Über den Negroni und seine Varianten haben wir hier ja schon geschrieben. Nun hat Salvatore „The Maestro“ Calabrese ein Rezept herausgegeben, das wir nicht ungetestet lassen wollten. Ergebnis des Selbstversuches – einhellige Begeisterung. Dazu muss man wissen, dass der Italiener nicht irgendein Bartender ist. Er sieht nicht so ähnlich aus wie „Rosarote Panther“- und „Partyschreck“-Star Peter Sellers, er sieht genauso aus – Beweisfoto anbei! Doch die eigentlichen Meriten hat der in London tätige „Maestro“, der seit 40 Jahren an der Bar werkt, mit seinen Drinkkreationen und Cocktailbüchern erworben. Geht es um rare Spirituosen, dann ist er „the man“. So mixte er heuer den Negroni (ah, genau um den geht es ja auch hier!) mit Zutaten aus seiner Entstehungszeit, also den 1920ern.
Das war in Mailand, das Rezept für seinen „Negroni svegliato“ allerdings fiel uns über der Stadt Bari in die Hände. Signore Calabrese hatte es dem Bordmagazin der Alitalia anvertraut und erklärt, das darin zwei seiner Lieblingsgetränke zusammenkommen. Der Negroni, eh klar, und der Morgenkaffee. Deshalb heißt der Drink übersetzt auch „Geweckter Negroni“. Eigentlich ist es ein Aufweck-Drink, denn er verwendet Espresso in einer Form, die momentan in den Bars dieser Welt en vogue ist, daheim aber meist mangels Zeit scheitert. Dabei wird eine Spirituose durch Einlegen von Aromaten mit einem (Bei-)Geschmack versehen.
Bei „klaren“ Spirits wie Wodka oder Gin wirkt das Wunder, Erdberen oder Rosmarin einfach über Nacht in die Flasche und fertig. Doch für den „Svegliato“ wird es
a) eine Rapid Infusion
b) eine mit Vermouth
c) eine ur-italienische
Denn zunächst werfen wir die Moka Bialetti an, die auf der Herdplatte diesmal nicht Wasser, sondern Vermouth für die Kaffee-Bereitung nutzt!!! Das Ergebnis wandert vorerst einmal in den Kühlschrank, kosten sollte man den frischen Kaffee, denn der Geschmack ist ziemlich fein, eine weniger alkoholreiche Variante der Weinbrand-Praline, so in etwa. Dann geht es ans Mixen, Rührglas und Jigger schon einmal herrichten!
Negroni Svegliato
Salvatore Calabrese, London
2 cl Campari
3,5 cl Gin
3,5 cl Kaffee-infundierter Vermouth
1 Kaffeelöffel Simple Syrup
Im Rührglas mit viel Eis werden alle Zutaten gerührt und dann ins vorgekühlte Glas (Tumbler, empfiehlt Calabrese) abgeseiht. Idealer Weise ist auch hier viel Eis oder ein großer Würfel oder Eisball im Spiel. Der Maestro garniert auch noch mit einer Orangenschale – wir nehmen zum Frühstück auch keine Orangen und ließen sie daher weg.
Aufgeweckte Negroni-Notizen: Unser Labor-Protokoll
Der Drink bringt durch den Kaffee eine zusätzliche Dimension mit, erstens wirkt der Drink nicht so alkoholisch, zweitens äußert sich der Kaffee eher als Schokoladen-Note. Experimentieren kann man natürlich endlos, neben der Gin- und Vermouthwahl ist auch der Kaffee eine Variabel. Wir nahmen: „Wildsau“ von der bayrischen Rösterei Wild-Kaffee, den österreichischen Vermouth „Pontica“ und zum Vergleich zwei Gins:
GIN SUL: Der Hamburger mit den portugiesischen Botanicals bringt ein schönes Mundgefühl mit, das dir Schokonoten zu einer fast cremigen Art ergänzt. Er nimmt vot allem die Bitterkeit aus Vermouth und Campari recht drastisch – verglichen mit einem klassischen Negroni – heraus.
STAR OF BOMBAY: Der kräftiger (47,5% Alkohol) Gin macht ebenfalls gute Figur; er wirkt nicht kräftiger, hat aber dank seiner starken Zitrusfruchtnoten (Zitrone, Bergamotte) eine orangige Schlagseite, die man mag oder nicht. Wer Schoko und Orange mag, hat hier seinen Favoriten.
Fazit: In beiden Fällen ein herrlicher Drink auf der technischen Höhe der Zeit, der auch zuhause gelingt – aber definitiv nicht in unsere Sommer-Cocktail-Serie paßt. Das Koffein allerdings wirkt, ähnlich wie bei einem Espresso Martini tatsächlich; auch wir waren nach der Vergleichskost ziemlich „svegliato“, also aufgeweckt.
Bezugsquelle:
Für den Drink einen Gin nach persönlichem Geschmack verwenden, detto den Vermouth des Vertrauens, kein Weg führt für den Drink aber am Campari vorbei, aktuell hat die 1-Liter-Flasche etwa „Interspar“ um EUR 16,49, www.weinwelt.at
Salvatore Calabrese selbst mixt in London im „Salvatore’s at the Playboy Club“, Old Park Lane 14, London, http://playboyclublondon.com/club/salvatores-bar