Egal wie man zu dieser Kategorie steht: Alkoholfreies Bier war (zu) lange eine reine Konzerndomäne. Das technische Equipment für die Entalkoholisierung von Gebrautem ist nämlich nicht nur teuer, sondern arbeitet auch sehr langsam. Die Verdampfung von Alkohol im Vakuum kennt man seit 1972, doch natürlich geht bei diesem brachialen Eingriff in die Harmonie von Hopfen und Malz auch Geschmack flöten. Das umgekehrte Problem hatten jene Brauer, die einfach die Gärung stoppten, also keinen Alkohol entstehen ließen.
Diesen Weg ging z. B. das bekannte „Clausthaler“. Doch beim so genannten Gärstopper verbleibt der unvergorene Malzzucker im Bier. Und das als mehr oder weniger deutlich schmeckbarer Restzucker. Doch in den letzten Jahren kam Bewegung in die Brautechnik. Kombinierte Verfahren und vor allem neue Hefestämme ergaben neue Möglichkeiten. Und das vom India Pale Ale (IPA) abgeschaute „Hopfenstopfen“ ist ein weiteres Hilfsmittel, damit man auch ohne Alkohol Bier-ähnlichen Geschmack auf die Flasche bringt. Und damit können nun auch kleinere Brauereien etwas anfangen. Es geht weniger um das Equipment als ums Tüfteln. Etwa bei den Gärtemperaturen. Oder den Aromahopfen.
Somit erlebt auch die steirische Bier-Szene 2024 einen wahren Schub an Bieren ohne Promille (technisch gesprochen heißt das unter 0,5% Alkohol). Die Mürztaler Tom&Harry brauten ihr „RauschFREI“ ein, der Radkersburger Kreativbier-King Vasja Golar hat mit seiner Brauerei Bevog das „Woo“ am Start. Und auch ein bisserl nördlicher im Vulkanland liefert man Bierfreunden eine alkoholfreie Option. „Lava X“ nennt Roman Schmidt die Kreation, die Braumeister Jakob Marn und Horst Lechner umgesetzt haben. Als naturtrübes Bier weist die Neuheit von Lava Bräu schon einmal mehr Körper auf, zudem sorgt eine obergärige Brau-Art für mehr Aroma – von den Machern selbst wird das als „Zitrusfrüchte mit einem Hauch von Honigmelone“ beschrieben.
Der Schlüssel zum „bierigen“ Geschmack sind aber die drei Hopfen-Sorten. Die bleiben geheim, während man den generellen Weg zum „Lava X“ transparent schildert: In Auersbach verwendet man einen Maltose-negativem Hefestamm, also eine Kultur, die den Zucker aus dem Gerstenmalz nicht „verdauen“ kann.
Die Struktur vom Alkohol wird von drei Aromahopfen so ersetzt, dass es am Gaumen pfeift.
„Bräu“ Roman Schmidt
Das blickdicht getrübte „Lava X“ mit seiner dunkelgelben Farbe hat jedenfalls viel Frucht zu bieten. Da freut sich die Nase! Cavaillon-Melone, frischer Apfelsaft und ein wenig Ananas zeugen von der intensiven Hopfung. Die schöne Frische dieses Biers verdankt sich nicht nur einer rezenten Kohlensäure, sondern auch einem fast mineralischen Auftakt am Gaumen. Ein Hauch vom alten „Sauerwasser“ aus Kuranstalten schwingt da mit. Der Apfel zeigt sich wieder ausgeprägt, allerdings ohne Süße.
Das ist das hervorstechendste Merkmal dieses betont spritzigen Biers. Bei aller Fruchtigkeit, die im Nachhall lange verbleibt, ist es ultra-trocken. Und löscht somit den Durst. Darin kommt dieses Lava Bräu dem Vorbild, dem echten Bier, schon sehr nahe. Lediglich, wer Malzkörper sucht, wird etwas vermissen. Aber wo sollte er auch herkommen in diesem Fall?
Wer es dennoch gerne ein bisserl stärker mag, wird aber eine andere Kreation von Marn und Lechner schätzen. „Bräu Secco“ trägt die vom Sekt bekannte Zusatzbezeichnung „Brut“. Es ist aber kein Champagner-Bier alias „Brut de Flandres“, wie Bier-Nerds vielleicht mutmaßen, sondern ein betont trockenes IPA. In diesem Fall stimmen aber die „weinigen“ Assoziationen doch wieder. Denn der Hopfen, den man im Vulkanland einsetzte, ist der neuseeländische Nelson Sauvin, bekannt für seine Sauvignon blanc-Aromatik.
Das Bernstein-farbene „Brut IPA“ bringt viel Schaum mit, Druck darf man also erwarten. Und das beginnt in der Nase, wo ein Anklang an Chardonnay-Schaumweine nicht von der Hand zu weisen ist. Ananas und Zitronenabrieb begleiten diesen Duft, an die neuseeländischen Duftbomben der Weinwelt à la „Cloudy Bay“ erinnert ein Alzerl Passionsfrucht. Sie gerät aber schnell ins Hintertreffen, wenn das bislang nicht dem Gardemaß eines IPA entsprechende Bier mit seinen 5,9% vol auf die Zunge kommt. Tropenfrucht pur, vor allem Mango, erneut etwas Ananas, aber plötzlich auch Orange, drängen sich um die Pole Position.
Das alles aber wird auch schon „hopfig“ unterspickt. Eine stützende, aber nie aufdringliche Bittere geht Hand in Hand mit der überschießenden Frucht. Am Ende bleibt der Wettlauf unentschieden. Denn zum „grande finale“ verbinden sich hopfen-herbe Akkorde und angenehme Exotik-Noten zu einem Eindruck, der vor allem eines ist: trinkanimierend. Man könnte aber auch sagen: Brutal brut, dieser „Bräu Secco“.
Bezugsquelle:
Lava Bräu, „Lava X“ (alkoholfreies Bier) kostet EUR 39,- (12×0,33 Liter), vom „Bräu Secco“, dem Brut IPA, wird der Zwölfer-Pack um EUR 39,- angeboten, beide im Webshop der Brauerei (Mischkartons sind auch möglich!), www.lavabraeu.at/shop