Das Salento ist recht weit weg. So weit, dass man viel zu wenig weiß über die Gegend um Lecce, ganz unten am italienischen Stiefel-„Absatz“. So wird immer noch ein griechisch inspirierter Dialekt (griko) in manchen Dörfern gesprochen, der auf die antike „magna Graecia“, das von den Römern eroberte Gebiet der griechischen Kolonisten, zurückgeht. Doch Weingüter können sich auch noch ältere Namen verpassen. Mit den „Cantine Menhir“ hätte auch Miraculix, der alte Druide, seine Freude. Und der Obelix erst! Schleppt er doch die namensgebenden Hünen- oder Hinkelsteine, die Altertumsforscher lieber Menhire nennen, durch die Gegend. Wieder was gelernt, nicht nur in Asterix-Land Frankreich und bei Stonehenge gibt es diese megalithischen Zeugnisse. Die Provinz Lecce hat bei Ussano oder Zollino auch Menhire umstehen, einen so nahe an der Bahn-Haltestelle, dass er den Spitznamen „Della Stazione“ trägt. Doch uns interessieren heute die Weine der „Cantine Menhir“, nicht die namensgebenden Steine.
Sie werden in Wien von Sara Rizzi ausgeschenkt, der Apulien-Botschafterin mit ihrem Genussladen „Il Pumo“ in der Lindengasse. Und wenn es die apulische Rebe Negroamaro schon auch als Rosé bzw. Rosato gibt, wie man hier in Italien sagt, wird der im Sommer auch gleich geöffnet. Glaubt man einer Theorie, hat die Traube ihren Namen von der Kombination des lateinischen „niger“ (schwarz) und des griechischen „mavro“ (Überraschung! Auch das heißt „schwarz“) erhalten. Bei der rosa Version des „schwarz-schwarzen“ Negroamaro der „Menhir“-Winzer der Familie Marangelli bewegen wir uns farblich jedenfalls im oberen Bereich. Satte Himbeere statt blasses Barbie-Haarband ist angesagt im Salento! Der „Novementi Rosato“ duftet nach Erdbeeren, Marzipan und Nougat. Wer rotweinige Aromatik erwartet, wird vom Kostschluck mit kühleren und präzisen Noten überrascht. Der 2016er Rosé erinnert an einen knackigen roten Apfel und bringt Kräuterwürze (Oregano vor allem) mit, ehe er zart salzig ausklingt. Das Meer ist ja nirgend fern in Apulien, wie Sara Rizzi meint, und das schmeckt man auch: Trinkanimierend, wenn auch weniger säurereich wie französische Rosés, wie er ist, leeren wir das Rosato-Glas schnell.
Sucht man den knackig-frischen Rosato-Stil, sollte man es mit der Morgenröte halten. Denn nach „Eos“, der griechischen Göttin des aufgehenden Tags, wurde der „Kreos“ benannt. Er ist eine Abfüllung des Jahrgangs 2016 aus dem Weingut „Castello Monaci“. Mandelnoten, auch wieder die Rosé-typischen Beerendüfte, dazu aber eine säurige Komponente (klassisch: das ist Rhabarber!) kommen aus dem Glas. Im Mund wirkt der zweite Rosé säuriger, aber auch mineralisch. Zitrusaromen wie Zitronenzeste sind präsenter als die Himbeere, das ergibt insgesamt einen herb-frischen Biss, man könnte an zuckerfreies „Bitter Lemon“ denken. Dazu Sardellen? Oder doch Scampi?
„Aiace“ & „Fine“. Doch wo hat man den Alkohol versteckt?
Die Schlossherren des „Castello Monaci“ können es aber auch kräftig; bis zum Flaggschiff „Artas“ (mit 16,5 Volumsprozent) reicht die Palette. Wir greifen lieber zum Kostglas mit dem Salice Salentino des Hauses. Als Cuvée aus Negroamaro und Malvasia Nera angelegt, bringt dieser in seinem Namen eine zarte Warnung mit – wenn man die Mythologie kennt. In diesem Fall einmal mehr die griechische. Denn „Aiace“ heißt der Wein nach dem Homerischen Helden Ajax, der ein gachzorniges Kerlchen, aber auch ein überragender Kämpfer gewesen sein soll. Ergo überraschen auch die 15 % Alkohol nicht, die beim Salice Salentino „Aiace“ 2014 zu Buche stehen. Der Rotwein aus dem „Castello Monaci“ vereint den Duft von reifen Walderdbeeren, Sauerkirschen und schwarzen Oliven, Auch am Gaumen mischen sich diese Eindrücke – herb, fruchtig und zart säurig – dabei zeigt sich die Jugend des noch von zupackendem Gerbstoff geprägten „Aiax-Weins“ mit der Weichselnote. Unser Tipp zum Umgang mit dem apulischen „Aiace“: Ein paar Jahre wegsperren, den Helden.
Wenn es stimmt, dass das Auge mittrinkt, dann will man den zweiten Wein aus den „Cantine Menhir“ einfach öffnen: Nicht zu übersehen ist der Kussmund, der einem aus dem Regal des „Il Pumo“-Feinkost-Ladens anlächelt. Laut Etikett heißt dieser Rote „Fine“ und stammt aus dem Jahrgangs 2012. Wieder ist es der gute, alte Negroamaro, der dem „Bussi-Wein“ seine Aromen gibt. Der Duft wirkt ungewöhnlich, erst nach einigem Schwenken blinkt im Duft-Hirn das Kontroll-Lämpchen aus. Ja, der „Fine 2012“ erinnert an das indische Gewürz Asafoetida (auch als Asant oder Hing bekannt), das sich über die fruchtigen Noten – Brombeere vor allem – geröstete Mandeln, aber auch etwas Zucchini, legt. Dunkelbeerig, mit einer satten Heidelbeer-Note, beginnt der Negroamaro, ehe sich allmählich die schon in der Nase so präsente Würzigkeit bemerkbar macht. Lakritze und Bockshörndl, könnte man diese Mischung nennen. Und keine Angst, die laut Etikett angegebenen 15,5% Alkohol (wir sind halt wirklich im Süden im Salento!) merkt man kaum.
Gerade beim Abgang, wo meist ein brandiger Ton bei so kräftigen Gewächsen auftaucht, hat der „Fine“ seinen elegantesten Moment: Das Tannin verhaucht förmlich. Womit auch klar war, dass der Kussmund-Wein namens „Fine“ keine Flasche zum Schluss-Machen darstellt. Sein langes „Fade out“ gibt ihm offenbar den Namen. Wobei man auch gleich mit einer weiteren Flasche weitermachen könnte…
Bezugsquelle:
Cantine Menhir, Rosato „Novementi“ 2016 ist um EUR 9,20 Euro erhältlich, der Negroamaro „Fine“ 2012 um 19,90 Euro.
Castello Monaci, Rosato „Kreos“ 2016 kostet EUR 7,50 Euro; für den „Aiace“ verlangt man 14,50 Euro.
Alle Weine sind bei „Il Pumo – Feinkost“ erhältlich, www.facebook.com/ilpumofeinkost/