Fast auf den Tag genau vor einem halben Jahr kam der erste Wein des jungen Projekts Neukamp&Stadler ins Glas. Ein Freund kannte den Wein-Investor, der gemeinsam mit dem Halbturner Winzer Thomas Stadler seine eigene „Selection“ ins Leben gerufen hatte. Wir verabredeten mit Günther Neukamp nach der ersten Begeisterung über seinen Pinot Gris (hier nachzulesen), dass er uns doch über seine Abfüllungen auf dem Laufenden halten solle. Denn auch die anderen Weine stammen von raren Rebsorten, darunter unserem sentimentalen Liebling Cabernet Franc. Neukamp selbst führt die Statistik, der zu Folge gerade 0,2% der heimischen Weingarten-Flur bzw. bescheidene 74 Hektar diese Traube hervorbringen, auf seiner Homepage an.
Diese wird aber noch dadurch verzerrt, dass der „CF“ gerne in Cuvées aufgeht, so wie man das beim großen Vorbild Bordeaux gesehen hat. Einem solchen Wein reinsortig zu begegnen hat Seltenheitswert. Zumal die Reife z. B. im Mittelburgenland vielleicht alle drei bis fünf Jahre wirklich „passt“. Den Stängel-grünen Ton eines unreifen Cabernets braucht dann kaum jemand. Erst unlängst erzählte eine Winzerin, dass sie ihre Bestände gerodet hat – auch wenn sie schon 20 Jahre alt waren. Die Reife-Lotterie allerdings wollte sie sich nicht mehr antun. Doch wir sind mit Stadlers Riede Kaiserberg schließlich im Seewinkel. Und hier hatte man 2019 keine Probleme in Sachen Reife. Weshalb diese Cabernet Franc-Reserve auch einer dieser Weine ist, an dem man minutenlang nur riechen mag (mit bangen Gedanken im Hinterkopf, er möge hoffentlich auch am Gaumen annähernd so toll sein).
Serviert wird dieser Wein comme il faut, würde man in seiner französischen Ur-Heimat sagen. Denn Günther Neukamp hat den Rotwein leicht angekühlt („15 Grad“) und so erinnert die erste Nase frappant an ein Heidelbeer-Sorbet. Das allein ist schon ein gutes Zeichen. Denn der Cassis-Ton, in dem immer wieder Grüne Paprika vorblitzen kann bei heimischen Abfüllungen der Sorte, fehlt hier praktisch. Das spricht für reife Frucht und das kann der Seewinkel beim Roten in jedem Fall. Womit sich nur die zweite Frage stellt: Kann der mit 14% vol. etikettierte Wein auch mit Finesse punkten?
Das klärt das weitere Beschnuppern des Halbturner Erstlings: Zarter Tee-Gerbstoff ist ein interessanter Duft, aber viel wesentlicher wird es bei der zarten Eukalyptus-Note dieses Weins. Man könnte auch an feuchtes Moos denken. Erstaunlich für die 18 Monate im kleinen Holzfass ist die praktisch völlige Absenz eines Eichen-Tons. Doch was der „Ried Kaiserberg“ nicht ist, hätten wir geklärt, nun soll es um seinen ur-eigenen Geschmack gehen. Und der fällt saftig und mit leicht säurig unterspickter, dunkler Beere aus. Wieder ist es eher Heidelbeere als Schwarze Johannisbeere, die hier den Gaumen auskleidet. Was immer an Vanille oder Kokos da war von den Fass-Noten, hat dieser 2019er praktisch „weggeschluckt“! Thomas Stadlers Fass-Management muss man hier loben, denn dadurch erkennt man auch die feine Säure im Finish ganz klar.
Sie zeigt das Potential des jungen Rotweins – und ist damit nicht allein. Auch der Gerbstoff zeigt noch eine frische und leicht kantige Ausprägung ganz hinten. Das stört keineswegs, sondern befördert mit der leichten Adstringenz nur den Trinkfluss. Dass man bei Neukamp&Stadler diesen Wein als „unser elegantes Leichtgewicht“ bezeichnet, versteht man nun auch besser. Eine wirkliche Werbung für diese rare Sorte!
Bezugsquelle:
Neukamp & Stadler, Cabernet Franc Reserve „Ried Kaiserberg” 2019 kostet EUR 24, direkt im Webshop der Winzer, www.neukampundstadler.at