den elf Jahren im Ex-Bourbon-Cask gab hier eine deutliche Prägung mit. Die kupfer-rote Tönungdes 12-jährigen „Hinch“ hat man offenbar ordentlich aus den Rotwein-Fässer „gesaugt“. Denn die letzten 12 Monate vor der Füllung verbrachte er in „Amarone Casks“. Diese 500-Liter-Fässer stammten vom bekanntesten Erzeuger: Die Rotwein-Farbe war aber nicht der einzige Eintrag aus den Gebinden von Masi. Der Duft des mit 46% vol. gefüllten Nordiren setzt die rötlichen Töne nämlich ansatzlos fort.
Kirschen, weder süße, noch säurige, aber mit ganz leichtem Steinton neben der roten Saftigkeit, finden sich neben eine Quäntchen Dörrzwetschke wieder. Die leichte Kokos- und Mandel-Note erinnert an Schnitten-Waffeln mit Cremefüllung. Denn auch etwas geröstete Haselnuss als Verbindung von Malz und Fass-Eiche ist vorhanden. Cremig und fast süß im Antrunk hüllt das besagte Malz dann auch die Zunge ein – man denkt dabei an reife Birne, Toffee und Spekulatius-Kekse. Im Anschluss kommt die Würze ab dem mittleren Gaumen schön durch.
Richtiggehend wärmende Noten von Zimt, aber keine Schärfe steht hier zu Buche. Die roten Früchte feiern im Rückaroma dann auch ein Comeback; Preiselbeere als „Erbe“ des Amarones beschließt den Reigen dieses dreifach destillierten Blends. Er ist zugleich ein kleines Sammlerstück. Nur 3.000 Flaschen weltweit gibt es von Hinchs „Amarone Cask Finish“. Mit 720 davon für den deutsch-sprachigen Markt sollte sich aber ein Flascherl für Interessierte ausgehen.
Bezugsquelle:
Hinch, 12 years „Amarone Cask Finsih” kostet EUR 78,90 (0,7 Liter-Flasche) beim Spezialhändler Whisky.de, https://at.whisky.de/shop/