Es war ein lehrreicher Nachmittag, gewidmet dem Genuss in Sattgelb und Rosa. Rosé-Winzerin Pia Strehn hatte sich als Käseliebhaberin deklariert und der Händler der Laibe wiederum sucht insgeheim schon länger einen „währschaften“ Rosé. Wie er sagt, weil er ja Schweizer ist. Genauer sogar Der Schweizer, Importeur edler Käse und Impressario des „Schani“ vor dem wohlduftenden und -temperierten Laden. Wo nicht immer nur mit der Käseharfe hantiert wird, sondern mitunter auch mit dem Korkenzieher. Und in diesem Fall umso lieber; denn Genussmenschentum verbindet.
Womit wir uns auf das voyeuristische Amt des Trinkprotokollierens verlegten. Was spannend genug war. Denn was heute nach einem Marketing-Masterplan der Deutschkreutzerin aussieht, die mit ihren beiden Brüder das Weingut Strehn führt, war vielmehr eine Suche. Die durchaus von Selbstzweifeln und versuchsweise genommenen Abzweigungen geprägt war. Doch davon später, bei einem ungewöhnlichen Rosé.
Denn zuerst kam im „Schani“ natürlich jener Wein ins Glas, der so etwas wie das Erweckungserlebnis Pia Strehns, der heutigen „Queen of Rosé“ war. Für diesen „Gamechanger“ waren die technischen Daten ausschlaggebend. Für sechs Monate reifte der Rosé (ein 100%-iger Blaufränkisch) im Holzfass. Die Passage im 500 Liter-Fass macht daraus einen Wein, der an jene kräftigeren Rosés erinnert, in die sich die Winzerin in der Provence verschaut hat. Damals war aber keine Rede davon, so etwas auch im Mittelburgenland zu machen. Ja nicht einmal die Idee. Doch Pia redete so viel von diesen französischen Weinen, bis man ihr riet: „Dann mach halt einen“! Der Rest – inklusive cooler Namensgebung und markanter Etiketten – ist Geschichte. Und vor allem schmeckt der „Elefant im Porzellanladen“ immer noch herrlich. Wir knackten eine Flasche aus dem Jahrgang 2023.
Der Zwiebelschalen-Ton zeigt die reifere Machart dieses Rosés schon farblich an. Die Nase schließt die Verbindung zu kaltem Hibiskustee, liegt damit aber falsch. Denn die kräftigeren Duftnoten brauchen Zeit, ehe sie das Bild ganz ausfüllen. Wie ein Carpaccio duftet es dann aus dem Glas, garniert wird nicht mit Senfsauce – beim „Elephant“ ist ein ganze Korb Himbeeren am Werk. Saftig ist der Antritt im Mund; das Spiel liefern sich drei unterschiedliche Stränge. Zum einen ist die Pikanz von edelsüßem Paprika da. Er ordnet sich der Frucht unter, lässt sie aber auch glänzen dadurch. Eine säurige Frische erinnert – auch mit dem dezent spürbaren Bitter-Ton – an Rhabarber. Das Rückgrat zwischen diesen beiden Gliedmaßen steuert erneut ein dunkel gereifte Waldhimbeere bei.
Neben den Weinen, die auch die preisliche Schmerzgrenze für Rosé in andere Sphären gehoben haben, gibt es immer noch Überraschungen. Die hohe Spezialisierung – 95% werden in Rosa vinifiziert! – macht natürlich auch eine klarere Abstufung nötig. Das beste Beispiel dafür ist der „Seerosé“ (ja, mit accent aigu!). Es handelt sich um eine Cuvée, die nicht nur Cabernet, Syrah und Sankt Laurent verbindet. Die einzelnen Chargen werden auch in Holz, Beton und Stahl gereift, Der Jahrgang 2024 punktet anfangs mit der floralen Nase; hier entdeckt man Malve und Himbeere. Unverkennbar ist aber auch ein pfeffriger Ton, den man wohl dem Syrah zuschreiben darf. Mit der fleischig-saftigen Art am Gaumen hat der „Seerosé“ ein bisserl etwas von Roastbeef. Doch erneut ist da auch wieder viel Beeren-Charme. Säurig und frisch meldet sich die Himbeere, aber auch Ribisl spielt eine Rolle im Geschmack des Weines. Bei aller Trinkfreude sorgt aber die würzige Note im Hintergrund dafür, dass diese 2024er jenen gefällt, denen „liebe“ Rosés zu banal sind.
Die Strehn’sche Selbstfindung in Rosarot treibt heute sogar spezielle Blüten. Oder besser: Früchte. „Mandarina“ nennt sich ein Wein, der auf weißen Sorten basiert, die Pia einst als Versuch gepflanzt hat, als noch nicht klar war, dass die Reise ins Rosé-Land führen würde. Lässt man die pilz-widerstandsfähigen Sorten Souvignier gris, Blütenmuskateller und Muscaris länger auf der Maische, nehmen auch die PIWIs mehr Farbe an. 12 Tage laugen die Beeren die Farbe aus und die Namensgebung erklärt sich beim ersten Schnuppern: Der ungewöhnliche Wein riecht nach getrockneter Mandarinen-Schale, süßen Zwiebeln, aber auch Passionsfrucht und einem Alzerl Steinobst.
Saftig setzt sich die Trinkfreude des „Mandarina“ 2023 im Mund fort. Wieder ist da der Steinobst-Ton, geschmacklich am ehesten an Ringlotten und Mispel erinnernd. Die ansonsten recht vordergründigen Sorten bringen als Cuvée auch einen würzigen Ton mit. Rosa „Pfeffer“ alias Schinusbeere ist zu schmecken, aber auch edelsüßer Paprika (vom Souvignier gris). Beides verleiht diesem Wein eine beachtliche Länge.
Und wo wir schon bei ungewöhnlichen Abfüllungen sind, gibt es auch eine Vorpremiere für’s Trinkprotokoll: Noch reift nämlich ein Saignée, ein „zur Ader gelassener“, nicht rosa gepresster, Rosé in Deutschkreutz in der Amphore. Mit einem Duft nach Erdbeergatsch mit Minze und einem Geschmack nach roten Tropenfrüchten (Papaya) und Johannisbeere stellt er ein Versprechen dar. Bitte selbst danach Ausschau halten, wenn dieser – noch namenlose – Strehn-Wein gefüllt ist. Aber eingefallen ist Pia noch immer was!
Bezugsquelle:
Weingut Familie Strehn, „Der Elefant im Porzellanladen“ 2023 kostet EUR 29, der „Seerosé“ 2024 ist um EUR 16 zu haben und der „Mandarina“ 2023 wiederum kostet EUR 25,- zu haben, alle Weine ab Hof bzw. im E-Laden Strehns, www.strehn.at/shop