Wie sagte letztens Bryan Dawes, weltweiter Ausbildungschef der härtesten Weinschulung (nämlich zum Master Sommelier)? „Als ich 1985 die Ausbildung machte, gab es einige heute wichtige Weinbauländer noch gar nicht in unserer Wahrnehmung“. Nun, die blinden Flecken der Weinwelt existieren nach wie vor. Was nicht im Supermarkt an der Ecke steht, existiert eben nicht. Esse est percipi, das alte Lied von „Sein heißt wahrgenommen werden“, erklingt auch in den Gängen der Vinotheken. Umso erfreuter war ich angesichts der Gelegenheit, die serbischen Weine von Miodrag Mija Radovanović zu kosten.
Spricht man vom modernen serbischen Weinbau, fällt sein Name in einer Aufzählung der Topwinzer so sicher wie das Amen im Gebet. Internationale Sorten dominieren bei ihm, neben dem Rheinriesling stehen auch Chardonnay, Cabernet Sauvignon und Pinot Grigio in den Rieden. Lediglich für den einheimischen Prokupac macht der studierte Önologe eine Ausnahme, die uralte Traube Serbiens wird ebenfalls am 30 Hektar großen Weingut in der Region kultiviert. Wir hielten uns aber mehr an jene Sorten, die gut vergleichbar sind mit dem, was international in die Gläser kommt. Im Duft bringt der serbische Chardonnay eine ganze Ladung Kokosette mit. Da sind die Fassaromen aber auch sonst ausgeprägt: Bienenwachs und ein dem Holz geschuldeter Nougat-Ton kommen ebenfalls aus dem Glas. Daß der „weisse“ Radovanovic entsprechend vollmundig beginnt, überrascht da nicht, zumal auch 14% am Etikett stehen. Doch der Alkohol ist gut versteckt, dafür prunkt er mit einem Geschmack, der wieder Kokos und eine leichte Holznote („oaky“, würden die Amis sagen) mitbringt.
Doch im zweiten Hinschauen ist der Chardonnay nicht so international gemacht, wie es den Anschein hat. Da meldet sich dann auch ein Rest an Säure, wenn er an Temperatur gewinnt und ein Hauch Gerbstoff im Finale sorgt für einen gewissen Trinkfluss bei dem ganz und gar nicht leichten Chardonnay.
Doch der Ruf des Weinguts in Krnjevo, südöstlich von Belgrad, ruht ohnehin auf den Rotweinen. Und da dürfen es auch gerne 14% sein. Die bringt die Réserve Special von „Mijas“ Cabernet Sauvignon mit, den er 2012 anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Weingut in einer Kleinauflage von 3.000 Flaschen gefüllt hat. Das erklärt den nicht nur für serbische Verhältnisse hohen Preis, bis heute ist der Winzer stolz auf diesen außergewöhnlichen Wein.
Nur ganz zu Beginn schimmert die Cabernet-typische Cassis/Paprika-Note durch, da duftet es dann nach roter Paprika und etwas Kreuzkümmel. Dann übernimmt die Frucht das Regiment, roter Apfel, Zwetschke – vor allem, je mehr Luft der Wein im Glas bekommt – und Kornelkirsche notieren wir. Ebenfalls bereits im Duft merkt man den Holzeinsatz, der gut gelungen ist: Nougat-Noten sorgen für einen runden Eindruck. Die Frucht bleibt im Kirschbereich, reife Weichsel mit immer noch etwas Säure, könnte man sagen. Der feine Gerbstoff und eben diese Säure sorgen für eine im Hintergrund vorhandene Spannung, die sich im Abgang in einer Ladung grüner Pfeffer noch um würzige Akzente ergänzt. Eigentlich alles da, was man von einem Rotwein erwartet – und das dürfte beim „25er“ Cabernet von Mija Radovanovic auch die nächsten Jahre so bleiben.
Bezugsquelle:
Podrum Radovanović, Chardonnay „Selekcija“ 2014 kostet ab Hof umgerechnet EUR 8,91, der „Jubiläumswein“ Cabernet Sauvignon 48 EUR, www.podrumradovanovic.rs